Peugeot 208: Der kleine Löwe zeigt die Krallen
10.10.2019, 16:15 UhrBegonnen hat der Peugeot-Kleinwagen seine Karriere als 205. 1983 ist das gewesen, die Folge-Baureihen hießen 206, 207 und 208. Für Überraschungen ist der kleine Kompakte immer gut gewesen. Bereits der 205 brachte den Diesel ins Kleinwagensegment, als Cabrio transferierte er Frischluft-Feeling eben dorthin.
Die Modellbezeichnung "208" lässt Peugeot nun stehen, auf "209" wird nicht weitergezählt. Progressivität leistet sich aber auch die jüngste, übrigens eng mit dem gleichfalls neuen Opel Corsa verwandte Generation. Dass Kleinwagen heutzutage eher maskulin statt niedlich-knuffig aussehen ist ein Trend, der sich auch anderswo – Audi A1, Nissan Micra – beobachten lässt. Der 208 geht hier aber besonders kompromisslos vor; die drei Krallen der Lichtsignatur und die (abhängig von der Version) zusätzlich ins Gesicht gezeichneten "Stoßzähne" der vertikalen LED-Scheinwerfer kommen ebenso sportlich rüber wie die schwarz-horizontale Blende und die dreigeteilten Rückleuchten am Heck. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich der Neue um neun Längenzentimeter auf 4,06 Meter gestreckt, gleichzeitig duckt er sich drei Zentimeter tiefer, auch das befördert einen dynamischeren Auftritt.
Dreitürer war gestern, der 208 wird ausschließlich als praktischer Fünftürer angeboten. Wir nehmen Platz im wertig eingerichteten Innenraum und sehen uns mit dem Peugeot-typischen i-Cockpit konfrontiert. Das ultrakleine, unten und oben abgeflachte Lenkrad, dessen tiefe Positionierung den Blick auf ein digitales Display freigibt, mag allerdings nicht jeder. Die einen finden es cool, andere kommen weniger zurecht damit – ein Alleinstellungsmerkmal ist es allemal.
Display in 3D-Optik
Mindestens ebenso ungewöhnlich und überraschend ist auch das ausstattungsabhängig installierte Display in 3D-Optik, das Informationen wie Tempo oder Navi-Hinweise in zwei Ebenen anordnet, die sich wahlweise nach vorne und somit näher ins Blickfeld holen lassen. Die Reaktionsfähigkeit, sagt Peugeot, steigt somit um eine halbe Sekunde. Vor allem jüngere Käufer dürften sich für die spacig-hologrammartige Darstellung begeistern, wir fragten uns, ob eine konventionell "plane" Ansicht nicht einfacher fürs Auge zu konsumieren wäre.
Mittig am Armaturenträger gibt es zudem einen je nach Ausstattung fünf (12,7 cm), sieben (17,8 cm) oder zehn (25,4 cm) Zoll großen Touchscreen und darunter die Direkttasten der sogenannten "Toggle-Switches"; optisch weniger Klaviatur als Gebissleiste, fast furchtsam fühlt man sich veranlasst, den Reiseproviant in sicherer Entfernung unterzubringen.
Trotz des Längenwachstums ist beim Radstand alles geblieben wie gehabt; nach wie vor ist der 208 beim Platzangebot also ein Kleinwagen und selbstverständlich kein Familienvan – vorne sitzt man prima und bequem, während der Fond eher für Kinder ein angemessener Aufenthaltsort ist, zumal die neue, sportliche Dachschräge etwas an der Kopffreiheit knabbert. Geschrumpft hat Peugeot zudem das Gepäckabteil, mit 265 Litern bietet es 20 Liter weniger als bislang auf. Durch Umklappen der im Verhältnis 40/60 geteilten Rücksitzlehne (Serie) eröffnen sich hinter der Heckklappe aber bis zu 1106 Liter.
Der Diesel darf bleiben
Das Antriebsportfolio bleibt auf den ersten Blick klassisch. Drei Benziner also und – längst nicht mehr Standard bei Kleinwagen – ein Diesel. Bei den Ottomotoren handelt es sich um einen 1,2-l-Dreizylinder in den Leistungsstufen 55 kW (75 PS), 74 kW (101 PS) und 96 kW (131 PS), beim Diesel um einen 1,5-l-HDi mit 75 kW (102 PS). Alle Aggregate werden der Abgasnorm Euro 6d-Temp gerecht.
Peugeot rechnet damit, dass sich die meisten Kunden für den mittleren Benziner entscheiden. Mit ihm ist der 208 tatsächlich bestens motorisiert, er entfaltet seine Kräfte harmonisch und wird als flotter Muntermacher tätig, wobei er ebenso kultiviert wie akustisch unauffällig agiert. Erst wenn das Gaspedal nachdrücklicher ins Blech gedrückt wird, ändert sich die Klangfarbe. Den Sprint von 0 auf 100 km/h absolviert der rund 1,2 Tonnen leichtgewichtige Franzose in 9,9 Sekunden, als Spitze erreicht er 188 km/h, und beim Verbrauch begnügt er sich gemäß WLTP mit 4,2 l/100 km, entsprechend 97 g/km CO2. Alternativ zum knackigen Sechsganggetriebe gibt es eine Acht-Stufen-Automatik.
Etwas zäher fühlt sich das ausschließlich mit manuellem Fünfganggetriebe kombinierte 75-PS-Maschinchen an, und die stets mit Automatik verbandelte Ausbaustufe mit 131 PS dürften sich wohl nur Kunden mit sportlicheren Ambitionen leisten. Ihnen wird auch die grundsätzlich straffe Fahrwerksabstimmung taugen, die in Kooperation mit der sehr guten Lenkung sauberes und exaktes Sporteln durch Kurven ermöglicht. Kehrseite der Medaille: Wo der Asphalt nicht topfeben ist und Kanten oder Querfugen aufweist, offenbart der Franzose ein etwas harscheres Naturell.
Aufrüsten lässt er sich übrigens mit allerlei Assistenzsystemen, die vom Notbremsassistenten bis hin zum autonomen Staufolgefahren reichen.
e-208 mit 340 Kilometern Reichweite
Noch einmal zurück zum Antriebsportfolio. Klassisch? Nicht ganz. Bereits zur Markteinführung ist vom Peugeot 208 auch eine rein batterieelektrische Variante zu ordern, die allerdings erst ab Januar ausgeliefert wird. Seine respektable Reichweite von bis zu 340 Kilometern verdankt der e-208 einer 50-kWh-Batterie, auf die Peugeot acht Jahre oder 160.000 Kilometer Garantie gibt, bezogen auf 70 Prozent der Ladekapazität. Der Akku lässt sich an der öffentlichen 100-kW-Gleichstrom-Schnellladestation binnen einer halben Stunde zu 80 Prozent laden. An der 11-kW-Ladesäule oder -Wallbox dauert ein kompletter Ladevorgang fünf Stunden und 15 Minuten, den dazu nötigen dreiphasigen Ladeanschluss hat der e-208 serienmäßig an Bord. Auch die Haushalts- oder eine verstärkte Steckdose (Typ Green Up Legrand) sind eine Option, letztere erfordert allerdings 16,5 Stunden Geduld.
Es ist ein sehr zügiges, sehr modernes Fahrgefühl, das der 100 kW (136 PS) starke e-208 vermittelt, eines, das zur Erkenntnis führt: Ja, man wär' bereit fürs elektrische Fahren! Der Umstieg vom Verbrenner erfordert freilich immer noch einen gewissen preislichen Idealismus. Während der Basis-208 (unter anderem mit Audioanlage, Klimaanlage, Verkehrsschilderkennung) ab 15.490 Euro in der Liste steht, die 101-PS-Variante ab 17.950 Euro, das 131-PS-Modell ab 23.500 Euro und der Diesel ab 19.850 Euro, müssen für den e-208 mindestens 30.450 Euro auf den Tisch geblättert werden.
Ulla Ellmer
Peugeot 208 in Kürze:
Wann er kommt: Markteinführung am 18. November
Wen er ins Visier nimmt: Opel Corsa, VW Polo, Ford Fiesta & Co.
Was ihn antreibt: 1,2-l-Turbo-Dreizylinder-Benziner mit 55 kW (75 PS), 74 kW (101 PS) und 96 kW (131 PS), 1,5-l-Vierzylinder-Turbodiesel mit 75 kW (102 PS). Elektroantrieb mit 100 kW (136 PS)
Was er kostet: Ab 15.490 Euro, e-208 ab 30.450 Euro
Was noch folgt: Wahrscheinlich ein GTI
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