Unterstützung vom politischen Gegner
Seehofer und Scholz springen Baerbock bei
7.7.2021, 18:17 UhrDer Wahlkampf kommt schwer in Gang. Keine Wunder, konnten doch die Parteistrategen nur schwer planen, denn niemand wusste, wie es mit der Pandemie weitergeht. Großveranstaltungen wurden jedenfalls von den Parteien ausgeschlossen. Es sollte keine Plattform dem Coronavirus geboten werden, sich auszubreiten. Außerdem sind Großveranstaltungen angesichts der Sicherheitsauflagen inzwischen sehr teuer geworden. Trotz aller Anstrengungen kommen in der Regel nur wenige Zuhörer. Der politische Aschermittwoch ist die Ausnahme von der Regel.
Hausgemachte Fehler
Die Wahlkämpfer müssen also andere Wege gehen, ihre Botschaften an Frau oder Mann loszuwerden. Sicher ist, dass der Haustürwahlkampf zwei Wochen vor dem Wahltag im September intensiv werden wird, denn die Wähler entscheiden sich immer später. Angesichts der prognostizierten Zunahme von Briefwählern dürfte aber schon im August die Direktkandidaten versuchen, mit kleinen Formaten auf sich aufmerksam zu machen.
Da kommt die Debatte um das Buch von Annalena Baerbock zum richtigen Zeitpunkt, denn mit den hausgemachten Fehlern der Spitzenkandidatin der Grünen kann ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt werden. Das belastet nicht einmal die Wahlkampfkasse des politischen Gegners. Das gibt es gratis.
Politische Demütigung
Nach der berechtigten Kritik an ihrem Fehlverhalten erfährt Baerbock jetzt auch noch die schlimmste Form der politischen Demütigung: Sie erhält Mitleid und Trost vom politischen Gegner. Mitten im Wahlkampf! Innenminister Horst Seehofer nennt die Kritik an Baerbock "übertrieben". Er verweist dabei noch auf andere Bücher, ohne Namen zu nennen, in denen von Programmen und Konzepten abgeschrieben wurde. Seehofer rät dann zu mehr Gelassenheit und nach ein oder zwei Tagen sollte die Debatte wieder vorbei sein.
Seehofers Bosartigkeit
SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz legt dann noch mit den Worten nach: "Die Gleichstellung von Männern und Frauen, die mir sehr wichtig ist, ist längst nicht erreicht." Das mache sich auch im Wahlkampf gegenüber Baerbock bemerkbar. Auf den ersten Blick sind beide Äußerungen nett gemeint. Seehofers Bosartigkeit besteht darin, das Buch unterschwellig als überflüssig und unbedeutend zu bezeichnen. Und Scholz: Ach, die arme Baerbock kann sich wieder einmal nicht gegen Klischees wehren. Scholz macht Baerbock kleiner als sie ist und zweifelt damit ihre Tauglichkeit an, als Frau ein Kabinett zu führen.
Fundamentale Zweifel
Seehofer und Scholz wissen natürlich auch, dass Union und SPD es sich mit der Grünen Spitzenkandidatin nicht gründlich verscherzen sollten, denn es wird nach der Bundestagswahl wieder Koalitionsverhandlungen geben. Das geäußerte Verständnis der beiden älteren Herren sät fundamentale Zweifel an der Person Baerbock. Auch so geht Wahlkampf. Da muss man gar nicht im Schmutz wühlen.
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