Bäche erlebbar machen

28.7.2011, 15:24 Uhr
Bäche erlebbar machen

© Rüsing

Der Veranstaltungsort war mit dem Zeidlerschloss gut gewählt. Das Feuchter Wahrzeichen ist nicht nur frisch renoviert, sondern war früher vom Kartäuserweiher umgeben, wie 1. Bürgermeister Konrad Rupprecht zu Beginn informierte. Er wies auf den Drei-Schlösser-Rundweg hin, der zuletzt mit Mobile Tagging ergänzt wurde. Über die Stelen an den Stationen des Spaziergangs kann man sich per Handy weitere Informationen beschaffen – nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Fränkisch und in mehreren Fremdsprachen. Der Rathauschef lud die Gäste ein, die Zeidlergemeinde bei einem Besuch genauer kennen zu lernen. Seit 2001 läuft in Feucht die Renaturierung des Gauchsbaches. Die aktuellen Arbeiten im Bereich hinter dem Reichswaldplatz lieferten ideales Anschauungsmaterial für den Informationstag.

Gernot Deinzer, Nachbarschaftsberater des Wasserwirtschaftsamtes, referierte zunächst über Unterhaltsmaßnahmen an kleinen Gewässern innerorts. Dienten sie früher dazu, Löschwasser zu liefern, „holt man sie heute vom Hinterhof in den Vorgarten“, stellte der Organisator der Veranstaltung fest. Die Bäche sollen wieder zugänglich gemacht werden und für die Bevölkerung einen Erholungs- und Erlebniswert haben.

Bäche erlebbar machen

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Er ging auch auf die regelmäßig erforderliche Pflege ein, die auch dazu dient, Überschwemmungsgefahren zu mindern. „Hochwasser an kleinen Gewässern haben meist kurze Vorwarnzeiten und können große Schäden verursachen. Der Klimawandel mit häufigerem und intensiverem Starkregen wird die Situation weiter verschärfen“, machte Deinzer bewusst. Er empfahl, an kritischen Stellen die Unterhaltsarbeiten zu dokumentieren, um eventuelle Haftungsansprüche abwehren zu können.

Grundsätzlich gilt: Gewässer sind öffentliches Gut – auch wenn sie auf Privatgrund verlaufen. Dies sorgt allerdings immer wieder für Diskussionen. Christine Brahm von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Nürnberger Land befürwortet es deshalb, wenn, wie derzeit in Feucht, der Bach von privaten Grundstücken wegverlegt wird. „So kann man freier gestalten.“

Vielerorts pflegen Anlieger „ihr“ Gewässer, weiß Deinzer. Nachteilige Nutzungen wie Ablagerungen im Uferbereich oder abflusshemmende Einfriedungen können die Hochwasserfolgen allerdings verschärfen und den Bach ökologisch schädigen. Der Nachbarschaftsberater zeigte dazu einige Beispiele.

„Unterhalt innerorts beschränkt sich nicht auf Mähen, Krauten, Räumen und Freischneiden. Sie muss zielgerichtet die ökologischen Funktionen sicherstellen und stärken“, erklärte er. Wo es möglich ist, solle den Gewässern mehr Raum zur Verfügung gestellt werden. Er riet dazu Verrohrungen rückzubauen, Ufer naturnah zu gestalten und standortgerechte Gehölze zu pflanzen. Um die Aufenthaltsqualität zu steigern, sei Ideenreichtum nötig. Und den hat man in Feucht bewiesen.

Impuls für die Umgestaltung der Gauchsbachtalaue war der Wunsch nach einer direkten Verbindung zwischen Reichswaldplatz und südlicher Hauptstraße.  Der so genannte Gehweg Rundlauf wird als Steg mit einer Steigung von vier Prozent gebaut und ist barrierefrei, wie Bauamtsleiterin Annette Nürnberger informierte. Er wird auf Stelzen errichtet, um bei Hochwasser darunter einen Rückstauraum zu haben, ergänzte Christine Brahm.

So entsteht eine wichtige Anbindung nicht nur zu den Geschäften in der südlichen Hauptstraße, sondern auch zum Alten Friedhof und den altengerechten Wohnungen, erklärte Projektleiter Torsten Zwalla vom Bauamt. Auch um die Konfliktsituation Gauchsbach und angrenzende Gartennutzung zu entschärfen, wurde der Bachlauf verlegt. Das Gewässer schlängelt sich nun durch die Talaue, sein neues Bett wird verbreitert, das alte verfüllt. Das Ufer wird in ingenieurbiologischer Bauweise befestigt.

Wo Platz ist, wird es naturnah gestaltet. Offene und beschattete Bereiche wechseln sich ab, die Fließgeschwindigkeit variiert, informierte Bernd Baudler vom zuständigen Büro Grosser-Seeger aus Nürnberg. Zudem entsteht ein Wassererlebnisbereich mit Spielmöglichkeiten. Unter anderem gibt es künftig einen Barfuß-Pfad, eine Idee aus einem Arbeitskreis des Ortsmarketingbeirats, sowie ein Steinlabyrinth. Entworfen und gebaut wurde es von Feuchter Hauptschülern und ihren Lehrerinnen mit Unterstützung von Bauhof und Verwaltung. „Dabei sind Talente zutage gekommen, die man sonst im Schulalltag nie gesehen hätte“, schwärmt Torsten Zwalla von dieser Aktion. Insgesamt stoße dieses Projekt auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung.

Viele Interessen unter einem Hut

Einfach auf die Beine zu stellen, war die gesamte Maßnahme aber nicht. Viele unterschiedliche Interessen mussten unter einen Hut gebracht werden. Frühzeitig stimmte man die Planung im Ortsmarketingbeirat, den gemeindlichen Gremien und mit den Fachbehörden ab. Rund 335.000 Euro kostet das gesamte Projekt. Zuschüsse haben vor allem die Regierung von Mittelfranken im Rahmen der Städtebauförderung sowie das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg und einzelne Spender zugesagt.

Vormittags hatte Christine Brahm über den Schutzmaßnahmen für Amphibien referiert. Trotz Intensivierung der Landwirtschaft sollten natürliche Lebensräume erhalten werden. Sie plädierte für die Schaffung von Kleingewässern ohne Fischbesatz. Rückzugsstrukturen wie Totholz oder Steinhaufen sollten bewahrt bzw. neu angelegt werden.Außerdem ging sie auf Furten, natürliche Untiefen in einem Fließgewässern, ein. Sie dienen als Laichplätze für Fischarten wie Forellen und werden durch strömungsliebende wirbellose Tiere besiedelt. Werden Furten bei Renaturierungsmaßnahmen neu angelegt, sei die Geomorphologie des Gewässers, also die Formen seiner Erdoberflächen, zwingend zu beachten, betonte Brahm.

Nach der Exkursion durch die Gauchsbachtalaue hatten die rund 20 Teilnehmer des Gewässer-Nachbarschaftstages noch die Gelegenheit, das sonst nicht zugängliche Gewölbe des Brückkanals zu besichtigen. MARTINA RÜSING

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