Als die Schule noch Luxus war
05.01.2011, 13:11 Uhr
Einer seiner Nachfahren, der Heimatforscher Fritz Fink, hat sich auf die Spuren dieser besonderen Familiengeschichte gemacht. Was dabei entstand, ist weit mehr als eine Ahnengalerie, wie sie früher vornehmlich Adelshäuser und das Großbürgertum pflegten. Im Schicksal der Generationen spiegelt sich vielmehr auch die Historie des Ortes, dem 1376 noch vor Erlangen die Stadtrechte verliehen worden waren.
Die Grundlage für Fritz Finks Recherche bildete eine Dokumentation über Eschenauer Gebäude und Familien, die der Major Friedrich Gräf 1913 vollendete. Immer wieder fuhr der Heimatforscher ins Nürnberger Staatsarchiv, um die von Hand in Sütterlin notierten Seiten abzuschreiben. Als ihm das schließlich zu bunt wurde, ließ er den Rest für etwa 180 Euro abscannen und übertrug das Gesamtwerk in arabische Schrift.
Zusammen mit Rainer Kutscha, der Fotografien beisteuert, arbeitet Fritz Fink zurzeit auf Basis von Gräfs Band an einer ausführlichen Häuser- und Familienchronik von Eschenau.
Woher sich der Name Fink ableitet, ist nicht hundertprozentig geklärt. Bekannt sind auch Schreibweisen mit „V“ am Anfang und „ck“ oder „e“ am Ende, sogar „Fyncke“ taucht auf – lange bevor sich Konrad Duden um eine einheitliche Rechtschreibung in Deutschland bemühte. Im Mittelhochdeutschen steht „vinke“ für eine fröhlichen, sangesfrohen und umgänglichen Menschen, gelegentlich für einen „losen Gesellen“, manchmal auch für einen Vogelfänger.
Ursprünglich stammt die Familie Fink aus Oberkrumbach aus Hersbruck. Von dort wanderten Nachkommen unter anderem nach Ebach, Neunhof, Kirchröttenbach, Beerbach, Brand und Herpersdorf ab. 1611 heiratete Hans Fink aus Kirchröttenbach die 25 Jahre alte Tochter des Bauern Fritz Adelheider und gründete eine Bäckerei an der Eschenauer Hauptstraße. 1612 und 1615 kamen die Söhne Georg und Görg auf die Welt.
Viele Häuser in Flammen
Wie sehr die politischen Ereignisse das Schicksal des Einzelnen beeinträchtigen können, zeigte sich wenig später. Österreichische Truppen brannten damals große Teile von Eschenau nieder und plünderten die Bevölkerung. Dass ausgerechnet Österreicher den Ort verwüsteten, erzürnte das Patriziergeschlecht der Muffel, die damals Eschenau verwalteten. Eigentlich wäre Österreich nämlich zum Schutz der Gemeinde verpflichtet gewesen.
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Viele Eschenauer flüchteten in jener Zeit nach Nürnberg, darunter auch der Pfarrer Jakob Windhesel, so dass Eschenau mehrere Jahre lang ohne Pfarrer war. Zahlreiche Bewohner starben an Hunger und Seuchen wie Pest oder Cholera.
Auch der Betrieb des „Beckenhans“ brannte nieder, so dass sich die Finks in den folgenden Jahrhunderten als besitzlose Tagelöhner durchschlagen mussten. Die meisten Familien litten nämlich unter einem Teufelskreis. Die Eltern hatten kein Geld, ihren Kindern die Schule zu finanzieren. Wer nicht schreiben, lesen und rechnen konnte, besaß wiederum keine Chancen auf eine berufliche Weiterentwicklung und verdiente nur wenig.
Das Schulwesen war nicht annähernd mit dem heutigen vergleichbar. In Brand und Igensdorf unterrichten Handwerker die Kinder, in Forth der Viehhirte, der gleichzeitig Bürgermeister war.
Eine Besonderheit stellten zu dieser Zeit die Strohkranz-Trauungen dar. Wurde eine Frau bereits vor der Hochzeit schwanger, gab es zunächst mehrfach „gebührende Verweise“ und eine „Schandpredigt“ durch den Pfarrer – an einem Nebenaltar, der Hauptaltar war in solchen Fällen tabu. Als Zeichen ihres unsittlichen Verhaltens mussten die Eheleute Strohkränze tragen.
Eine Anna Forster bekam 1678 auf dem Weg zur Bartholomäuskirche die Wehen. Deshalb wurde die Hochzeit flugs in einem benachbarten Wirtshaus durchgeführt. Während der Trauung saß die Braut im Geburtsstuhl und erhielt vom Pfarrer eine weitere Standpauke.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts stiegen die Finks wieder zu Handwerkern auf. Von den Muffel hatten sie 1750 das Torhäusle der Eschenauer Veste erstanden.
Der Vater von Fritz Fink und sein Urgroßvater arbeiteten als Maurer. Er selbst brachte es dann bis zum Bauunternehmer und erwarb sich bei der Autobahndirektion in Nürnberg einen sehr guten Ruf als Errichter von technisch anspruchsvollen Brücken und Raststätten.
Bekannte Nachfahren
Aus der Nebenlinie „Fink II“ ging unter anderem Günther Fink, der frühere 2. Bürgermeister und Chef der Eschenauer Raiffeisenbank, hervor. Der Oberwachtmeister Friedrich Fink, der sich 1923 beim Hitlerputsch in München den Nazis entgegenstellte und höchstwahrscheinlich von dem späteren Gauleiter Julius Streicher erschossen wurde, entstammt ebenfalls dieser Linie. Auch der „Boders Franz“, der bekannte Eschenauer Heimatdichter Franz Fink, ist ein Nachfahre der Oberkrumbacher Familie.
Dass die Finks wirklich sangesfroh sind, zeigte sich auch bei Fritz Fink: Über 40 Jahre war er aktives Mitglied bei verschiedenen Gesangvereinen und 24 Jahre lang beim Kirchenchor.
Der Chorleiter der Liedertafel, Sebastian Dasch, erkannte sein Talent und entwickelte Finks Tenorstimme weiter, bis er schließlich mit ihm im weiten Umkreis Konzerte vor großem Publikum veranstaltete. Nomen est omen: Das stimmt nicht nur bei dem mittlerweile 80-Jährigen, denn auch sein Vater und Großvater waren schon begeisterte Sänger.