Handball-Bundesliga

Eine Nummer zu groß: Kiel dominiert den HC Erlangen

Peter Schulze-Zachau

Sportredaktion

E-Mail zur Autorenseite

5.5.2021, 20:11 Uhr
Die Herkulesaufgabe war letztlich unlösbar: Patrick Wienceks Kieler landeten den erwarteten Auswärtserfolg beim HC Erlangen.

© Sportfoto Zink / Oliver Gold, Sportfoto Zink / OGo Die Herkulesaufgabe war letztlich unlösbar: Patrick Wienceks Kieler landeten den erwarteten Auswärtserfolg beim HC Erlangen.

Die Bank der Verletzten nimmt wieder unschöne Formen an. Das ist keine gute Nachricht für den HC Erlangen, war die Belegung der improvisierten Sitzgelegenheit direkt vor der Gegengerade, etwa auf Höhe der Mittellinie in der Nürnberger Arena, zuletzt doch auf ein einigermaßen erträgliches Maß zusammengeschrumpft. Am Mittwochabend saßen sie zu dritt dort, Klemen Ferlin gesellte sich zu Nikolai Link und Sime Ivic. Der verletzte Antonio Metzner schaute ab und an vorbei, suchte sich aber einen anderen Platz. Vier Stammspieler, die nur zusehen durften, bei einem Spiel, das unter normalen Umständen für sie alle das Spiel des Jahres gewesen wäre.

Der Meister war in der Stadt, mehr noch, der Champions-League-Champion. Die beste Handball-Mannschaft Deutschlands, Europas und weil es dieser Sport nie so wirklich über den großen Teich geschafft hat, vermutlich auch: die beste Handball-Mannschaft der Welt. Erst am Dienstag hatten sie quasi im Vorbeigehen einen weiteren Titel abgeräumt, genauer gesagt war es ihr Torhüter.

Landin ist gleich da!

Niklas Landin Jacobsen heißt der Mann, ist Olympiasieger, Doppelweltmeister, Europameister, amtierender Welthandballer und nun eben auch: Dänemarks Handballer des Jahres. 32 Jahre ist das Torwart-Phänomen Landin mittlerweile alt und ein gutes Beispiel für die Art der Charaktere, die sie beim THW Kiel ansammeln. Als seine Mannschaftskollegen am Mittwoch nach dem Aufwärmen bereits das Spiefeld geräumt hatten, da ließ sich Landin noch einmal so richtig triezen und ein paar Bälle auf sein Tor feuern.

Das erste Ausrufzeichen des Spiels gehörte dann auch dem besonders fleißigen Landin, den ersten Wurf von Steffen Fäth, der beim HC Erlangen im linken Rückraum den Vorzug vor Simon Jepsson erhielt, parierte der Däne mit einer akrobatischen Fußabwehr. Vielleicht hätten seine Teamkameraden sich auch noch etwas länger erwärmen sollen, denn sie trafen auf einen giftigen, beweglichen HCE, den Johannes Sellin nach knapp sechs Minuten erstmals in Führung warf. Keine zehn Minuten waren gespielt, da erhöhte Nico Büdel zum 6:3 und die Zuschauer an den Fernsehgeräten durften sich erstmals leicht verwundert die Augen reiben.

Der deutsche Meister wäre nicht der deutsche Meister, würde er sich in den ersten zehn Minuten abschütteln lassen: Angetrieben vom unermüdlichen Domagoj Duvnjak (sechs Treffer in der ersten Halbzeit) glichen die Kieler Mitte der ersten Halbzeit aus und drehten die Partie.

Zupackend, aber ungenau

Die Erlanger Defensive arbeitete in verschiedenen Deckungsvarianten zuverlässig zupackend, mit zunehmender Spielzeit ging dem HCE aber die Torgefahr ab. Die Kieler verstanden es, die Entscheidungsspieler der Hausherren so unter Druck zu setzen, dass ihnen mit Ball in der Hand wenig Raum und Zeit blieb. Die Zuspiele wurden ungenau, jedes Tor war ein Kraftakt. 12:16 hieß es zur Pause aus Sicht des HC Erlangen.

Mit zwei schnellen Treffern nach dem Seitenwechsel gab der THW früh die Richtung für die zweite Halbzeit vor: Die Gäste kamen ins Rollen, unaufhaltsam, und legten von der Bank sogar noch nach. Nationalspieler Ruhne Dahmke durfte auf Linksaußen ran, im Rückraum bekam Duvnjak eine Pause. Auch Pavel Horak, in Erlangen einst Abwehrchef, durfte ran. Es war nun ein deutlicher Unterschied zu erkennen zwischen dem Rekordmeister und dem Tabellenzwölften, der sich keineswegs hängen ließ, aber an die Entschlossenheit und Durchsetzungskraft aus der ersten Hälfte nicht mehr anknüpfen konnte.

Ökonomisches Finale

Heimtrainer Michael Haaß tauschte ebenfalls kräftig Personal, wissend, dass seine Mannschaft angesichts von noch sieben Spielen nur im Monat Mai gut mit ihren Kräften haushalten muss. Im Tor durfte Janis Boieck den ein oder anderen Wurf eines Kielers entschärfen und sich Selbstvertrauen holen. Trotz einer am Ende verdienten 25:31-Niederlage.

Erlangen: Ziemer, Boieck; Sellin 6/4, Jaeger 2, Overby 1, Marschall, Fäth 2, Kellner, Firnhaber 2, Büdel 4, Bissel 1, Mosindi 3, Schäffer 1, von Gruchalla, Jeppsson 3, Olsson.

Keine Kommentare