Wie gefährlich sind die E-Scooter?
18.4.2021, 14:05 UhrIm Mai 2019 hat der Bundesrat den E-Scootern seinen Segen gegeben. Und seit rund eineinhalb Jahren surren und sausen die elektrischen Tretroller tatsächlich durch deutsche Lande – wobei sie vornehmlich städtischen Asphalt unter die kleinen Räder nehmen.
Die ganz große Aufregung der ersten Roller-Wochen hat sich inzwischen zwar beruhigt. Wirklich entspannt geht das Miteinander von E-Scootern und anderen Verkehrsteilnehmern aber immer noch nicht ab. Bei einer Forsa-Erhebung im Auftrag der Cosmos-Direkt-Versicherung haben 42 Prozent der befragten Autofahrer ihren Unmut über unvorsichtige beziehungsweise rücksichtslose E-Scooter-Fahrer geäußert. Vor allem aber sind es die Fußgänger, die Klage über rollernde Disziplinlosigkeiten führen.
Auch Todesopfer zu beklagen
Wie gefährlich sind die Tretroller aber wirklich? Im Jahr 2020 wurden E-Scooter-Unfälle zum ersten Mal gesondert erfasst, die entsprechenden Zahlen hat das Statistische Bundesamt jetzt veröffentlicht. Demnach sind bundesweit 2155 Unfälle mit Personenschaden polizeilich aufgenommen worden. Fünf Menschen kamen ums Leben, 386 wurden schwer, 1907 leicht verletzt.
So schlimm das ist: Letztlich hat sich die Lage nicht so dramatisch entwickelt, wie es zum Scooter-Start gemutmaßt worden ist. Deutschlandweit registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 264.000 Unfälle mit Personenschaden, in 0,8 Prozent der Fälle war ein E-Scooter beteiligt. Laut Luigi Ancona, Unfallforscher bei der Prüforganisation Dekra, ist das "ein geringer Anteil", der dafür spreche, "dass das von vielen befürchtete Chaos rund um E-Scooter verhindert werden konnte".
Kein Unfallgegner involviert
Tatsächlich handelt es sich bei den meisten Roller-Unglücken (43 Prozent) um sogenannte Alleinunfälle, in die kein anderer Verkehrsteilnehmer involviert gewesen ist. Bei rund einem Drittel aller Unfälle kam es zu einer Kollision mit einem Pkw, zu 18 Prozent geriet ein E-Scooter mit Fußgängern oder Radfahrern aneinander. "Das stützt die oft formulierte subjektive Wahrnehmung nicht, dass das eine besonders häufige Unfallkonstellation wäre", sagt Unfallforscher Ancona. Unbestritten sei freilich, "dass ein solches Zusammentreffen auch für die Unfallgegner ein hohes Verletzungsrisiko birgt".
Dass an 71 Prozent der Unfälle der E-Scooter-Fahrer respektive die E-Scooter-Fahrerin die Hauptschuld hatte, muss vor dem Hintergrund der erwähnt vielen Alleinunfälle betrachtet werden. War nämlich ein "Gegner" beteiligt, trug der Roller nur in der Hälfte aller Vokommnisse die Verantwortung.
Gefahrenquelle Alkohol
So sehr manches Vorurteil geradezurücken ist: Unschuldslämmchen auf zwei Rädern sind viele Scooter-Piloten und -Pilotinnen nicht. So fällt auf, dass bei Unfällen verhältnismäßig häufig Alkohol im Spiel ist – die entsprechende Quote liegt bei 18 Prozent. Zudem stellte die Polizei oft eine falsche Benutzung der Fahrbahn oder des Gehwegs als unfallursächlich fest (gut 16 Prozent). Nicht angepasste Geschwindigkeit wurde zu 8,5 Prozent registriert.
Regeln für Roller
Vor allem die ersten beiden Unfallursachen legen den Verdacht nahe, dass viele E-Scooter-Fahrer die für sie geltenden Verkehrsvorschriften nicht kennen oder zumindest großzügig auslegen. Dabei ist in Deutschland alles, was mit den elektrischen Tretrollern zu tun hat, akribisch reglementiert.
Das fängt schon damit an, dass nicht jeder E-Roller im öffentlichen Verkehrsraum bewegt werden darf. Dazu muss die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung erfüllt und eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) vorhanden sein. Der Scooter darf beispielsweise nicht schneller als 20 km/h fahren, vorgeschrieben sind unter anderem Beleuchtungseinrichtungen sowie zwei voneinander unabhängige Bremsen. Außerdem benötigt der Roller eine Versicherung. Dass Straßenzulassung und Versicherung vorliegen, dokumentiert wie beim Mofa und S-Pedelec ein Versicherungskennzeichen.
Auf dem Radweg bleiben
Zudem dürfen die elektrischen Tretroller keineswegs überall fahren. Letztlich gelten für sie ganz ähnliche Regeln wie fürs Fahrrad. Das heißt: E-Scootern ist auf dem Radweg, auf Radstreifen und auf Fahrradstraßen erlaubt. Nur wenn keine solche Einrichtung vorhanden ist, ist das Ausweichen auf die Fahrbahn gestattet.
Der Gehweg ist tabu
Tabu für Elektroroller sind Gehwege und Fußgängerzonen. Auch Einbahnstraßen dürfen nicht entgegen der Fahrtrichtung befahren werden – es sei denn, dies ist durch das Zusatzschild "Radfahrer frei" gestattet. Sonderrechte gewährt auch das neue Schild "Elektrokleinstfahrzeuge frei".
Promillegrenzen wie beim Pkw
Die Alkoholgrenze orientiert sich am Pkw: Maximal 0,5 Promille werden toleriert, bei Fahranfängern greift das 0-Promille-Limit.
E-Scooter-Piloten und -Pilotinnen müssen mindestens 14 Jahre alt sein. Einen Führerschein brauchen sie nicht, auch ein Helm ist nicht vorgeschrieben – wobei er sich auf die Unfallzahlen wohl nur positiv auswirken könnte.
Ulla Ellmer