Kia Ceed Sportswagon PHEV im Fahrbericht
4.12.2020, 18:09 UhrWie er aussieht: Der Beiname "Sportswagon" kennzeichnet die Kombi-Variante, die Kia von seinem kompakten Golf-Konkurrenten Ceed abgeleitet hat. Wobei "kompakt" hier ein buchstäblich großes Wort ist, denn mit 4,60 Metern Länge streckt sich der Sportswagon auf veritable Maße. Die Funktion als geräumiger Transporteur bestimmt die Form; der Ceed SW ist kein Showkombi, dem Design wichtiger ist als der praktische Nutzwert, sondern ein Pragmatiker. Dabei sieht er keineswegs wie ein grober Klotz aus, sondern steckt in einem modernen und wohlgestalteten Outfit.
Von seinen konventionell angetriebenen Geschwistern grenzt sich der PHEV – das steht für "Plug-in Hybrid Electric Vehicle" – durch den geschlossenen Kühlergrill, die Ladeklappe vorne links, spezielle Leichtmetallfelgen, die Sport-Frontschürze sowie das "Eco Plug-in"-Schildchen am Heck ab. Und natürlich durch das E-Kennzeichen.
Wie er eingerichtet ist: Auch im Interieur bevorzugt der Ceed SW ein zwar konservatives, aber modernes Ambiente. Materialauswahl und -verarbeitung sind über jeden Zweifel erhaben, die Bedienung erfolgt einfach und intuitiv, das gilt auch für das Multimediasystem, dessen Menüführung selbst der in IT-Hinsicht bildungsferne Nutzer rasch kapiert.
Während Annehmlichkeiten wie Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Rückfahrkamera, Sitz- und Lenkradheizung sowie ein Audiosystem mit 8-Zoll-Touchscreen schon im Basismodell "Vision" serienmäßig sind, erfordert der famose, freistehende 10,25-Zoll-Bildschirm die Extra-Investition ins Navigations-Paket (1036 Euro). Sollte man sich überlegen! Das Digital-Cockpit hingegen ist dem Topmodell "Platinum Edition" vorbehalten, dort wird es gleich serienmäßig installiert.
Spezielle Plug-in-Features sind die auf dem Armaturenträger installierte und praktischerweise auch von außen einsehbare Ladezustandsanzeige oder die Infos über Energiefluss, Akku-Ladestand sowie die elektrische Reichweite. Und die "Driver Only"-Taste macht es möglich, ausschließlich den Fahrerbereich zu klimatisieren. Das hilft beim Stromsparen.
Wie viel Platz er hat: Seine Passagiere bringt der Kia-Kombi so gut unter, wie es ein Kompakter eben kann. Vorne sitzt es sich fein, im nominell dreisitzigen Fond hat der mittig Platzierte die üblichen schlechten Karten. Frachtgut ist über die kombi-typisch niedrige Ladekante lässig ins Gepäckabteil zu wuppen, das sich mit 437 bis 1506 Litern durchaus lademeisterlich gibt, aber nicht die Dimensionen des Verbrennermodells (625 bis 1694 Liter) erreicht. Woran das liegt, ahnt der PHEV-Kundige bereits – jawohl, der unter Rückbank und Gepäckraumboden verbaute Akku beansprucht eben seinen Platz.
Das Ladekabel muss sich nicht unkontrolliert durch den Kofferraum winden, es findet in einem der Staufächer unter dem Ladeboden ein Unterkommen.
Als Bestandteil des Technologie-Pakets (770 Euro, dazu später mehr) gibt es eine elektrische Heckklappe.
Passt nicht ganz zum Thema "Platz", sollte aber dennoch erwähnt werden: Der teilzeitstromernde Kombi ist mit einer Anhängerkupplung (614 Euro) auszustatten und nimmt bis zu 1300 Kilogramm auf den Haken.
Was ihn antreibt: Als Halb-Elektriker bedient sich der Ceed SW PHEV eines 1,6-l-Benzindirekteinspritzers mit 77,2 kW/105 PS und eines 44,5 kW/60,5 PS starken E-Motors. Die Systemleistung beträgt 104 kW/141 PS. Eine 117 Kilogramm schwere 8,9-kW-Lithium-Ionen-Polymer-Batterie übernimmt im Parallelhybridsystem die Rolle des Energiespeichers. Die Antriebskräfte werden von einem Sechsstufen-Doppelkupplungsgetriebe an die Vorderräder transferiert.
Wie weit er kommt: Das hängt, klar, von der Fahrweise und – sobald Elektroantrieb im Spiel ist – auch von äußeren Faktoren wie der Temperatur ab. Unser Beisammensein mit dem Plug-in-Ceed spielte sich während der ersten frostigen Tage dieses Winters ab. Rein elektrisch konnten wir 56 Kilometer zurücklegen, als Gesamtreichweite ergaben sich knapp 600 Kilometer. Das ist insofern bemerkenswert, als der Kraftstofftank nur 37 Liter fasst. Zum Vergleich: Der reine Verbrenner bunkert 50 Liter Sprit.
Wie er lädt: Wie bei Plug-in-Hybriden aus Kostengründen üblich, zieht der Ceed SW PHEV nur einphasig Strom. Serienmäßig liegt ihm ein Typ-2-Ladekabel für die Haushaltssteckdose bei, die Komplettladung nimmt etwa fünf Stunden in Anspruch. Über Nacht ist der Akku also locker wieder voll. Die Wallbox oder öffentliche Ladestation zapft der Kia-Kombi mit maximal 3,3 kW an und nimmt sich knapp drei Stunden Zeit fürs "Volltanken". Mehr oder weniger unerlässlich sind die 252 Euro Zusatzinvestition in ein entsprechend geeignetes Kabel. Gegen 779 Euro bietet Kia eine (nicht förderfähige) 3,7-kW-Heimladestation an.
Schnellladen von Gleichstrom ist nicht möglich.
Wie er sich fährt: Mithilfe der EV/HEV-Taste auf der Mittelkonsole trifft der Fahrer seine Entscheidung zwischen rein elektrischem Fahren (EV) oder dem Vorankommen im Hybridbetrieb (HEV). In letzterem Fall organisiert die Software das Miteinander von Verbrenner und E-Maschine. Einen "Save"-Modus, der die elektrischen Reserven für spätere Gelegenheiten aufsparen könnte, gibt es nicht.
Wir machten die Erfahrung, dass sich selbst im EV-Modus immer mal wieder der Verbrenner einschaltete, dies vor allem bei niedriger Betriebstemperatur. Das sieht man (Energiefluss-Anzeige) - und hört es vor allem. Auch im Hybridbetrieb agiert der Benziner recht dienstbeflissen und fühlt sich gerufen, sobald der Fahrer etwas beherzter aufs Gaspedal tritt.
Sind die elektrischen Reserven aufgebraucht, übernimmt der Verbrenner fast ganz das Kommando. Fast deshalb, weil er nicht völlig ohne freundliche Mithilfe der E-Maschine bleibt, die beispielsweise beim Beschleunigen Extra-Boost besteuert. Die dazu erforderliche Energie spielt ihr das regenerative Bremssystem zu.
Rein elektrisch schafft der Ceed SW PHEV eine Topspeed von 120 km/h. Auf solche Schnelle stromern – ja, das kann man machen, muss es aber nicht und tut es auch nicht wirklich gern. So schön das elektrische Fahren in der Stadt ist – über Land kommt die kleine E-Maschine an ihre Leistungsgrenzen, eher zäh geht es hier voran, den E-Auto-typisch rasanten Antritt lässt der Kia-Kombi vermissen. Auch grundsätzlich wirkt er angesichts der überschaubaren Systemleistung nicht wirklich, nun ja, feurig. Den üblichen Alltagsszenarien wird er aber allemal gerecht.
Die für Kombi-Verhältnisse recht spaßige Fahrdynamik überrascht, wir hätten uns indes eine Ecke mehr Komfort gewünscht.
Was er verbraucht: Für den rein elektrischen Betrieb errechneten wir 16,3 kWh/100 km Strom. Im kurzstreckengeprägten Hybrid-Mix ergaben sich 9 kW/h und 2,9 l Kraftstoff, auch bei leergefahrener Batterie gab sich der Ceed mit 6,1 l/100 km wenig durstig.
Was er bietet: Schon als Basismodell "Vision" ist der Ceed Sportswagen PHEV bemerkenswert gut ausgestattet, unter anderem mit LED-Scheinwerfern, Alurädern, aktivem Spurhalteassistenten, beheizbaren und elektrisch anklappbaren Außenspiegeln, DAB+-Radio, Audioanlage, Zweizonen-Klimaautomatik, Rückfahrkamera und Smartphone-Schnittstelle. Unser Testwagen auf mittlerem "Spirit"-Level brachte zudem einen Adaptiv-Tempomat mit Stop&Go-Funktion, einen Stauassistenten, einen Frontkollisionswarner mit Bremseingriff, einen Spurwechselassistenten und einen Querverkehrswarner mit. Dazu Aufpreispflichtiges wie das Navigations-Paket (Navi, Verkehrszeichenerkennung, Online-Dienste 'UVO Connect' mit Echtzeitverkehrsinformationen, Parkinfos, Gefahrenwarnung etc., 1063 Euro), Sitzkomfortpaket (elektrisch einstellbarer Fahrersitz, Stoff-Leder-Sitzbezüge, Sitzheizung hinten, 965 Euro) und Technologie-Paket (Einparkassistent, induktives Smartphone-Laden, sensorgesteuerte elektrische Heckklappe, 770 Euro).
Was er kostet: Ab 34.108 Euro, als "Spirit" ab 35.278 Euro (16 Prozent MwSt). Abzugsfähig ist eine Förderprämie in Höhe von 7210 Euro, enthalten sind 100 Euro, die der Staat für den virtuellen Motorsound bei niedrigem Tempo spendiert (AVAS-Förderung).
Was wir meinen: Der Kia Ceed Sportswagon PHEV ist ein geräumiger Familien- und Alltagskombi, der den im unmittelbaren Konkurrenzumfeld eher raren Plug-in-Hybridantrieb bietet. Dem sparsamen Antrieb fehlt es etwas an Power, stimmig wirkt er dennoch. Die Vorteile des Elektroantriebs spielt der Ceed vorzugsweise auf der Kurzstrecke aus, Langstreckenfahrer dürften mit einem Diesel besser bedient sein. Und der Preis mutet auf den ersten Blick zwar hoch an - relativiert sich aber angesichts der umfangreichen Ausstattung.
Ulla Ellmer
Die Daten des Kia Ceed Sportswagon 1.6 GDI PHEV 6DCT
Verbrennungsmotor: Hubraum 1580 ccm, Zylinder 4, Leistung 77,2 kW/105 PS bei 5700/min, max. Drehmoment 147 Nm bei 4000/min. Elektromotor: Leistung 44,5 kW/60,5 PS bei 1798 – 2500/min, Drehmoment 170 Nm bei 0 – 1798/min. Systemleistung 104 kW/141 PS bei 5700/min, Systemdrehmoment 265 Nm bei 1000 – 2400/min. Spitze (abhängig vom Batterieladestand) 170 - 200 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 10,8 sec. Spitze Elektromodus 120 km/h. Normverbrauch Kraftstoff 1,3 – 1,1 l S/100 km, Strom 11,3 – 9,3 kWh/100 km. CO2-Emission 33 - 29 g/km, Schadstoffklasse Euro 6d, Energie-Effizienzklasse A+. Elektrische Reichweite NEFZ 60 km. Länge 4,60 m, Breite 1,80 m (ohne Außenspiegel), Höhe 1,47 m, Kofferraum 437 - 1506 l, Kraftstoff-Tank 37 l. Leergewicht 1533 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2030 kg, Zuladung 497 kg, Anhängelast 1300 kg (gebremst), 600 kg (ungebremst). 6-Stufen-Doppelkupplungsgetriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 14 (KH), 22 (VK), 21 (TK). Preis ab 34.108 Euro (16 Prozent MwSt).