Hand aufs Herz: Instagram-Stories zu politischen Themen

Lena Fiala

Fein Raus, Ressort Leben

E-Mail

31.3.2022, 12:28 Uhr
Hand aufs Herz: Instagram-Stories zu politischen Themen

© Georgia de Lotz - Unsplash

Schlimm genug. Die Situation bereitet mir Sorgen. Ich frage mich, wie das alles weitergeht. Aber was mich bei alledem am meisten ärgert, sind die zwanzig verschiedenen Stories, in denen jeder noch so dahergelaufene alte Schulfreund meint, jetzt auch mal seinen Senf zu Putins Angriffskrieg abgeben zu müssen. Andauernd die Fotos vom Kokosnuss-Trinken auf Bali und das perfekt drapierte Chiasamen-Himbeer-Joghurt einer Kommilitonin sehen zu müssen, kann schon mal auf das Gemüt schlagen.

Aber wenn dann auch noch der Mitbewohner einer Freundin mit null Expertise in Sachen Politik aufgrund eines Studiums oder jahrelanger Erfahrung oder sonst irgendeiner Qualifikation meint, eine Nachricht zum Brotpreis reposten zu müssen, mit einem neun Mal klugen Kommentar dazu, dann frage ich mich schon, welchen Zweck das hat.

Wem tut es gut, wenn noch jemand ohne Ahnung meint, sich an der Debatte beteiligen zu müssen? Nicht, dass wir uns falsch verstehen – ich stehe auf Menschen, die politisch interessiert sind, die sich einmischen, die eine Meinung haben. Aber kann man einer neuen Nachricht nicht mal einen Tag Zeit geben, die Situation für sich einordnen; warten, was andere, die sich damit schon sehr viel länger beschäftigen, dazu zu sagen haben?

Wem hilft dieser prompte Repost von erschreckenden Nachrichten, außer dem Sensationswahn? Den Menschen in der Ukraine bestimmt nicht. Klar, Sichtbarkeit ist wichtig. Aufmerksamkeit für das Thema auch. Solidarität kann eine große Stütze für Betroffene sein. Aber eine Debatte ohne Hand und Fuß nützt vor allem denen, die nicht an echten Informationen interessiert sind, sondern Fake News verbreiten.

Es ist nicht leicht, sich in diesem Dschungel an Informationen zurecht zu finden. Auch einen Fakt zwei Mal zu checken, der auf Instagram mal eben rausgehauen wurde, kann nicht schaden. Das persönliche Gespräch über die aktuellen Umstände zu suchen, kann erleichternd sein und Freund:innen, die noch nicht so viel zu dem Thema wissen, kann man so ein genaueres Bild der Lage geben. Aber Hand aufs Herz - die politische Analyse sollte man bei aller Liebe vielleicht doch lieber denen überlassen, die sich nicht erst seit einem Monat aus aktuellem Anlass für die Ukraine interessieren.

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