Fahrbericht Opel Grandland X: Grand ohne Vier
9.8.2019, 13:44 UhrWie er aussieht: Mit 4,48 Metern Länge ist der Grandland X das größte unter den Opel-SUVs. Gegenüber Crossland X und Mokka X übernimmt er die Führungsrolle, als Konkurrenten hat er VW Tiguan, Kia Sportage oder Mazda CX-5 im Visier. Und natürlich den Peugeot 3008, dessen Gene er trägt. Die deutsch-französische Verwandtschaft wird indes gut kaschiert: Der Grandland sieht definitiv nach Opel aus – auf dem üppigen Kühlergrill nehmen die markentypischen "Flügel" den Opel-Blitz in die Mitte, die schwungvolle Chromleiste entlang des kontrastierend eingefärbten Dachs kennt man spätestens seit dem kleinen Adam, und die breite, zweifarbige C-Säule rundet die Silhouette wirkungsvoll ab.
Wie er eingerichtet ist: Auch die Innenarchitektur trägt die Handschrift der Opel-Designer und zeugt vom Bemühen um Eigenständigkeit. Der allgemein grassierenden Digitalitis gibt sich der Grandland X nicht hin, er setzt auf analoge, gut ablesbare Instrumente in Kombination mit einem Acht-Zoll-Monitor fürs Infotainment. Unterhalb des Bildschirms findet sich erfreulicherweise eine Leiste mit Direkttasten, die den Schnellzugriff auf die wichtigsten Features gestatten, noch weiter unten positionierte Taster und Knöpfe dienen der Regelung von Klimatisierung und Belüftung. Mancher mag das "old school" (vulgo altmodisch) finden, wir hielten diese Lösung für ausgesprochen praktisch und geben ihr den Vorzug vor dem sehr eigenwilligen "i-Cockpit" von Peugeot. Beim Posten "Head-up-Display" muss der Grandland X leider passen.
Haptik, Verarbeitung und Materialauswahl gehen in Ordnung, an den VW Tiguan reicht die Qualität aber nicht heran. Wir raten zur Anschaffung der rückenfreundlichen AGR-Sitze, 390 Euro für den Fahrersitz und 685 Euro für beide Vordersitze sind nicht die Welt, verbessern aber den Langstreckenkomfort deutlich.
Wie viel Platz er hat: Ordentlich. Auch im Fond reisen die Passagiere kommod, nur auf dem ungemütlichen Mittelplatz sehnt man das Ende der Fahrt herbei. Der Kofferraum (doppelter Ladeboden, in den höheren Ausstattungsvarianten mit sensorgesteuerter Heckklappe) erreicht mit 514 bis 1652 Litern vernünftige Maße. Das Gepäck muss über eine verhältnismäßig hohe Ladekante gewuppt werden - bei den meisten SUV-Konkurrenten ist das aber auch nicht anders. Das Umklappen der asymmetrisch geteilten Rücksitzlehne generiert eine Ladefläche, die fast (aber nur fast) eben ausfällt.
Was ihn antreibt: Ein Euro-6d-Temp-konformer Zweiliter-Diesel mit 130 kW (177 PS) und stattlichen 400 Nm Drehmoment, der Abgasreinigung mit SCR-Kat sowie AdBlue betreibt. Dem Grandland X steht dieser Selbstzünder bestens. Nur im Stand gestattet er sich ein leises Grummeln, danach mutiert er zum Leisetreter und überzeugt als angenehmer Begleiter für Vielfahrer, dies umso mehr, als eine unaufgeregte Achtgangautomatik die Schaltarbeit übernimmt, serienmäßig übrigens. Beim Rückwärtsfahren löst die Parkbremse einen Tick verzögert und mit einem winzigen Ruck – wer auf Tuchfühlung geparkt hat, muss sich beim Rangieren vorsehen.
Der Sprint von 0 auf 100 km/h ist nach Herstellerangaben in 9,5 Sekunden erledigt, in der Spitze rennt der Grandland 211 km/h.
Wie er sich fährt: Der Grandland X ist ein entspannter Cruiser, der im Bedarfsfall aber auch agil kann. Präzise und ohne ausgeprägte Seitenneigung folgt er dann den Befehlen des Lenkrads. Wer aus dem Beinamen "X" den verwegenen Schluss auf "Cross" und damit "Allrad" zieht, wird allerdings enttäuscht. Opel fährt sein größtes SUV ausschließlich mit Frontantrieb vor. Nur der Plug-in-Hybrid ("Hybrid4") bringt es dank Elektroantrieb für die Hinterräder auf so etwas wie "Allrad light". Die übrigen Grandland-Versionen müssen auf schlechter Wegstrecke mit dem Paket "Grip & Go" klarkommen, das ein Traktionssystem mit fünf Fahrmodi umfasst. Auch ein Adaptiv-Fahrwerk gibt es nicht.
Was er verbraucht: Pianissimo bewegt, kriegt der Grandland X Werte um 5,6 l/100 km hin, das ist sogar weniger als der werksseitig angegebene WLTP-Wert (6,6 bis 6,1 l) ausweist. Im Schnitt notierten wir 6,6 l, angesichts von Fahrzeuggröße und -gewicht (knapp 1,6 Tonnen) kann man da nicht meckern.
Was er bietet: Normalerweise koppelt Opel den Grandland X mindestens an die zweithöchste Ausstattungsvariante "Innovation"“, die dann schon ziemlich gut ausgestattet ist – unter anderem mit Frontkollisionswarner, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, 18-Zoll-Alurädern, den AGR-Sitzen, Lenkradheizung, Ambientelicht, Parkpilot, sensorgesteuerter Heckklappe, Fernlicht- und Spurhalteassistent, Müdigkeitserkennung sowie dem kleinen IntelliLink-Radio 4.0 mit Carplay und Android Auto. Da geht aber noch was, digitaler Radioempfang beispielsweise kostet 230 Euro, das große Navi IntelliLink 5.0 kommt auf 1250 Euro. Wir raten, gleich das Park & Go Premium-Paket zu 1660 Euro zu bestellen, zu dem neben dem großen Navi unter anderem ein automatischer Parkassistent und eine 360-Grad-Kamera gehören. Das wachsame Auge macht Sinn, denn gut sieht man nicht nach hinten. Im Topmodell "Ultimate" sind die zuletzt genannten Features serienmäßig. Derzeit bietet Opel außerdem eine "120-Jahre"-Edition an, unter anderem mit Rückfahrkamera, Sitzheizung und 17-Zoll-Alus.
Was er kostet: Für das "Innovation"-Modell will Opel mindestens 38.660 Euro sehen. Das "120 Jahre"-Sondermodell kommt etwas günstiger, auf 37.960 Euro.
Wem der schwächere 1,5-l-Diesel und 96 kW (130 PS) reichen, spart 2450 Euro, wer obendrein auf Automatik verzichtet, kommt um 4750 Euro günstiger weg. Der 1,6-l-Benziner mit 133 kW (180 PS) und Automatik lässt dem Kunden beim "Innovation"-Level 2660 Euro mehr in der Tasche.
Was wir meinen: Wir mochten den Grandland X. Er bietet ordentlich Platz, relaxte Fahreigenschaften und einen kräftig-kultivierten Diesel, der sich beim Verbrauch zurückhält. Dass der Zweiliter-Diesel an Automatik und die höheren Ausstattungsvarianten gebunden ist, macht ihn allerdings teuer. Und die Abwesenheit von Allradantrieb mag manchen Kunden zur Konkurrenz treiben.
Ulla Ellmer
Die Daten des Opel Grandland X 2.0 Diesel
Hubraum 1997 ccm, Zylinder 4, Leistung 130 kW/177 PS bei 3750/min, max. Drehmoment 400 Nm bei 2000/min, Spitze 211 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 9,5 sec, Normverbrauch 6,6 – 6,1 l D/100 km, Testverbrauch 6,6 l D/100 km, CO2-Emission 173 - 160 g/km, Schadstoffklasse Euro 6d-Temp, Energie-Effizienzklasse A, Länge 4,48 m, Breite 1,91 m ohne, 2,10 m mit Außenspiegeln, Höhe 1,61 m, Kofferraum 514 bis 1652 l, Kraftstoff-Tank 53 l, AdBlue-Tank 17 l, Leergewicht 1575 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2090 kg, Zuladung 515 kg, Anhängelast 2000 kg (gebremst), 750 kg (ungebremst). 8-G-Automatik, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 19 (KH), 21 (VK), 21(TK). Preis ab 37.960 Euro.
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