Fahrbericht Seat Arona TGI: Wie gut ist das Erdgas-SUV?

7.2.2020, 14:10 Uhr
Fahrbericht Seat Arona TGI: Wie gut ist das Erdgas-SUV?

© Hersteller

Wie er aussieht: Der Arona dokumentiert wie kaum ein anderer, dass bei allem SUV-Bashing Differenzierung angebracht ist. Offiziell läuft der Spanier tatsächlich unter dem Label der einerseits verpönten, beim Käufer aber nur allzu beliebten drei Buchstaben. Aber: Er misst gerade einmal 4,14 Meter in der Länge und streckt sich somit nur neun Zentimeter über den VW Polo hinaus, mit dem er sich auch die Kleinwagen-Plattform des Volkswagen-Konzerns (MQB A0) teilt. Optisch macht der Arona mit Beplankungen und "hochgebockter" Karosserie zwar auf robust. Doch auch das ist nur schöner Schein, denn Allradantrieb gibt es für Seats Mini-SUV nicht. Der Erdgas-Arona kommuniziert seine bivalente Identität nur über das "TGI"-Kürzel am Heck.

Wie er eingerichtet ist: Auf sehr guten Sitzen sieht man sich angenehm hoch positioniert,  mit vielen Ablagen zeigt der Arona auch eine praktische Seite. Tadellos fällt die Verarbeitung aus, bei der Materialauswahl patzt der Spanier mit seinem Faible für Hartplastik indes etwas, auch wenn in der Topausstattung "FR" diverse Deko-Elemente und rote Ziernähte für sportliche Akzente sorgen.

Digitale Bedürfnisse bedient der Arona mit einem je nach Ausstattung 6,5 oder 8 Zoll großem Touchscreen. Zwei Tankuhren informieren über die Pegelstände in Sachen Erdgas und Benzin, auch die jeweilige Reichweite wird genannt. Dem Navi lässt sich entnehmen, welche Erdgas-Tankstellen gerade in der Nähe liegen beziehungsweise welche sich entlang der Route finden. Ein sehr segensreiches Feature, wir kommen noch darauf zurück.

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Wie viel Platz er hat: Eigentlich würden die räumlichen Verhältnisse für eine Kleinfamilie ausreichen. Bei der Urlaubsfahrt muss sie dann allerdings das eine oder andere Gepäckstück zu Hause lassen: Während der benzin- oder dieselgefütterte Arona 400 bis 1280 Liter Kofferraum aufweist, schrumpft dieses Volumen beim TGI auf 282 bis 1162 Liter. Dass dem so ist, liegt an den unter der Ladefläche verbauten drei Erdgastanks mit ihrem Fassungsvermögen von 13,8 Kilogramm CNG.


Was ihn antreibt: Über einen roten Startknopf wird ein 66 kW/90 PS starker Dreizylinder-Ottomotor mit Turboaufladung in Arbeitsmodus versetzt, der im TGI für den Betrieb mit Erdgas  und Benzin ausgelegt ist. "Bivalent" nennt sich diese Technik, die dem Arona TGI nach Aufbrauchen seiner CNG-Vorräte noch etwas zusätzliche Reichweite (Benzintank 9 Liter) gewährt.

Aus dem kernig-knurrigen Sound hört man den Dreizylinder unverkennbar heraus. Ein Sportlerherz ist es nicht, das da im Arona TGI schlägt, der kleine Turbo mit seinen bescheidenen 160 Newtonmetern ab 1800 Touren kommt nicht recht aus den Puschen und wirkt auch grundsätzlich etwas schlapp. Im Stadtverkehr fällt das nicht so sehr ins Gewicht, über Land indes schon mehr. Ohne eifrigen Umgang mit der Sechsgangschaltung sind vor allem Überholmanöver oder Steigungen kaum zu bewältigen. Im Vergleich zum 95-PS-Benziner 1.0 TSI bringt der TGI (1308 Kilo) allerdings auch 128 Kilo mehr auf die Waage. Der Sprint von 0 auf 100 km/h nimmt über 13 Sekunden in Anspruch, was die Topspeed betrifft, ist bei 176 Sachen Schluss.

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Wie umweltfreundlich er ist: Auch Erdgas – nicht zu verwechseln mit Autogas (LPG)! - ist ein fossiler Brennstoff, letztlich aber der emissionsärmste. CNG-Fahrzeuge stoßen so gut wie keine Rußpartikel aus und blasen auch weniger Stickoxide (NOx), CO2 und Kohlenmonoxid in die Luft als Benziner und Diesel. Aktuell enthält CNG in Deutschland einen Anteil von etwa 20 Prozent Biogas, das idealerweise aus Gülle, Festmist oder Abfallstoffen gewonnen wird und nicht aus monokulturell angebauten Pflanzen wie Raps oder Mais. Würde der Anteil an Biomethan steigen, könnte CNG noch umweltfreundlicher werden. Manche Tankstellen haben bereits komplett auf Bio-CNG umgestellt. Eine Alternative ist synthetisch erzeugtes Erdgas, das aus Power-to-Gas-Anlagen kommt, in denen CO2 mit Hilfe überschüssigen Solar- oder Windstroms in Methan umgewandelt wird.

Wie er zu betanken ist: Zunächst gewöhnungsbedürftig, aber unkompliziert. Der Erdgas-Einfüllstutzen sitzt gemeinsam mit dem fürs Benzin unter einer gemeinsamen Klappe hinten rechts am Fahrzeug. Bei den meisten modernen Tankstellen muss die "Zapfpistole" nur aufgesetzt und wie gewohnt arretiert werden, auf Knopfdruck startet dann der Tankvorgang, der nach wenigen Minuten beendet ist.

Welche Reichweite er hat: Als unser Testwagen angeliefert wurde, versetzte die vom Bordcomputer angegebene Reichweite unseren Erwartungen zunächst einen Dämpfer: 330 Kilometer insgesamt, davon 240 Kilometer mit Erdgas und 90 zusätzliche mit Benzin – das sollte alles sein? Weniger "pedal to the metal" und vorausschauendes Fahren ließ uns dann auf 300 Kilometer mit Erdgas und 110 mit Benzin kommen, insgesamt also auf 410. Wirklich viel ist aber auch das nicht.

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Wie es sich mit ihm leben lässt: Ob ein Erdgas-Fahrzeug wie der Seat Arona TGI Sinn macht, hängt vom persönlichen Umfeld ab. Leider ist das Netz an CNG-Tankstellen dünnmaschig, in Deutschland gibt es nur knapp 860. Wer sich für ein CNG-Auto entscheidet, sollte in Wohnort- oder zumindest Arbeitsplatznähe eine solche Zapfstation vorfinden.
Langstreckenfahrten erfordern, auch aufgrund der (siehe oben) verhältnismäßig geringen Reichweite, eine gewisse Planung. Dabei hilft entweder eine Erdgas-App oder das Navi. Es listet die Erdgas-Tankstellen im Umfeld auf, aber auch diejenigen entlang der gewählten Route. Dabei sollte man sich durchaus auf die eine oder andere "Durststrecke" einstellen.

Der Fahrer kann beim Arona TGI übrigens nicht selbst aktiv wählen, ob er mit Erdgas oder Benzin fahren möchte. Sind die CNG-Tanks leer, schaltet das Fahrzeug automatisch und unauffällig auf Benzinbetrieb um.

Wie viel er verbraucht: CNG wird nicht in Litern bemessen, sondern in Kilogramm und hat im Vergleich zu Benzin oder Diesel einen höheren Energiegehalt. Nach Norm konsumiert der Arona TGI pro 100 km 4,0 kg, unser Durchschnittsverbrauch lag bei 5,5 kg/100 km.
Noch bis 2026 unterliegt Erdgas einer gesicherten steuerlichen Förderung, bereits ab 2024 soll sie nach derartigem Stand aber abgebaut werden.

Kostenvergleich auf Basis des Normverbrauchs, eines Preises von 1,15 Euro/Kilogramm CNG sowie eines Spritpreises von 1,30 Euro/Liter Super E10: Mit dem Erdgas-Arona kommen 100 Kilometer Fahrt auf etwa 4,60 Euro, mit dem vergleichbar motorisierten Benziner 1.0 TSI auf 7,67 Euro.

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Was er mitbringt: Der Arona TGI ist ab der zweiten Ausstattungsvariante "Style" zu konfigurieren. Sie umfasst unter anderem 16-Zoll-Leichtmetallräder, Klimaanlage sowie ein Media-System mit 6,5-Zoll-Touchscreen. Keinen Zugriff hat der TGI-Kunde auf das digitale "Virtual Cockpit", ein Doppelkupplungsgetriebe oder eine Anhängevorrichtung. Deshalb ist es auch nicht möglich, einen Kupplungsträger zum Transport von Fahrrädern zu montieren.

Was er kostet: Ab 20.680 Euro. Das sind glatte 1000 Euro Aufschlag gegenüber dem vergleichbaren Benziner 1.0 TSI (70 kW/95 PS). Unser Testwagen – Toplevel "FR", außerdem Sonderausstattung wie Voll-LED-Scheinwerfer, Toter-Winkel- und Ausparkassistent, Parkassistent, Connectivity-Paket, automatische Distanzregelung inklusive Müdigkeitserkennung und schlüssellosem Zugangssystem – schlug mit 27.674 Euro zu Buche.

Was wir meinen: Der Arona TGI ist eine klimafreundliche Alternative zum Benziner oder Diesel, den Preisaufschlag gegenüber dem Benziner dürfte er dank der niedrigeren Betriebskosten (Vorteile gibt es auch bei Steuer, Wartungskosten und Wertverlust) schnell wieder hereinholen. Sinn macht er allerdings nur dann, wenn eine Erdgas-Tankstelle in Wohnortnähe liegt. Langstreckenfahrten sind trotz der verhältnismäßig geringen Reichweite möglich, wollen aber aufgrund der lückenhaften CNG-Infrastruktur gut geplant sein – auch wenn der kleine Benzintank eine Notreserve vorhält.

Ulla Ellmer


Die Daten des Seat Arona TGI

Hubraum 999 ccm, Zylinder 3, Leistung 66 kW/90 PS bei 4400 - 5500/min, max. Drehmoment 160 Nm bei 1800 - 3800/min, Spitze 176 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 13,2 sec, Normverbrauch WLTP 4,0 – 3,9 kg CNG pro 100 km, Testverbrauch 5,5 kg CNG/100 km, CO2-Emission 109 - 106 g/km, Schadstoffklasse Euro 6 DG, Energie-Effizienzklasse A+, Länge 4,14 m, Breite 1,78 m, Höhe 1,55 m, Kofferraum 282 bis 1162 l, CNG-Tank 13,8 kg (bei 200 bar), Benzin-Tank 9 l, Leergewicht 1308 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1710 kg, Zuladung 477 kg, Sechsganggetriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 16 (KH), 17 (VK), 20 (TK). Preis ab 20.680 Euro.

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