Das Desaster mit dem Master in Psychologie

6.12.2013, 10:00 Uhr
Das Desaster mit dem Master in Psychologie

© LAK Bayern

Simone Paul ist 24, hat einen Bachelor in der Tasche — Note 2,3 — und ist arbeitslos. „Eigentlich ist meine Note nicht wahnsinnig schlecht“, sagt sie. Trotzdem hat es mit einem Masterplatz nicht geklappt. Simone hat sich nicht nur an ihrer Heimatuni in Erlangen beworben, sondern auch in Regensburg, Bamberg, Würzburg und Ingolstadt. Vergeblich. Der Postbote hatte nichts als Absagen für sie im Gepäck.

Die Krux dabei: Wer eine psychotherapeutische Ausbildung oder einen Arbeitsplatz in der psychiatrischen Klinik anstrebt, der kommt um den Master nicht herum. Damit ist auch Simones Traum, Psychotherapeutin zu werden, geplatzt.

Weil Simone kein Einzelfall ist, haben Erlanger Studenten nun eine Onlinepetition gestartet. Ihre Forderung richtet sich ans Kultusministerium und lautet: „Der Bachelor im Fach Psychologie ist kein vollwertiger Studienabschluss. Ermöglichen Sie eine Masterplatzgarantie für alle BachelorabsolventInnen und damit deren berufliche Zukunft!“

Studenten unter Druck

Mareike Lutz, die die Petition mit ins Leben gerufen hat, studiert im fünften Semester Psychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Der Druck ist groß, findet sie. „Wir haben eine Riesenkonkurrenz, jeder will den Master machen“, klagt Mareike. Doch angesichts des gigantischen Bewerberansturms scheint die Zukunft für viele ungewiss.

In ganz Bayern gehen daher seit einigen Wochen Studenten auf die Barrikaden. In Würzburg demonstrierten sie für „Mehr Master für alle“. In Bamberg backten sie „Masterplätzchen“ und in Regensburg verteilten sie Flyer. „Es gibt viel zu wenig Masterplätze“, steht für Anja Zürn, Sprecherin der bayerischen Studentenvertretung, fest. Und es wird nicht besser, fürchtet sie. Denn: „Demnächst wird der doppelte Abi-Jahrgang mit dem Bachelor fertig.“ Wo dieser Jahrgang dann unterkommen soll, bleibt für Zürn ein großes Fragezeichen.

Darüber kann Wolfgang Henning, der die Abteilung „Lehre und Studium“ an der FAU leitet, nur den Kopf schütteln. Dass die Masterplätze an der Zahl viel zu knapp bemessen sind, ist in seinen Augen „völliger Quatsch“. Denn quantitativ seien die Studiengänge nicht beschränkt, lediglich qualitativ. „Und wenn jemand eine schlechtere Note als 3,0 hat, muss man ohnehin hinterfragen, ob er für einen Master geeignet ist“, meint er.

Außerdem sei der Bachelor in vielen Fächern durchaus ein Abschluss, den Arbeitgeber anerkennen. Etwa in der Wirtschaft, wo Jahr für Jahr unzählige BWL-Absolventen mit Bachelor demnach einen Job finden.

Guter Abschluss ist gefragt

In der Psychologie ist die Schlüsselnote etwas anspruchsvoller: Wer mindestens eine 2,5 im Bachelor hat, bekommt auch einen Masterplatz, versichert Henning. In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Die Zahl 800 Bewerber auf 74 Plätze, relativiert der Wissenschaftler. Von den 800 Bewerben hätten lediglich 300 dann auch tatsächlich ihr Bachelor-Zeugnis nachgereicht. 200 davon erfüllten die erforderlichen Qualifikationen, 74 haben einen Platz bekommen.

Ein Umstand, der die Studenten schon im Bachelor unter Druck setzt. „Von uns geht niemand mehr ins Ausland“, sagt Anna Mayer von der Fachschaft Psychologie an der FAU. „Alle wollen schnell einen guten Abschluss machen.“ Denn Aussichten auf einen Master sind alles andere als rosig.

„Es weiß auch keiner, was wirklich Sache ist“, berichtet Anna. Mit welcher Note man nun einen Masterplatz bekommt, darüber werden die Studenten im Unklaren gelassen. Auch das Bewerben an anderen Unis ist nicht ganz unproblematisch: „Viele verlangen bestimmte Kurse, die wir an der FAU wieder nicht haben“, ärgert sichAnna. Der einheitliche Bachelor würde damit ins Absurde geführt.

Alexander Manevich, im fünften Semester, sieht sich jetzt schon nach Alternativen um. „Eine bessere Note als 2,3 werde ich nicht schaffen.“ Denn er arbeitet neben dem Studium 20 bis 30 Stunden als Sozialpädagoge und pflegt seine Mutter — da bleibt zum Lernen nur spätabends oder am Wochenende Zeit. Er wünscht sich: „Mehr Planungssicherheit“. Denn hätte er gewusst, dass nur die besten einen Platz bekommen, hätte er das Zweitstudium gleich sein lassen.

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