Hund, Katze, Maus: Augen auf beim Haustierkauf
30.4.2021, 10:54 UhrHaustiere sind Seelentröster, Spielkameraden und helfen gegen Einsamkeit: Deshalb sind vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie Katzen, Hunde und Kleintiere so gefragt wie nie. 2020 lebten fast 35 Millionen Haustiere in deutschen Haushalten – eine Million mehr als noch im Vorjahr. Gleichzeitig platzen Tierheime aus allen Nähten: Viele Halter geben Corona-Hunde, Kurzarbeits-Kaninchen und Co. wieder ab, weil sie ihnen am Ende doch nicht gerecht werden konnten.
"Wenn man sich ein Tier anschafft, muss man sich seiner Verantwortung bewusst sein, denn man trägt sie ein Tierleben lang", sagt Martina Höng, Leiterin des Hersbrucker Tierheims. Höng rät daher vor der Anschaffung zur Selbstreflexion: Kann ich einem Tier wirklich dauerhaft gerecht werden? Um Fehlentscheidungen zu vermeiden, gilt es daher, zunächst die eigenen Erwartungen an einen tierischen Mitbewohner zu klären und gemeinsam zu entscheiden: Soll ein Spielgefährte für die Kinder, ein Kuschelpartner für Sofa-Abende, ein Freund zum Toben an der frischen Luft oder ein Tier zum Beobachten einziehen? Erst anschließend sollte man sich damit befassen, welche Tierart den eigenen Vorstellungen am besten entspricht.
Rassespezifische Eigenschaften beachten
Hier rät die Tierheimleiterin sich über die natürliche Lebensweise zu informieren: "Chinchillas sind zum Beispiel nachtaktive Tiere", gibt sie ein Beispiel. Ein Wohnzimmer, in dem tagsüber viel getobt wird, sei dann natürlich kein geeigneter Platz für die südamerikanischen Nagetiere. Sie sehen zwar süß und flauschig aus, zum Kuscheln eignen sie sich aber nicht. Außerdem stellen sie während ihres rund 20 Jahre dauernden Lebens hohe Ansprüche an ihr Futter und brauchen einen großen Käfig.
Bei allen Tieren, speziell aber bei Hunden und Katzen, muss man sich außerdem mit den rassespezifischen Eigenschaften auseinandersetzen. "Bengalen sind generell sehr bewegungsdurstig. Maine Coon und manche andere Rassen sind hingegen gemütlicher", erklärt Marion Ludwig, Züchterin von Maine-Coon-Katzen aus Nürnberg.
Laut einer Statistik des Portals Statista belegten Katzen im Jahr 2020 mit 15,7 Millionen Tieren Platz eins der beliebtesten Haustiere in Deutschland, gefolgt von 10,7 Millionen Hunden. Nager und Kleintiere kommen auf fünf und Ziervögel auf 3,5 Millionen Tiere, die in deutschen Haushalten wohnen. Auch ungewöhnliche Heimtiere wie Bartagame, die im Wasser lebenden Axolotl oder Vogelspinnen können eine Bereicherung sein – vorausgesetzt, man beschäftigt sich vor der Anschaffung intensiv mit ihrer Haltung.
Konkrete Haltungszahlen gibt es in diesem Bereich nicht. Eine Umfrage des Portals Landschildkröten.de kommt aber zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass fast eine Million Schildkröten 2019 in deutschen Haushalten lebten. Wegen falscher Haltung und mangelnder Pflege würden allerdings rund 70 Prozent der Tiere frühzeitig sterben, schreibt das Portal auf seiner Internetseite.
Wohin mit dem Tier im Urlaub?
Um ein Lebewesen muss man sich also intensiv kümmern. Das kostet nicht nur Geld, sondern auch, je nach den Ansprüchen der Tierart und deren Lebenserwartung, unterschiedlich viel Aufmerksamkeit. Dabei geht es keinesfalls nur um die Frage, ob man die Zeit hat, sich nach einem langen Arbeitstag noch mit dem Haustier zu beschäftigen, sondern auch darum, ob man wirklich bereit ist, diese Zeit auch dauerhaft zu investieren.
Wer das Tier im Urlaub betreut oder wie alles klappen kann, wenn sich die Arbeitsstunden nach Corona wieder erhöhen, das sollte ebenfalls bereits vor dem Kauf geklärt werden, rät Martina Höng. "Obwohl es für viele weit weg klingt, fragen wir auch, was im Falle einer Scheidung mit dem Tier passiert", sagt die Tierheimleiterin.
Eine Tier-Krankenversicherung ist sinnvoll
Je nachdem, ob man die Rassekatze vom Züchter, den gefräßigen Straßenhund oder einen Hamster vom Zoogeschäft kaufen möchte, muss man mit unterschiedlichen Kosten rechnen. Nach der Anschaffung des Tiers und der Grundausstattung fallen monatlich laufende Kosten für Futter, Einstreu, medizinische Versorgung, Versicherung oder Steuern an. Im Laufe ihres Lebens kosten Hunde zum Beispiel zwischen 16.000 und 35.000 Euro – medizinische Notfälle nicht eingerechnet. Für Vögel, Meerschweinchen und Kaninchen sind die Ausgaben mit 1000 bis 8000 Euro nicht ganz so hoch, allerdings sollte man sie immer mindestens im Doppelpack halten.
Da Unverhofftes bekanntlich oft kommt, lohnt es sich, Geld für medizinische Notfälle oder teure Medikamente beiseite zu legen. Auch eine Tier-Krankenversicherung ist eventuell sinnvoll.
Marion Ludwig spricht zudem die Platzfrage an: "Man kann nicht fünf Katzen in einer kleinen Wohnung halten", sagt die Züchterin. Die Tiere brauchen in Wohnung oder Garten genügend Bewegungsfreiheit. Auch für Kratzbäume, Gehege oder Vogelkäfige muss man ausreichend Raum in der Wohnung einplanen und sich vorab über den geeigneten Standort Gedanken machen.
Nicht vergessen werden sollte außerdem der Blick in den Mietvertrag, denn manchmal gibt es Einschränkungen bei der Tierhaltung. Und ob bereits Allergien gegen Haare oder Einstreu bestehen, kann man ebenfalls vorher abklären.
Auf einen seriösen Verkäufer achten
Die Hauptfragen sind nun beantwortet, die Tierart steht fest und alle freuen sich schon auf den neuen Mitbewohner, doch: "Wo kauft man ein Tier?" Nager, Vögel, Fische und andere Kleintiere werden in Tierhandlungen angeboten, sind aber auch von privaten Haltern über Inserate, bei Züchtern und in vielen Tierheimen erhältlich. Der Markt ist groß und vielfältig, es gibt aber auch schwarze Schafe.
Vor allem die Zahl der illegalen Händler und der sogenannten Vermehrer ist gestiegen. 2021 sind laut Tierheimleiterin Höng allein im Zeitraum bis April fast genauso viele illegale Welpen aufgetaucht wie zuletzt innerhalb eines gesamten Jahres. Oft sind diese Tiere beim Verkauf noch viel zu jung, haben bereits Krankheiten und sind obendrein an keine äußeren Einflüsse gewöhnt. Auch aus angeblich reinrassigen Zuchttieren versuchen Vermehrer Profit zu schlagen. Der Preis für Hunde, Katzen und exotische Tiere sei seit Beginn der Corona-Pandemie auf dem Tier-Schwarzmarkt gestiegen, bestätigen Höng und Ludwig.
Umso schwieriger ist es, seriöse Verkäufer zu erkennen. Diese zeichnen sich etwa dadurch aus, dass man das Tier in seinem bisherigen zuhause besuchen und kennenlernen kann. Dabei geht es auch darum, sich ein Bild davon zu machen, wie die Lebensbedingungen dort sind und wie zum Beispiel das Muttertier behandelt wird. Außerdem sollten Züchter und Tierheim, aber auch ein guter Zoofachhandel nach dem Kauf weiterhin für Fragen zur Verfügung stehen.
Grundsätzlich gilt es, das Mindestalter für die Abgabe von Tieren zu beachten. Hundewelpen sollten frühestens ab der achten und Katzenbabys ab der zwölften Lebenswoche adoptiert werden.
Dann sollten sie auch schon gechipt sein und ihre Grundimpfungen erhalten haben. Zusätzlich benötigen sie ein Impfbuch. Haltern von Rassekatzen empfiehlt Marion Ludwig: "Sie sollten einen Stammbaum bekommen als Nachweis, dass es auch wirklich eine Rassekatze ist." So lasse sich die Gefahr verringern, dass Käufer einem Betrüger auf den Leim gehen.
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