Gerichtsurteil bestätigt
24.000 Euro Strafe: Unternehmer beleidigte Tessa Ganserer
9.2.2022, 15:13 Uhr"Hallo Meinung" nennt sich die Internetplattform, die der Unternehmer aus Schwarzenbruck betreibt - doch mit Meinung haben seine Beleidigungen und Herabsetzungen in diesem Fall wenig gemein. Gerade in politischen Debatten ist viel erlaubt, so urteilen die Gerichte immer wieder, doch bei aller berechtigen Zuspitzung darf der Respekt vor dem politischen Gegnern nicht verloren gehen.
Menschen mit Krebsgeschwür verglichen
Klaus-Peter Weber wirbt auf seiner Homepage für eine "Gesellschaft für freies Denken und politische Einflussnahme", und dabei zeigt er in einem Video selbst, an welcher Stelle sein freies Denken endet. Er vergleicht Menschen mit einem Krebsgeschwür und stellt diese verbale Entgleisung als politisches Statement dar.
Hallo Meinung: Ein umstrittener Blog
In einem Video, er hat es am 29. Mai 2020 gepostet, kritisierte er die Corona-Maßnahmen der damaligen Bundesregierung. Er äußerte sich über Migrationspolitik und widmete sich der europäischen Wirtschaftspolitik - und mitten in sein Geplauder blendete er eine Fotografie ein, das mit keinem dieser Themen zu tun hat.
Das Bild zeigt Tessa Ganserer und vier weitere Personen. "Die kannste auf 'ne Kippenschachtel tun als Warnhinweis" kommentierte Weber. Vorher hatte er das Bild von einem bayerischen AfD-Abgeordneten erhalten.
Foto per Facebook verbreitet
Das Foto zeigt vier Mitglieder der "Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V." , sie gaben gemeinsam mit Tessa Ganserer eine Pressekonferenz. Der Verein stellte dieses Bild auf seine Homepage - und von dort gelangte es in die sozialen Netzwerke. Der AfD-Politiker schickte es per Facebook weiter und ergänzte es mit dem Satz "das sind die Grünen im bayerischen Landtag... und nein: das ist KEIN Scherz". Eine falsche Tatsachenbehauptung, die Weber ungeprüft übernahm.
Tatsächlich wurden die fünf Personen im Februar 2019 im Landtag nur fotografiert, im Hintergrund ist ein Transparent von Bündnis 90/Die Grünen zu sehen, doch Tessa Ganserer ist die einzige Abgeordnete.
Gericht erhöhte die Geldstrafe
Bereits das Amtsgericht Hersbruck hatte Weber für seine Beleidigung im April 2021 zu einer Geldstrafe von 3200 Euro verurteilt. Weber kündigte damals an, gegen das Urteil bis zum Bundesgerichtshof zu ziehen. Im Instanzenzug landete seine Berufung im August 2021 beim Landgericht Nürnberg-Fürth. Das Gericht erhöhte die Geldstrafe auf 120 Tagessätze zu je 200 Euro, in der Summe 24.000 Euro.
Die Revision ist mittlerweile beim Bayerischen Obersten Landesgericht angekommen: Die Richter des zuständigen Senats haben den Schuldspruch gegen Weber bestätigt. Das Recht, seine Meinung zu äußern, sei nicht grenzenlos. Der Angeklagte habe die Schranke des Persönlichkeitsrechts der Geschädigten überschritten.
Weber hatte sein Video nach der strafrechtlichen Verurteilung zunächst nicht von der Internetseite entfernt: Er argumentierte, dass er die Personen für Politikerinnen gehalten habe - und diese müssten sich schließlich mehr gefallen lassen als der Bürger, der nicht in der Öffentlichkeit steht.
Doch die Äußerung des Angeklagten beziehe sich ausdrücklich nicht auf Bündnis 90/ Die Grünen, so die Richter des Senats, sondern auf die in der Videosequenz abgebildeten - und damit identifizierbaren - fünf Personen. Die Instanzen vorher seien zu Recht davon ausgegangen, dass die Aussage, man könne das Bild als "Warnhinweis auf einer Kippenschachtel verwenden", das Aussehen der abgebildeten Menschen mit ekelerregenden Aufnahmen assoziiere. Und dies sei grob ehrverletzend.
Meinungsfreiheit versus Persönlichkeitsschutz
Spontan sei die Äußerung des Klaus-Peter Weber auch nicht gewesen, gerade bei Kommentaren in den sozialen Netzwerken sei ein höheres Maß an Bedachtheit und Zurückhaltung zu erwarten. Der Senat stellt in der Gesamtabwägung fest, dass die Meinungsfreiheit des Klaus-Peter Weber hinter dem Persönlichkeitsschutz der Abgebildeten zurücktreten müsse.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat zwar die rechtliche Wertung bestätigt, der Fall wird das Landgericht Nürnberg-Fürth trotzdem erneut beschäftigen: Eine der fünf Geschädigten hatte keinen eigenen Strafantrag gestellt, daher muss die Geldstrafe noch einmal neu festgesetzt werden.
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