Folge von Magdeburg-Anschlag
Auch in Nürnberg: Sicherheit bei Faschingsumzügen wird weiter hochgefahren
08.02.2025, 09:40 UhrNach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg steht nun auch in Bayern die Sicherheit bei den bevorstehenden Faschingsumzügen auf dem Prüfstand. In einigen Städten kommen bei dem Narrentreiben mit teils mehreren zehntausend Teilnehmern noch strengere Vorgaben auf die Tagesordnung als bislang, insbesondere um Attentate mit Fahrzeugen zu verhindern. Dies stellt einige Veranstalter vor Probleme. Andere Kommunen haben den närrischen Umzug abgesagt.
Teilweise bleiben die Sicherheitsbestimmungen aber auch auf dem bisherigen Niveau, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. In Magdeburg hatte im Dezember ein Mann aus Saudi-Arabien mit einem Auto auf dem Weihnachtsmarkt sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt.
In Kempten hat das Thema Sicherheit jedenfalls weitreichende Folgen. Die Faschingsgilde Rottach 97‘ hat den am 1. März geplanten Gaudiwurm abgesagt. Man habe als Veranstalter die Auflage bekommen, Zufahrten zur Umzugsstrecke mit Betonquadern zu schützen, berichtet der Faschingsverein auf Facebook. Das sei organisatorisch und finanziell nicht leistbar. "Eine Verdoppelung der Umzugskosten auf fast 50.000 Euro ohne jedwede Refinanzierungsmöglichkeit wäre im Raum gestanden."
Stadt verteidigt strengere Sicherheitsvorschriften
Die Faschingsgilde bemerkt resigniert, dass der Terrorismus damit sein Ziel erreicht habe, nichtkommerzielle Veranstaltungen unmöglich zu machen. Die Kemptener Stadtverwaltung macht klar, dass sie sich wegen der Vorschriften nicht den schwarzen Peter zuschieben lassen will: Der Veranstalter müsse bei Großveranstaltungen Sicherheitskonzepte entwickeln.
"Es gelten in Kempten die gleichen Vorgaben und Sicherheitsmaßnahmen wie in allen umliegenden Kommunen", teilt die Stadt mit. "Ein Umzug ohne ausreichende Sicherheitsmaßnahmen wäre unverantwortlich und mit der aktuellen Sicherheitslage nicht zu vereinbaren."
Nürnberger Narren schaffen Auflagen "gerade noch so"
Auch in Nürnberg wurden nun noch einmal Maßnahmen zusätzlich zu den bisherigen Sicherheitsbestimmungen ergriffen. Details will Elvira Reuther vom Förderverein Nürnberger Fastnachtszug nicht nennen, "um nicht unserem Gegenüber in die Hände zu spielen". Sie macht aber klar, dass der Verein dadurch trotz der Unterstützung durch die Stadt finanziell stark belastet sei. "Dieses Jahr werden wir es gerade noch so schaffen", sagt Reuther. "Ob das nächstes Jahr für uns nochmals finanzierbar ist, ist fraglich."
Beim traditionellen Chinesenfasching im oberpfälzischen Altmühl-Städtchen Dietfurt gibt es heuer ebenfalls erweiterte Maßnahmen. Dabei gehe es um mobile Zufahrtssperren, erläutert der städtische Tourismuschef Thomas Himmler. Bauunternehmen sollen dafür bei dem Zug am "Unsinnigen Donnerstag" (27. Februar) schwere Fahrzeuge wie Betonmischer oder andere Lkw samt Personal zur Verfügung stellen.
Die genauen Mehrkosten sind laut Himmler bisher nicht klar. "Wir halten so lange es geht an unserem Fasching fest", betont er aber. Das überregional bekannte, fernöstlich anmutende Narrentreiben mit dem Faschingsgruß "Kille Wau" geht auf die Legende zurück, dass die Dietfurter einst einen Steuereintreiber nicht in die Stadt gelassen und sich stattdessen "wie die Chinesen" hinter ihrer Mauer verschanzt haben sollen.
Stadtmarketing-Experte hält "Feste-Sterben" für möglich
In Bamberg gebe es bislang keine weitere Verschärfung der Auflagen, sagt Klaus Stieringer, Geschäftsführer vom Stadtmarketing-Verein, der in der oberfränkischen Welterbe-Stadt auch andere Großveranstaltungen organisiert. Laut Stieringer wird es für Veranstalter aber generell schwieriger, zusätzliche Vorgaben zu erfüllen und die Kosten zu tragen. Auch das Haftungsrisiko steige.
Er hält es für möglich, dass es daher irgendwann zu "einem großen Feste-Sterben" kommt. Auch die Strategie, mit zusätzlichen Einsatzkräften Besuchern eine mögliche Angst zu nehmen, hält Stieringer für fraglich. "Bewaffnete Polizisten sorgen nicht für ein Gefühl der Sicherheit", merkt er an.
Münchner Narren setzen auf die Freiwillige Feuerwehr
In Landshut braucht der Faschingsverein schärfere Sicherheitsvorgaben nicht selbst zu zahlen. Denn der Verein organisiere den Umzug im Auftrag der Stadt, sagt Horst Heppenheimer vom Lustigen Faschingsstammtisch Weiß-Blau. Insofern finanziere die Kommune die Maßnahmen. "Das wird die Stadt eine Stange Geld kosten, aber man muss die Besucher auch beschützen", sagt er.
Die Faschingsgesellschaft Feringa setzt bei ihrem Gaudiwurm in München-Bogenhausen auf die Kooperation mit der Feuerwehr. Die Brandschützer kämen seit Jahren mit ihren Einsatzfahrzeugen an die kritischen Stellen und sperrten dort ab, sagt der Vorsitzende Frank Grauel. Die Auflagen seien bislang in diesem Jahr wie vorher.
Ausfallen wird der Fastnachtszug auch in Aschaffenburg. Dort haben sich die Veranstalter und die Stadt darauf verständigt, ein närrisches Treiben aus Rücksicht auf die Angehörigen der Opfer der tödlichen Messerattacke in einem Aschaffenburger Park zu unterlassen. Am 22. Januar hatte im Park Schöntal ein mutmaßlich psychisch kranker Flüchtling aus Afghanistan auf Kinder und Passanten eingestochen. Ein zweijähriger Junge und ein 41 Jahre alter Mann starben, drei Menschen wurden schwer verletzt.