Toyota schickt den Prius an die Steckdose
8.2.2017, 20:02 UhrVielleicht wird die Zeit allmählich doch reif für Plug-in-Hybride. Düsseldorf beispielsweise könnte sich noch in diesem Jahr gezwungen sehen, Fahrverbote für Diesel einzuführen. Andere Städte dürften in diesem Fall bald folgen. Irgendwann mag der Bann dann auch Benziner treffen. Freie Fahrt hätten somit nur noch reine Elektrofahrzeuge und eben die Plug-in-Hybride - Autos, die beides können, also bedarfsweise mit Strom oder Sprit fahren.
Auch vom neuen Toyota Prius gibt es jetzt wieder eine solche Version. Im Vergleich zum Vorgänger hat der Plug-in seine Fähigkeiten deutlich erweitert. Mit gut 50 Kilometern ist die elektrische Reichweite nahezu verdoppelt worden, und die Kapazität des Lithium-Ionen-Akkus zeigt sich auf 8,8 kWh ausgebaut. Zwei Elektromotoren sind in den stromernden Lebensphasen für den Vortrieb zuständig - ein Fahrmotor mit 92 PS und außerdem der Generator des Hybridsystems, der dank eines speziellen Freilaufs am Schwungrad der Kurbelwelle auch als Elektromotor tätig werden kann und beim Beschleunigen unterstützend unter die Arme greift.
Die Systemleistung beträgt 122 PS
Die konventionelle Antriebsseite des Prius PHV manifestiert sich in einem 1,8-l-Vierzylinder-Benziner mit 98 PS, insgesamt ergibt sich eine Systemleistung von 122 PS. Im rein elektrischen Fahrbetrieb bringt es der Japaner auf eine Spitze von 135 km/h, nimmt er die Dienste des Verbrenners in Anspruch, schafft er 162 km/h Topspeed.
Damit winterliche Kälte nicht an der Akkukapazität knabbert, bedient sich der Prius PHV einer Batterie-Vorwärmung. Und eine Wärmepumpe macht es möglich, den Passagierbereich zu beheizen, ohne dass dabei der Verbrennungsmotor einspringen muss. Bis runter zu minus zehn Grad funktioniert dieses System.
Zum Stromfassen geht der Prius entweder an die Haushaltssteckdose (230 Volt), wo er drei Stunden und zehn Minuten ausharren muss, oder er dockt an einer Ladestation an, hier ist die Energieversorgung nach zwei Stunden abgeschlossen. Speziell der Prius "Solar" (39.600 Euro) lässt sich effektiv von der Sonne küssen: Ein großes Solarpanel auf dem Dach soll täglich Energie für bis zu fünf zusätzliche Kilometer erzeugen. Für die beiden anderen Modellvarianten "Comfort" (37.550 Euro) und "Executive" (40.650 Euro) ist das Solardach allerdings nicht erhältlich, das ausstattungsbedingt höhere Gewicht dieser Besser-Varianten würde den energetischen Vorteil gleich wieder auffressen.
Kühne Kanten, verwegene Formen
Im Vergleich zum "normalen" Prius Hybrid hat der Plug-in vorne und hinten etwas zugelegt und sich auf 4,65 Meter gestreckt. Schöner macht ihn das nicht. Es bleibt Geschmackssache, dieses Design. Die einen finden die kühnen Kanten und verwegenen Formen cool, andere wenden sich mit Schaudern ab. Serienmäßig funkeln jetzt LED-Tagfahrleuchten und Matrix-LED-Scheinwerfer an der Front, im Fernlicht-Modus werden entgegenkommende Fahrzeuge höflich aus dem Lichtkegel ausgeblendet. Überhaupt hat Toyota großzügig das Ausstattungs-Füllhorn über seinem Plug-in-Hybriden ausgeschüttet; auch das Safety-Sense-System (u.a. mit Frontkollisionswarner, Fußgänger-, Verkehrsschild- und Müdigkeitserkennung), Zweizonen-Klimaautomatik, das Multimediasystem Toyota Touch mit Rückfahrkamera, Navi, kabelloses Smartphone-Laden, Sitzheizung und Smart-Key-System werden schon ab Werk eingebaut.
Während sich der Prius für die Steckdose von seinem normal hybridisierten Bruder äußerlich durchaus abgrenzt, trifft man im geräumigen Innenraum auf die vertraute Einrichtung: Klinisch weißer Klavierlack (auf Wunsch auch in Schwarz), ein winziger Joystick-Wahlhebel für die Automatik - aber ein etwas größerer Infotainment-Bildschirm. Leider ist der Acht-Zoll-Screen mittig im Armaturenträger platziert, so dass der Blick des Fahrers immer wieder nach rechts abwandern muss. Ab "Comfort"-Level erleichtert zumindest ein Head-up-Display die Informationsfindung.
Begrenzte Gepäckmitnahme
Anders als der Hybrid-Prius nimmt der Plug-in nur vier Passagiere mit. Für Taxifahrer, eine wichtige Prius-Klientel, ist er schon deshalb eher uninteressant. Aber auch die Gepäckmitnahme erweist sich als begrenzt. Zum einen packt der Kofferraum nur schmale 360 Liter weg. Und zum anderen erlaubt der 1605 kg schwere Wagen lediglich eine äußerst bescheidene Zuladung von 250 kg. Familientauglich sieht definitiv anders aus. Nach der Anhängelast wagt man da schon gar nicht zu fragen, und tatsächlich sind Dienste als Zugfahrzeug ausgeschlossen. Eine Anhängerkupplung gibt es folglich nicht, womit auch bestimmte Fahrradträger außen vor bleiben.
Und wie fährt sich der Prius Plug-in? Schön easy und unaufgeregt; im elektrischen Betrieb zoomt er elegant dahin und befleißigt sich dabei dieses leisen Sirrens, das direkt aus der automobilen Zukunft zu kommen scheint. Wenn der Verbrenner einspringt, gibt's schon eher was auf die Ohren, denn beim Beschleunigen heult der Motor gestresst auf - der berüchtigte Gummibandeffekt, man kennt ihn seit jeher vom Prius. Über eine Schalterklaviatur kann der Fahrer zwischen dem elektrischen EV- und dem Hybridmodus hin- und herwechseln und mit Hilfe der drei Programme Eco, Normal und Power weiteres Feintuning betreiben. Im Batterielademodus versorgt der Verbrennungsmotor den Akku während der Fahrt mit neuem "Saft" - das wird beispielsweise dann relevant, wenn noch die Durchfahrt einer Umweltzone auf der Tagesplanung steht.
1,0 l Spritverbrauch pro 100 km
Bei milden Temperaturen im vorfrühlingshaften Spanien brachten wir es mit dem Prius Plug-in tatsächlich auf knapp 50 Kilometer elektrischer Reichweite, bevor der Akku aufgab. Als Normverbrauch gibt Toyota 1,0 l/100 km (22 g/km CO2) an, das ist aber erstens der sowieso realitätsferne NEFZ-Wert und zweitens sind da schon die elektrischen Kilometer mit eingerechnet. Unser Bordcomputer zeigte 3,4 l/100 km an.
Im April sollen die ersten Einheiten des Teilzeit-Stromers ausgeliefert werden. Mit Preisen ab 37.550 Euro kommt er 9400 Euro teurer als der einfachste Prius Hybrid. Trotz üppiger Ausstattung und trotz 3000 Euro abzugsfähiger Umweltprämie ist das eine ganze Stenge Geld. Auch angesichts diverser Defizite, was die Alltagstauglichkeit betrifft, sollten Käufer also eine gewisse Portion grünen Idealismus mitbringen. Vor diesem Hintergrund - und weil von Golf GTE bis Audi A3 e-tron längst schlagkräftige Konkurrenz bereitsteht - hat Toyota seine Erwartungen nicht allzu hoch in den Himmel gehängt: Deutschlandweit sollen 2017 noch 500 Exemplare des Prius Plug-in einen Käufer finden.
Toyota Prius in Kürze:
Wann er kommt: Die Auslieferung erfolgt ab April 2017
Wen er ins Visier nimmt: Plug-in-Hybride wie Audi A3 e-tron, VW Golf GTE oder die entsprechende Variante des Hyundai Ioniq
Was ihn antreibt: Ein 1,8-l-Verbrennungsmotor mit 98 PS und zwei Elektromotoren mit 92 PS. Die Systemleistung beträgt 122 PS.
Was er kostet: Ab 37.550 Euro
Was noch folgt: 2018 der bis zu siebensitzige Prius Plus.
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