Pessimismus wird chronisch
Wirtschaft sieht schwerste Krise seit 1949
05.02.2025, 13:27 UhrDie deutsche Wirtschaft ist nach Einschätzung der bayerischen Industrie- und Handelskammern in der schwersten Krise der Nachkriegszeit gefangen. "Die Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts, das wird das wirtschaftlich schlechteste Jahrzehnt seit Gründung der Bundesrepublik", prophezeite Manfred Gößl, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts sei die heimische Wirtschaft insgesamt nur um 0,1 Prozent gewachsen, ein Ende der Stagnation nicht in Sicht. In keinem anderen Jahrzehnt sei das Wachstum so niedrig gewesen.
Pessimismus wird chronisch
In der vierteljährlichen Konjunkturumfrage des BIHK unter 3600 bayerischen Unternehmen liegen die Zukunftserwartungen bei minus neun Punkten und sind mittlerweile seit fast drei Jahren sehr viel pessimistischer als im langjährigen Schnitt. "Wir sind in einem Dauerfrost, der mittlerweile seit 34 Monaten anhält", sagte Gößl. Ein Ende der tiefen Strukturkrise ist nach Einschätzung des BIHK nicht in Sicht. "Eine neue Bundesregierung kann auf die Schnelle gar nichts verändern", sagte Gößl zur bevorstehenden Bundestagswahl. Der aktuelle Geschäftslage-Index des BIHK liegt bei 8 Punkten, 47 Punkte unter dem Höchststand des Jahres 2018.
Weltlage und Politik gleichermaßen schädlich
Die Kammern machen sowohl die veränderte Weltlage als auch politische Entscheidungen und bürokratische Vorgaben aus Berlin und Brüssel für die Entwicklung verantwortlich. Bis 2018 habe die deutsche Wirtschaft von einer langjährigen goldenen Phase profitiert, bedingt unter anderem durch die Öffnung Chinas und die Globalisierung. Mittlerweile habe sich der Rückenwind in Gegenwind verwandelt, sagte Gößl mit Blick auf die Abkehr von offenen Märkten in den USA und anderen Ländern sowie die erstarkte chinesische Konkurrenz. "Wir sind in einer neuen Phase, die lang anhalten wird."
Die deutsche Politik - inklusive der früheren unionsgeführten Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel - hat die Lage nach BIHK-Einschätzung nicht verbessert, beziehungsweise die Probleme noch vergrößert. Sollte die Trendwende nicht gelingen, "werden wir massiv an Wohlstand verlieren", sagte BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz.
Industrie investiert nicht mehr in Bayern
Als Beleg verweist der BIHK auf den anhaltenden Abwanderungstrend in der Industrie. Bereits seit 2022 planen die Unternehmen kontinuierlich höhere Investitionen im Ausland als im Inland. Nach der neuen Konjunkturumfrage wollen im Saldo acht Prozent der Unternehmen ihre heimischen Investitionen reduzieren und dreizehn Prozent ihre Auslandsinvestitionen erhöhen. "Das ist eine ganz ernste Situation", sagte Gößl.