Maulsperrenalarm! Warum müssen Burger riesenhoch sein?!

Nürnberg - Es gibt kaum etwas Entwürdigenderes als mit anzusehen, wie jemand verzweifelt versucht, sich einen riesenhohen Burger in den Mund zu schieben. In unserer neuen Rubrik "Hand aufs Herz" fragt sich unsere Autorin deshalb: Muss das so?!

Vor einigen Jahren war ich in Dresden. Coole Stadt, coole Leute - ich war schockverliebt in Sachsens Landeshauptstadt. Wir wohnten damals in einem Hostel in Neustadt. Das kann man gut und gerne als Szeneviertel beschreiben, so wie wir Nürnberger unser Gostenhof ins Scheinwerferlicht schubsen, wenn wir mit was Kiezigem aufwarten wollen. Neben linker Szene, cozy Cafés und coolen Bars hat mich in Dresden vor allem eine Sache mega geflasht: Burgerbuden an jeder Ecke! Und zwar die Art von Burgerbude, nach der ich mich schon immer gesehnt habe. Eine schlichte Sache – Brot, Pattie, Käse, Ketchup, Essiggurke, fertig. Auch als Veggie-Version verfügbar, dazu Pommes. Und das Ganze zu einem Preis, der irgendwie Geldbeutel-kompatibel ist. 5,00 Euro der Burger, 3,00 Euro die Pommes.

Damit wir uns nicht falsch verstehen - ich finde durchaus, dass es Essen nicht zu Dumping-Preisen geben kann. Vor allem Fleisch muss einen gewissen Preis haben, wenn man die Tiere so was Ähnliches wie artgerecht halten möchte und die Bauern dabei einen würdigen Lebensunterhalt verdienen wollen. Aber irgendwas sträubt sich in mir, für ein Essen, dass man zu den Archetypen der Imbisskultur zählen darf, genauso viel auszugeben wie für ein Gericht im gehobenen Mittelklasse-Restaurant. Führt das nicht die Idee vom Burger ad absurdem? Denke ich an Hamburger, denke ich an den Imbiss der Arbeiter:innen, das echte Leben, rau und ehrlich zwischen zwei Scheiben Weißbrot. Das passt nicht zu 13,00 Euro für den Ziegenkäse Double Beef mit Rucola, Zwiebel-Preiselbeer-Chutney und den obligatorischen Süßkartoffelfries mit Avocado-Aioli für 6,50 Euro dazu.

Die Ästhetik wird zu Grabe getragen

Denn dieses Problem führt zu einem weiteren. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich mein Geld-spielt-keine-Rolle-Gesicht aufsetze, wenn mich der nette Burger-Brater zur Kasse bittet. Aber womit ich mich schwer abfinden kann, ist das was danach kommt:

Es ist ein entwürdigender Anblick, der sich einem bietet, wenn man den Blick über die Sitzgelegenheiten aus Fritz-Cola-Kästen, den groben Eichentischen, auf denen die 0,3 l Tegernseer hell oder Proviant-Limos für 4,50 Euro stehen, schweifen lässt: Die armen Hungrigen renken sich entweder die Kiefer aus bei dem hilflosen Versuch, sich den Riesenburgerturm in den Mund zu schieben oder sie versuchen dem Fleisch-Brioche-Baconjam-Jalapeño-Monster mit Messer und Gabel Herr:in zu werden.

Und da frage ich mich: Wer will denn sowas? Wann ist es zum guten Fastfood-Ton geworden, Burger zu kredenzen, die so hoch und unhandlich sind, dass niemand mit einer normalen Anatomie auch nur den Hauch einer Chance hat, das Ding auf einigermaßen ästhetische Weise zu verzehren?

Isst du noch, oder kämpfst du schon?

Habt ihr jemals jemanden sagen hören: „Geil, der Burger war so groß, ich konnte ihn einfach nicht essen, ohne dass links und rechts alles aus dem Brötchen gefallen ist! Alles war beschmiert mit Sauce, die mir von den Fingern getropft ist, beim verzweifelten Versuch das Ungetüm irgendwie festzuhalten. Und dann Leute, hatte ich noch einen Kieferkrampf. Ich sah aus wie die Sau, der halbe Pattie ist mir auf die Hose geflutscht – richtig geiles Esserlebnis, ich gebe 5 von 5 Kochlöffeln.“ - Also ich nicht.

Vielleicht sollte ich Burgeressen als Challenge annehmen. Ich gegen das Sandwich – am Ende steht nicht nur der volle Bauch, sondern auch der Triumph. Die Erhabenheit des Menschen gegenüber dem Ding. Vielleicht sollte ich mich darauf einlassen. Das Burger-Monster bezwingen, um mich dann mit BBQ-Soßenverschmiertem Gesicht und stolzgeschwellter Brust von meinem Bierkastensitz zu erheben und sagen zu können: Du kommst gegen mich nicht an, Haloumi-Spinat-Sauerteil-Brioche – ich zahle 19,50 Euro gerne – nicht nur für den Imbiss – auch für das Gefühl, alles erreichen zu können. Vielleicht ist das die wahre Erhabenheit.

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