Ein Weltmeister auf der Subkultur-Bühne
27.11.2012, 14:00 UhrEr war tatsächlich da: Al Di Meola, einer der größten lebenden Gitarrenvirtuosen, Gast auf den größten Jazzfestivals, Teil des Saiten-
Triumvirats, das mit „Friday Night in San Francisco“ das bisher erfolgreichste Gitarrenalbum veröffentlicht hat, der „schnellste Gitarrist der Welt“ – genau dieser sonnengebräunte, fünftagebärtige Weltstar konzertierte im gallischen Dorf der Subkultur, der kleinen Fürther Kofferfabrik.
„Ich bekomme schon seit Jahren von Al Di Meolas Booker Angebote, einfach weil ich im Verteiler bin“, erzählt Koffer-Chef Udo Martin. „Bisher habe ich die immer weggeklickt, weil ich dachte, Al Di Meola in der Kofferfabrik – das geht gar nicht.“ Doch im August wagte es Martin einfach mal. Er mailte zurück und bekam prompt eine Antwort. Nachdem man sich über die Gage für zwei Konzerte an einem Abend geeinigt hatte, ging das ganze Paket zu Al Di Meola, „weil der grundsätzlich alle Auftritte selbst absegnet“. Für Martin war damit klar: „Der kommt nie. Drei Tage später las ich eine Mail, dass Al Di Meola zugesagt hat.“ Unfassbar für den Macher der Kofferfabrik, aber wahr.
Und jetzt sitzt der Meister, flankiert von seinem Duo-Partner Peo Alfonsi, der ihn schon im Mai in der ungleich nobleren Nürnberger Maritim-Lounge begleitet hat, in Augenhöhe mit seinem Publikum und staunt selbst nicht schlecht: „I’ve been to many places in my life, but this is something else!“ Das findet auch ein Besucher im hinteren Drittel des rappelvollen, heißen Raumes, der sich über die schlechte Sicht mokiert. Stimmt schon: Wer nicht direkt vor der Bühne steht, sieht nur Scheinwerfer und Hinterköpfe. Aber wie hätte man es sonst lösen sollen?
Wahnwitziger Überschall
Also Augen zu und Ohren auf. Natürlich muss man über das spieltechnische Niveau des Abends keine Worte verlieren: Al spielt immer fantastisch. Wer grundsätzlich ein Problem hat mit dieser prätentiösen Form von Hochgeschwindigkeits-Artistik, welche Di Meola immer wieder in wahnwitzigen Überschallläufen demonstriert, wird auch in der Kofferfabrik nicht versöhnt.
Doch hinter diesem so beeindruckendem Blendwerk verbirgt sich ein höchst sensibler Musiker, der in perfekter Harmonie mit seinem zurückhaltenden Partner Alfonsi Momente von überirdischer, lyrischer Schönheit schafft.
Die mediterrane Melodik, das Flamenco-Feuer, das Tango-Drama, der Fusion-Prog-Rock-Wahnsinn, alles was man an Al Di Meola liebt (oder hasst) ist in dieser eineinhalbstündigen Tour de Force gebündelt, bis die beiden in die finale Sonnenglut des „Mediterranean Sundance“ abtauchen. Da können wir unseren Enkeln was erzählen. Al den seinen aber auch.