Traditionsgasthaus kapituliert vor Brandschutzauflagen

21.1.2016, 18:46 Uhr
Traditionsgasthaus kapituliert vor Brandschutzauflagen

© Ralf Rödel

Der Fall bewegt seit Tagen die Internetgemeinde: In einem emotionalen Schreiben hat Jessica Heid, die den Betrieb vor drei Jahren von ihrer Mutter übernommen hat, ihrem Ärger Luft gemacht. Momentan steht sie wegen einer Operation nicht für ein Interview zur Verfügung. Nur soviel aus ihrem Brief: Vor drei Jahren sei das Bauamt des Landkreises auf den Egloffsteiner Betrieb aufmerksam geworden - und hat Brandschutzauflagen gemacht, die wegen der hohen Investitionen seitdem den Fortbestand des Gasthofes bedrohen. Die Kostenschätzung beläuft sich auf 132 000 Euro. Das wäre der finanzielle Ruin des Traditionshauses, schreibt die junge Gastronomin.

"Die Bauordnung zwingt uns, turnusmäßig Häuser ab einer gewissen Größe auf ihren Brandschutz hin zu überprüfen", sagt Walter Neuner, Leiter des Kreishochbauamtes. Die Begehung dazu finde in der Regel gemeinsam mit der örtlichen Feuerwehr statt. A und O seien dabei gesicherte Rettungswege. "Wenn die Feuerwehr eingeschlossene Leute per Drehleiter retten kann, sind die Auflagen nicht so hoch", sagt Neuner. Doch das gehe ab einer gewissen Anzahl von Gästen nicht mehr. Dann bräuchte es definitiv einen weiteren Rettungsweg. Was genau im Gasthof "Zur Post" gemacht werden muss, kann Neuner nicht sagen. "Ich habe davon nur am Rande mitbekommen."

Aber: "Selbst wenn es keine gravierenden Mängel gibt, das läppert sich", meint Georg Hötzelein vom gleichnamigen Berggasthof in Regensberg, der auch Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes im Kreis Forchheim ist. "Da müssen Kabel verlegt, Brandmelder installiert, eine Notfallbeleuchtung angebracht und Türen ertüchtigt werden." Bei größeren Häusern müsse man die Flure in Brandabschnitte einteilen, die wiederum mit Brandschutztüren sichern oder Wände einziehen. Manchmal brauche es eine Art Fluchtbalkon, auf die sich Personen im Fall des Falles retten können, manchmal auch einen zweiten Fluchtweg außerhalb des Hauses.

Schwierige Finanzierung

"Bei uns gab es keine großen Mängel und wir sind trotzdem 100 000 Euro los gewesen", sagt er. Die Finanzierung sei nur möglich gewesen, weil er und seine Frau sich eine Lebensversicherung auszahlen lassen konnten. "Aber jetzt steckt ein Teil unserer Altersvorsorge im Brandschutz." Hötzelein hat Verständnis für die Behördenmitarbeiter. "Die führen die Vorgaben ja nur aus."

Behörden erhöhen den Druck

Gesetzliche Regelungen zum Brandschutz gibt es seit Jahrzehnten, dennoch haben viele den Eindruck, dass die Behörden in den vergangenen Jahren den Druck erhöht haben. "Das stimmt", sagt Hötzelein und erklärt: Vor etwa drei Jahren habe es im Schwarzwald einen Brand in einem Behindertenwohnheim mit 14 Toten gegeben. Hinzu kam eine Verschärfung der Versammlungsstättenverordnung nach der Katastrophe auf der Loveparade in Duisburg. "Danach wurden die Landratsämter angewiesen, alle Betriebe ab einer bestimmten Größe zu begehen", sagt Hötzelein. Und: "Wenn die Mitarbeiter einmal von amtswegen da sind, müssen sie auch ihre Arbeit machen." Zahlreiche Gemeinden mussten seitdem ihre Turnhallen brandschutztechnisch nachrüsten.

Viele Hoteliers und Gastwirte bekamen ebenfalls Auflagen, den Brandschutz in ihren Häusern nachzubessern. "Das Problem ist, dass das ganze Verfahren teuer und langwierig ist", erklärt der Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes. Schon das Brandschutzkonzept, das die Betreiber bei Sachverständigen in Auftrag geben müssen, kostet zwischen 3000 und 10 000 Euro. "Und dann kommt das Amt und sagt, schön und gut, aber da und dort müsst ihr noch nachbessern". Ihn wundere es nicht, dass sich viele Wirte damit alleingelassen fühlen und dass sie der Mut verlässt.

Am Rande der Existenz

Denn ähnlich wie beim Egloffsteiner Gasthof "Zur Post" arbeiten viele Betriebe am Rande der Existenz. "In vielen Häusern haben wir seit Jahren einen Investitionsstau", meint Georg Hötzelein. Für die Erneuerung der Einrichtung, der Fenster oder Fassaden sei einfach immer zu wenig Geld abgefallen. Und das sei das eigentliche Grundproblem in der Fränkischen: "Wir haben uns Jahrzehnte unter Wert verkauft." Die Preise mussten günstig sein, weil der Nachbar günstig gewesen sei. Dafür habe man auf die billigen Arbeitskräfte in der Familie gesetzt. "Das war auch möglich, weil viele nebenbei noch in der Landwirtschaft gearbeitet haben." Aber für Rücklagen oder regelmäßige Erneuerungen blieb dennoch kaum etwas übrig.

Da pflichtet ihm der Egloffsteiner Bürgermeister Stefan Förtsch bei. "Viele Betriebe haben nur überlebt, weil sich die Eigentümer selbst ausgebeutet haben." Eine sukzessive Steigerung der Preise über die Jahre wäre nötig gewesen. "Wenn wir uns die Statistiken anschauen, welche Umsätze Gäste im Fränkischen Seenland oder im Fränkischen Weinland machen, erkennen wir, dass die Fränkische Schweiz davon weit weg liegt."

Ein Flaggschiff im Trubachtal

Trotzdem seien die Chancen auf eine Wende noch nicht vertan. "Es gibt ja auch viele positive Beispiele bei uns", sagt Förtsch und hofft, dass sich die Familie Heid trotz der Widrigkeiten noch für den Weiterbetrieb des Traditionsgasthofes in Egloffstein entscheidet. Immerhin sei das Haus "ein Flaggschiff für den ganzen Tourismus im Trubachtal". Er betont, dass die Gemeinde der Familie Heid seit Jahren unbürokratisch geholfen habe und ständig Ideen entstehen, wie die Tourismusbetriebe in der Gegend unterstützt werden können. "Momentan arbeiten wir zum Beispiel an einem Konzept für eine Veranstaltungsreihe zum Thema '150 Jahre Post in Egloffstein', das wäre natürlich eng mit dem Gasthof "Zur Post" verbunden", erklärt der Bürgermeister.

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