London Taxi: Elektrisch nach Deutschland
7.7.2018, 12:00 UhrDas gute, alte London Taxi gehört zur britischen Hauptstadt wie Big Ben oder der Buckingham Palast. Doch auch die Metropole an der Themse ächzt unter Schadstoffbelastung und hat dem motorisierten Verkehr deshalb die Daumenschrauben angelegt. Wer kein Fahrzeug mit alternativem Antrieb pilotiert, muss eine saftige Citymaut (Congestion Charge) bezahlen. Und seit Januar bekommen nur noch solche Taxis eine Zulassung, die mindestens 50 Kilometer rein elektrisch fahren können.
Diesel raus, Elektroantrieb rein
Für das "Black Cab" heißt das: Diesel raus, Elektroantrieb rein. Die neue Generation des London Taxi, TX genannt, kombiniert einen Elektroantrieb mit einem sogenannten Range Extender. Den eigentlichen Vortrieb erledigt somit ein maximal 150 PS starker Elektromotor von Siemens. Ergänzend befindet sich aber ein 1,5-l-Dreizylinder von Volvo an Bord, der als Generator tätig wird und während der Fahrt die Batterien auflädt.
Das Generatorprinzip ist somit ein anderes als das eines Plug-in-Hybriden, bei dem der Elektromotor über kurze und ein Verbrenner über lange Distanzen den Antrieb übernimmt. Warum das TX nicht mit reinem Elektroantrieb und großer Batterie ausgestattet wurde, liegt auf der Hand. Dass sich so ein Taxi permanent im Umlauf befindet und der Fahrer seinen Arbeitstag nicht durch langwierige Ladepausen unterbrechen kann, ist das eine. Das andere, dass Taxifahrten schon mal über weitere Strecken gehen, beispielsweise, wenn Passagiere zu den Flughäfen Heathrow oder Gatwick chauffiert werden wollen bzw. ein Ziel im Umland von London anstreben.
Gesamtreichweite 600 Kilometer
Die elektrische, also emissionsfreie Reichweite des neuen London Taxi liegt nach Herstellerangaben bei 130 km, unter tätiger Mithilfe des Range Extenders erweitert sich das auf einen Aktionsradius von über 600 Kilometern. Per Schnellladung sollen die Batterien innerhalb einer halben Stunde aufgeladen sein, also beispielsweise, wenn der Fahrer während der Mittagspause – Klischee-Alarm! – eine Portion Fish & Chips vertilgt und dazu die "Sun" studiert.
Trotz der hochmodernen Technik hat sich das Black Cab seinen bewährt britischen Charme bewahrt. Das Konzept bleibt also erhalten: Man steigt bequem ein, Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen können dabei eine Rampe nutzen. Im Fond befinden sich Sitzplätze für sechs Personen, die sich drei-zu-drei gegenübersitzen. Den Fahrer trennt eine Scheibe von den Passagieren, beiderseitige Kontaktaufnahme ist via Sprechanlage möglich. Zudem können sich die Fahrgäste in einen bordeigenen WLAN-Hotspot einloggen.
Das TX soll übrigens auch hiesige Taxifahrer überzeugen. Eine Verbesserung der Luftqualität könne nur durch mehr elektrische Autos auf deutschen Straßen erreicht werden, stellt Carl-Peter Forster, Aufsichtsratschef der London EV Company (LEVC), fest, und ergänzt selbstlos: "Wir können dabei mit unserem TX helfen".
440 Euro Ersparnis pro Monat?
Vorerst steht der Entstehung einer größeren TX-Population in deutschen Großstädten freilich die eher betrüblich-dünnmaschige Ladeinfrastruktur entgegen. Das aber soll sich ja ändern. Die LEVC lockt Taxiunternehmer also mit der Aussicht auf lange Inspektionsintervalle (25.000 Kilometer) und rund 440 Euro, die sich – so Chris Gubbey, CEO von LEVC – monatlich an Kraftstoffkosten sparen ließen. Was die Anschaffung betrifft, so ist das Black Cab nicht ganz billig, 59.600 Euro werden fällig, die Umsatzsteuer noch nicht eingerechnet.
So britisch das London Taxi aussieht, so international ist seine Herkunft. Die Fertigung erfolgt in Ansty/England. Doch der Antriebsmotor kommt von Siemens und der Generator von ZF, beides bekanntlich deutsche Firmen. Und beim Mutterkonzern von LEVC handelt es sich um Geely – jenen chinesischen Konzern, dem auch Volvo gehört.
ule
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