Pannen und Unfälle: Tiergarten Nürnberg unter Druck
27.11.2014, 07:41 UhrDass der Tiergarten nicht nur Fans hat, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Tierrechtsorganisationen greifen die Einrichtung am Schmausenbuck immer wieder an. Nun hat die Organisation Peta ein stadtinternes Dokument in die Hände bekommen. Wie die Nürnberger Nachrichten berichten, sind darin jede Menge Pannen und Unfälle aufgelistet.
Daraus geht etwa hervor, dass bei einem Ozon-Unfall 2012 ein Mitarbeiter schwer verletzt wurde. Überdies erkrankten Delphine und Seelöwen, weil das Wasser in der Lagune mit Keimen belastet war. Aufgelistet sind darin außerdem zahlreiche Arbeitsunfälle mit Tieren. So wurde ein Pfleger, der einen Schieber falsch bedient hatte, von vier Gorillas angegriffen. Die Folge waren schwerste Verletzungen. Beinahe hätte es auch einen Unfall mit einem Tiger gegeben, der unerwartet aus der Narkose aufgewacht ist.
Wie hat die Tierrechtsorganisation das Dokument in die Hände bekommen? Gibt es ein Leck in der Stadtverwaltung?
Die Vorgeschichte: Ende Oktober hatte Tiergartendirektor Dag Encke einen Fragenkatalog erhalten. Formuliert hat ihn Edmund Haferbeck von der Organisation Peta, die den Tiergarten schon häufiger angegriffen hat. „Beim Lesen der ersten Frage kam ich ins Stocken“, sagt Encke. Der Text kam ihm bekannt vor. „Ich dachte, dass habe ich doch alles selbst schon einmal zusammengefasst“, sagt Encke - für ein verwaltungsinternes Schreiben.
Dieses hatte er im Jahr 2012 für seinen damaligen Vorgesetzten Horst Förther verfasst. Neben Problemen, die beim Bau der Delfinlagune aufgetreten sind und Berichten über Erfrierungen, die das Einschläfern zweier Paviane erfordert haben, enthält es unter anderem auch Informationen zu Personalfragen. Weil diese als Betriebsgeheimnis einzustufen seien, dürfe der Tiergarten das Dokument nun auch nicht veröffentlichen, so Encke.
Kritiker könnten in dieser Begründung ein Indiz für eine mögliche Verschleierungstaktik des Tiergartens sehen.
Quelle unklar
Wie das Dokument an Peta gelangen konnte, dafür hat Encke keine Erklärung. Haferbeck gibt jedoch an, es von der Generalstaatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt bekommen zu haben. Von einem Leck im Rathaus muss also nicht unbedingt ausgegangen werden.
In dem von Peta auf Basis des internen Dokuments verfassten Fragenkatalog geht es unter anderem um den Austritt von Salzwasser aus der Delfinlagune. Dies hatte zu Schäden in einem rund 1000 Quadratmeter großen Waldstück geführt. Auch wollen die Tierschützer wissen, ob durch Probleme bei der Wassertechnik erhöhte Keimbelastungen zu Erkrankungen bei den Delfinen geführt haben.
Probleme bei Delfinlagune
Die Tiergartenleitung gibt Probleme bei der Delfinlagune freimütig zu. Dies hat sie im Übrigen bereits getan, als der Schaden im Wald gerade passiert war, worüber damals auch berichtet wurde. Auch die zeitweise erhöhte Keimbelastung räumt der Tiergartendirektor ein.
„Die Tiere wurden entsprechend engmaschig überwacht und bei Feststellung von Infektionen tiermedizinisch behandelt, vornehmlich mit Antibiotika, um die Infektionen zu stoppen, so dass die Delfine nicht zu Schaden gekommen sind“, lautet die offizielle Antwort des Tiergartens auf die Peta-Frage.
Auch die Tatsache, dass man vor drei Jahren zwei Paviane einschläfern musste, die Erfrierungen erlitten hatten, räumt der Tiergarten ein. Encke betont zudem, dass über Todesfälle bei individualisierbaren Tieren jederzeit über einen Aushang und in der Vereinszeitschrift „Manati“ berichtet werde - von einer Verschleierung könne deshalb keine Rede sein.
Kampagne gegen Tiergarten?
In den kritischen Fragen der Tierrechtsorganisation sieht Encke daher eine Kampagne, die allein dazu dienen soll, das Image des Tiergartens zu zerstören. „Die Schärfe der Kampagnen steht in keinem Verhältnis zur Qualität unserer Einrichtung“, so Encke. Und weil der Ton der Tierrechtsaktivisten immer schriller wurde, sah man sich am Schmausenbuck nun gezwungen, die Fragen und Antworten zu veröffentlichen, bevor Peta dies tut. Sonst bestünde die Gefahr, dass Sachverhalte in einen sachlich und fachlich falschen Kontext gestellt werden würden, um dem Tiergarten zu schaden. „Es ist frustrierend, dass mich diese Vorhaltungen mittlerweile 50 Prozent meiner Arbeitszeit kosten“, kritisierte Encke die Kampagnen.
Auch in einem Bericht, der am Freitag im Kulturausschuss der Stadt behandelt wird, ist von der zunehmenden Schärfe der Kampagnen gegen den Tiergarten die Rede. „Für den Tiergarten stellt das ein sehr konkretes Problem dar“, heißt es in dem Schreiben. Zwar erhalte man seitens der Nürnberger Bevölkerung und der Besucher viel Lob und könne auch einen Anstieg beim Verkauf an Jahreskarten verzeichnen.
Die Kritiker, die zwar bei Kundgebungen gegen den Tiergarten zahlenmäßig nur schwach vertreten sind, organisieren sich jedoch gut über das Internet. „Nicht wer Kluges sagt, wird wahrgenommen, sondern wer Gesagtes so klug platziert, dass es sich so stark multipliziert, dass es gesellschaftlich relevant wird“, heißt es in dem Bericht.
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