Er meldete bereits 4000 Falschparker: "Anzeigenhauptmeister" sorgt für Aufruhr

Gräfenhainichen - Knöllchen flattern normalerweise von Ordnungsamt oder Polizei ins Haus. Über 4000 Anzeigen im Jahr 2023 haben aber nicht etwa erstgenannte ausgestellt, sondern ein junger Mann, der bei Parksündern für Bluthochdruck sorgt.

Während andere 18-Jährige gerne feiern gehen, zocken oder eine Vereinssportart betreiben, investiert ein junger Mann aus Sachsen-Anhalt seine Freizeit in ein eher außergewöhnliches Hobby: Er jagt Falschparker und andere Verkehrssünder und meldet sie per App direkt beim Ordnungsamt - sich selbst nennt er "Anzeigenhauptmeister". Mit der unbarmherzigen Ausübung seiner Bürgerpflicht eckt der Knöllchenfetischist auch immer wieder an.

Niclas Matthei hegt eine Leidenschaft für die deutsche Straßenverkehrsordnung, die selbst den Eifer so mancher Polizisten übertreffen könnte. Tatbestandsnummern, Paragrafen, Verkehrszeichen - der 18-Jährige scheint sie alle wie im Schlaf zu beherrschen. Seine Mission: für Ordnung auf den Straßen zu sorgen. Mit Warnweste und Drahtesel ausgestattet, geht er Falschparkern an den Kragen. Ein Team von "Spiegel TV" hat den jungen Mann einen Tag lang in seiner Heimat Gräfenhainichen begleitet.

Das Video ist erst seit 28. Februar auf "YouTube" abrufbar und hat schon jetzt über zwei Millionen Aufrufe zu verzeichnen. Dabei ist auch zu sehen: der Anzeigenhauptmeister sorgt mitunter für erhöhten Blutdruck und Frust bei den Betroffenen. Egal ob abgelaufene TÜV-Plakette, einem einzelnen Auto in einer menschenleeren Fußgängerzone oder ein Rechtsanwalt beim Ausladen - Matthei kennt kein Pardon, selbst vor Nachbarn macht er nicht halt. Ergebnis: Kommentare wie "willst du dir nicht mal Arbeit suchen?" oder "mach dich ab, du Vogel" - letzteren beantwortet er wiederum mit der Aussage: "Anzeige wegen Beleidigung."

Glücksfall für Städte und Gemeinden

Sein Hobby ist für den Sittendenunzianten nur bedingt lukrativ, mit Klagen auf Schadenersatz könne er jedoch dreistellige Beiträge "abkassieren", erzählt Niclas. Umso mehr profitiert allerdings die Stadt von dem Hobby des 18-Jährigen. Allein in Gräfenhainichen meldete er im vergangenen Jahr 903 Verstöße, die der Gemeindekasse 32.875 Euro einbrachten und hart damit statistisch schon acht Prozent aller Einwohner mindestens einmal angezeigt. Seit drei Jahren geht Niclas dem Hobby intensiv nach, 2023 hat er nach eigener Aussage für 84 Städte und Gemeinden über 140.000 euro erwirtschaftet.

"Die Leute denken, sie können parken, wie sie wollen, weil am Sonntag das Ordnungsamt nicht unterwegs ist - aber dann kommen halt Leute wie ich", sagt er. Sein Ziel: Er will in jeder Gemeinde und in jeder Stadt in Deutschland mindestens einen Verstoß melden. Richtig gehört, der junge Mann könnte bald auch in Ihrer Stadt aufschlagen, denn er ist mit dem Deutschlandticket unterwegs, um in der ganzen Bundesrepublik die Straßenverkehrsordnung konsequent durchzusetzen. Selbst die Polizei ist vor dem Anzeigenhauptmeister nicht sicher.

Selbst Polizei nicht sicher

Bei einem Falschparker in der Innenstadt ruft Matthei wegen Streitigkeiten die Polizei hinzu - und hat beim Streifenwagen etwas auszusetzen. Das Kennzeichen sei so schmutzig, dass es kaum noch lesbar sei – ebenfalls ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Auf dem Video ist zu sehen, wie er den Beamten einen Hinweis zum Putzen mit auf den Weg gibt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Niclas laut "Spiegel"-Bericht eine Ausbildung im medizinischen Bereich macht.

Die Reaktionen im Netz sind geteilt. "Ich würde ihm sowohl eine Rechtsschutz- als auch gute Zahnzusatzversicherung empfehlen", schreibt ein User. "Manchmal denke ich, lieber Gott, lass es nicht enden`. Liebes Spiegel TV-Team, schenkt uns einen zweiten Teil!" ein anderer. Manch einer sieht in Matthei den perfekten WG-Bewohner für Sheldon Cooper - eine Figur aus der TV-Serie "Big Bang Theory". Vielen Kommentaren gemein ist ein Wunsch nach einem Special in Großstädten wie Berlin oder Köln. Anzunehmen, dass wir weiter vom Anzeigenhauptmeister hören werden - vielleicht bald auch in Ihrer Stadt.