Aus neu mach alt: nachgebaute Antiquitäten
15.03.2007, 00:00 Uhr
Daneben haben sich einige Hersteller auf den Nachbau von Antiquitäten spezialisiert: Bei ihnen finden sich Schränke im Stil des französischen Königs Louis XVI. genauso wie üppige Barockformen - auf Wunsch mit einem speziellen Lack verziert, der durch seine Risse ein Möbel alt aussehen lässt.
Was als Antiquität bezeichnet wird, ist unterschiedlich definiert. Als Faustregel gilt: Antik oder Antiquität darf nur genannt werden, was mindestens hundert Jahre alt ist. Deshalb waren, streng genommen, in den achtziger Jahren Jugendstil-Möbel noch keine Antiquitäten - obwohl sie bei jeder entsprechenden Messe gern gezeigt wurden.
In Antiquitätenläden stammen die ältesten Stücke aus der Barockzeit. Aus der Renaissance gibt es kaum noch etwas. Sammler haben ihre Freude daran, durch die Läden zu bummeln und Stunden lang nach bestimmten Stücken zu stöbern. Wem das zu aufwändig ist oder wer nur ein außergewöhnliches Einzelstück für die Wohnung sucht - ohne den Anspruch auf Echtheit -, der ist bei den Stilmöbelherstellern richtig. Dort finden sich ganze Kollektionen im Stil der französischen Könige.
«Stilmöbel sind Reproduktionsmöbel, die an lang zurückliegende Zeiten erinnern, an den Barock oder den Klassizismus», erklärt Ursula Geismann vom Verband der Möbelindustrie. Dabei handele es sich meist um einen Stilmix. «Es gibt in jeder Epoche klassische Grundformen. Die werden aber miteinander kombiniert.» Bei Stilmöbeln seien vor allem die italienischen Hersteller stark vertreten.
«Hell mit Gebrauchsspuren»
So finden sich beim Hersteller Selva aus Bozen in Südtirol gleich zwei Serien, die den Stil König Louis XVI. aufgreifen: Die Kollektionen «Bernini» und «Villa Borghese». Letztere schließt auch den deutschen und französischen Klassizismus mit ein. Die Kollektion «Louis Philippe» orientiert sich dagegen am Stil des gleichnamigen französischen Königs. Schreibtische, Betten und Sessel gibt es unter anderem in «nussbaumfarbig antik dunkel» oder «kirschbaumfarbig antikisiert hell mit Gebrauchsspuren».
«Sehr viel an den Möbeln ist Handwerksarbeit. Die Intarsien zum Beispiel werden per Hand eingelegt», erklärt Evi Leitner von Selva.
Gekauft würden die Möbel von Klassikliebhabern und Leuten, die einen Hingucker suchen. «Die haben zum Teil sehr moderne Einrichtungen und stellen ein Stilmöbel dazu.» Die Möbel von «Cygal Art Deco» sind, wie der Name schon verrät, dem Stil der zwanziger Jahre nachempfunden, dem Art déco. Alle Möbel des Herstellers aus Kuppenheim (Baden-Württemberg) entstammen der Epoche zwischen 1919 und 1938. Zu finden sind ausladende Sessel und kantige Formen, gearbeitet in dunklem Holz. «Die von uns hergestellten Objekte werden getreu den alten Methoden in Handarbeit gefertigt», heißt es bei Cygal.
Als «klassisch-luxuriöse Individualisten» bezeichnet Finkeldei aus Nieheim (Baden-Württemberg) seine Polstermöbel. Einige Einzelstücke lassen sich einer bestimmten Epoche zuordnen. Der Sessel «Lafayette» beispielsweise ist der Zeit Louis XIV. nachempfunden. Andere Möbel, etwa die Récamiere «Luxor», verbinden verschiedene Epochen. Und beim Sessel «Royal» wurden klassische Formen neu interpretiert. Der Hersteller spricht hier von «Neo-Barock».
Wer sich in das Barock-Sofa aus dem Museumskatalog verliebt hat oder Urgroßmutters Sofa sucht, der ist bei CK Homedesign richtig. Die Firma aus Erlensee (Baden-Württemberg) baut auf Anfrage Antiquitäten nach.
«Sie können uns einfach ein Bild bringen und wir nehmen das als Vorlage», sagt Stefan Kinzel von CK Homedesign. Die Möbel seien handgearbeitet, zum Teil mit traditionellen Arbeitstechniken. Doch nicht immer muss ein Original-Möbelstück die Vorlage sein: «Sie können sich auch Fantasie-Möbelstücke bauen lassen.» Zum Beispiel Hobbit-Möbel aus dem «Herrn der Ringe». Und wer keine eigene Idee mitbringt, hat die Wahl zwischen vorgefertigten Modellen.
An den üppigen Formen des Barocks orientiert sich Kare: Die Firma aus Garching bei München setzt aber weniger auf originale Nacharbeiten, vielmehr werden die alten Formen modern umgesetzt. Zur Serie «Fusion» gehören ein prunkvoller schwarzer Sessel (zu sehen im Bild oben links), außerdem reich verzierte Tische und ein niedriger Hocker mit Samtbezug.
«Wir suchen den Stilmix», sagt Kare-Sprecherin Jaqueline Wand. Sehr genau nimmt die Firma es dabei nicht mit den Vorlagen. Der Sessel «Black Mink» etwa ist aus schwarz lackiertem Holz mit Kunstfell gearbeitet. Kare spricht von einem «extravaganten Barock-Design». Carina Frey, dpa
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