Amoklauf bei Ansbach: Bernd G. hatte psychische Probleme
13.7.2015, 17:09 UhrZwei Menschen hat der mutmaßliche Amokläufer Bernd G. am Freitag getötet. Erst eine 82-jährige Frau in Tiefenthal, wenig später einen 72-jährigen Radfahrer im zehn Kilometer entfernten Rammersdorf. Beide erschossen, aus einem silbernen Mercedes-Cabrio, mit dem der 47-Jährige unterwegs war. Er fuhr weiter, bis nach Bad Windsheim, wo seine Amokfahrt von zwei Mechanikern an einer Tankstelle gestoppt wurde.
Am Tag danach deutet vieles darauf hin, dass er den Kurort Bad Windsheim nicht zufällig angesteuert hat. Bernd G. war Gesundheits- und Altenpfleger, nach eigenen Angaben aber seit ein bis zwei Monaten arbeitslos. Zuvor war er in einer Reha-Klinik in Bad Windsheim angestellt, wo er dann aber entlassen worden ist. Es ist nicht auszuschließen, dass genau dort seine Fahrt hätte enden sollen.
Den Job verlor er, weil er einem Patienten die Hand verdreht haben soll. Danach arbeitete er im Vitalis-Wohnpark in Ansbach als Urlaubsvertretung. Das Arbeitsverhältnis in dem Pflegeheim wurde ebenfalls vorzeitig beendet: "Er verhielt sich nicht so, wie wir das erwartet haben", sagte eine Vitalis-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Er sei gegenüber Kollegen und Heimbewohnern laut geworden und sehr hektisch gewesen. "Er war einfach nicht Stressresistent."
Mutmaßlicher Amokläufer seit Jahren psychisch krank
Bernd G. hat seit mehr als zehn Jahren psychische Probleme. Dies geht aus Unterlagen hervor, die in der Wohnung des Sportschützen gefunden wurden, wie die Staatsanwaltschaft Ansbach am Montag berichtete. Der Mann, der Mitglied in einem Schützenverein in Heilsbronn sei, habe seine Ärzte aber bislang nicht von der Schweigepflicht entbunden.
In der Wohnung, die den Eltern des 47-Jährigen gehört, fand die Polizei 18 Cannabispflanzen. Ob der gelernte Krankenpfleger zur Tatzeit unter Drogeneinfluss stand, soll eine Blutprobe klären.
Fest steht aber, dass der Mann seit dem Jahr 2008 Mitglied im Schützenverein in Heilsbronn war und gerade im ersten Jahr regelmäßig zu Schießübungen kam. Danach nahmen die Besuche des 47-Jährigen ab. Kontakt zu anderen Schützen hatte er kaum.
2009 bekam Bernd G. eine Waffenbesitzkarte. Einen Waffenschein soll er aber nicht gehabt haben. Bei der jüngsten Überprüfung des Sportschützen im Jahr 2013 war den Behörden noch nichts aufgefallen. "Da war alles in Ordnung", sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums am Sonntag. Der nächste Check wäre turnusgemäß Ende 2016 fällig gewesen.
Er kaufte sich einen Revolver und eine Pistole. Beide Waffen stellten Beamte am Tattag nach der Festnahme in Bad Windsheim sicher – und im Mercedes 200 Schuss Munition. Mindestens sieben Schüsse gab Bernd G. während seiner Fahrt durch die Landkreise Ansbach und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim ab. In Hinterholz schlägt eine Kugel nur wenige Zentimeter über dem Boden in die Wand eines Hauses ein.
Dieses Video wird präsentiert von Franken-Fernsehen:
"Bizarres Wahnsystem" und Verdacht auf Psychose
Vor dem Ermittlungsrichter hat der 47-Jährige am Samstag keine Angaben zu seinem Motiv gemacht. Der Ermittlungsrichter erließ einen Unterbringungsbefehl wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes in zwei Fällen, des versuchten Mordes in zwei Fällen sowie der Bedrohung und der Nötigung.
Die Staatsanwaltschaft Ansbach hat am Samstag mitgeteilt, dass beim Beschuldigten der Verdacht auf eine akute Psychose mit einem "bizarren Wahnsystem" gegeben ist. Das ergab die Untersuchung am Freitag durch einen Sachverständigen. Damit wäre die Schuldfähigkeit zur Tatzeit "erheblich vermindert", wie es in der Mitteilung heißt. Allerdings seien noch weitere Untersuchungen notwendig, was aber noch gut zwei bis drei Monate dauern kann.
Seit der Tat ist der Mann in der Bezirksklinik Ansbach untergebracht. Dort sitzt er in der Forensischen Psychiatrie, in die die Patienten von der Justiz eingewiesen werden. Die Forensische Psychiatrie ist einem Krankenhaus sehr ähnlich – doch gelten dort besondere Sicherheitsmaßnahmen. Es existieren hohe Zäune, an den Türen gibt es Schleusen.
Details zur Unterbringung des mutmaßlichen Schützen darf die Klinik nicht nennen. Man unterliege der ärztlichen Schweigepflicht, so eine Sprecherin zur NZ. Sie kann nur allgemeine Auskünfte geben. So werden die Patienten von Ärzten, Psychologen, Therapeuten und Pflegekräften betreut. „Insbesondere nach der Aufnahme von neuen Patienten, aber auch im Verlauf des Aufenthalts, geht es darum, Sicherheit für Mitarbeiter, Mitpatienten und den Patienten selbst zu schaffen“, erklärte sie.
Leutershausen will trotzdem Altstadtfest feiern
Mittlerweile ist bekannt: Leutershausen will trotz des Amoklaufes vom Freitag das alljährliche Altstadtfest feiern - dabei jedoch auch der zwei Opfer gedenken. Der Gottesdienst zur Eröffnung des Festes solle im Zeichen der Opfer stehen, sagte Bürgermeister Siegfried Heß der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Zunächst sei überlegt worden, das Fest abzusagen. Das Altstadtfest findet am 25. und 26. Juli zum 37. Mal statt.
Polizei richtet Hotline für Hinweise ein
Zeugen, die den Beschuldigten mit seinem Fahrzeug auf der Flucht beobachtet haben oder möglicherweise selbst geschädigt sind, werden gebeten, sich über die Rufnummer 0800 7766 310 an die Polizei zu wenden.