Tag der Muttersprache

Mit Künstlicher Intelligenz gegen sprachliches Einerlei

16.02.2025, 05:17 Uhr
Niklas Hilber ist seit November 2024 Vorsitzender des Bundes Bairische Sprache.

© Lennart Preiss/dpa Niklas Hilber ist seit November 2024 Vorsitzender des Bundes Bairische Sprache.

Bei der Dialektförderung will der Bund Bairische Sprache künftig auch auf Künstliche Intelligenz setzen. KI könnte genutzt werden, um Audiomedien in bairischer, fränkischer oder schwäbischer Aussprache zu erstellen, sagte Vorsitzender Niklas Hilber der Deutschen Presse-Agentur vor dem Tag der Muttersprache (21. Februar). Die Hörtexte sollten sich inhaltlich insbesondere an Kinder richten, die auf diese Weise Mundart lernen.

Das Thema sieht Hilber beim Heimatministerium angesiedelt, das ihm zufolge hier aktiv werden sollte. Seiner Ansicht nach könnte für wenig Geld ein Sofortprogramm auf den Weg gebracht werden, mit dem ein KI-Programm erstellt oder ein vielleicht bereits bestehendes angepasst werden könnte.

Das Programm müsste mit Varianten der Süddeutschen Hochsprache gespeist werden, sodass Hörer daraus Texte generieren und vorlesen lassen könnten. Die Texte würden dann zum Download bereitgestellt - für Eltern, Kindergärten oder Grundschulen.

Einfluss der Medien auf Sprache

"Kinder im Kindergarten und im Grundschulalter rezipieren Hörspiele und Zeichentrickfilme, die fast immer in norddeutsch geprägter Sprache gehalten sind. Diese Medien haben massiven Einfluss auf den Spracherwerbsprozess", sagte Hilber, der Lehrer ist. 

Bei dem Projekt legt er Wert auf die Unterscheidung zwischen Süddeutscher Hochsprache und Dialekt. Ersteres bedeute, dass etwa "Bub" statt "Junge" gesagt werde. Ein Beispiel für Dialekt wäre "Minga" statt "München". 

Der Bairische Dialekt variiere von Region zu Region, von Ort zu Ort teilweise stark, sagte Hilber. Deswegen hält er es für sinnvoll, in einem ersten Schritt Texte in Süddeutscher Hochsprache zu erstellen.

Würden beispielsweise Eltern aus Mittenwald für ihre Kinder Hörtexte in ihrem lokalen Dialekt nutzen wollen, müssten gute, örtliche Sprecher gewonnen werden, die dann das vom Freistaat bereitgestellte KI-Programm nutzen dürfen müssten. "Etwa 100 qualitativ hochwertige Audiostunden wären dabei nach Einschätzung von Fachleuten für eigene KI-Programme notwendig."

Für sprachkulturelle Vielfalt

Den Dialekt schützen und fördern bedeutet für Hilber nicht, in der Vergangenheit stehenzubleiben oder einen aktuellen Sprachstand zu konservieren. "Das wäre naiv." Vielmehr gehe es darum, die sprachkulturelle Vielfalt zu fördern und dafür eben den technologischen Fortschritt zu nutzen. Er misst dem Projekt "zentrale Wichtigkeit" bei, denn: "Es ist langfristig wahrscheinlich die letzte Möglichkeit, uns davor zu bewahren, dass es in Zukunft ein graues, langweiliges Einheitsdeutsch gibt ohne regionale Vielfalt."

Als neuer Vorsitzender will Hilber das muttersprachliche Selbstbewusstsein der Sprecher der Süddeutschen Hochsprache und der bairischen Dialekte stärken. In den vergangenen 20 Jahren sei schon viel erreicht worden, gerade auch in Schulen. Da sei eine Statuserhöhung des Sozialprestiges des Bairischen erkennbar. Auf der anderen Seite stehe die jüngere Generation unter einem sehr massiven - sprachlich norddeutsch geprägten - Medieneinfluss.

Niklas Hilber lebt in Weilheim sowie in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. Im November wurde er zum Vorsitzenden des Bundes Bairische Sprache gewählt. Er übernahm das Amt von seinem umtriebigen Vorgänger Sepp Obermeier, auf dessen Initiative hin jährlich der Dialektpreis "Bairische Sprachwurzel" verliehen wird.

Für den Dialektförderer geht es um den Erhalt sprachkultureller Vielfalt.

Für den Dialektförderer geht es um den Erhalt sprachkultureller Vielfalt. © Lennart Preiss/dpa

Kindheit und Jugendalter seien für das Erlernen von Regionalsprache und Dialekt besonders wichtig, so Niklas Hilber.

Kindheit und Jugendalter seien für das Erlernen von Regionalsprache und Dialekt besonders wichtig, so Niklas Hilber. © Lennart Preiss/dpa

Künstliche Intelligenz könnte für das Erstellen von Audiotexten für Kinder genutzt werden, sagt der Fachmann.

Künstliche Intelligenz könnte für das Erstellen von Audiotexten für Kinder genutzt werden, sagt der Fachmann. © Lennart Preiss/dpa