Polizisten gaben drei Schüsse ab
Attacke in Ansbach: Kein Hinweis auf Terrorismus - 20-Jähriger entriss Angreifer das Messer
9.9.2022, 15:44 UhrEin Mann wirft sich an einem Treppenaufgang südlich des Ansbacher Bahnhofs mit zwei Messern bewaffnet auf einen 17-Jährigen, würgt ihn und will auf ihn einstechen. Ein 20-Jähriger, der zufällig vor Ort ist, schaltet blitzschnell und rettet dem Opfer durch das beherzte Eingreifen wohl das Leben.
Später wird der als 30-jähriger Afghane identifizierte Mann von drei Schüssen, die zwei Polizisten abfeuerten, getötet, als er die Beamten angreifen wollte. Bei seiner ersten Attacke soll der Mann mehrmals "Allahu Akbar" gerufen haben.
So hat sich nach aktuellem Stand der Ermittlungen die Messer-Attacke von Ansbach am frühen Donnerstagabend abgespielt, wie Mittelfrankens Polizeipräsident Roman Fertinger und Ansbachs Kripo-Chef Dieter Hegwein bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag berichteten. Die Frage, ob es sich um einen islamistischen Terror-Angriff gehandelt hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Ermittler gehen derzeit jedoch nicht davon aus. Vielmehr handle es sich um einen Einzeltäter, dessen Motiv noch unklar ist.
Zwei Fleischermesser in den Händen
Zwei "größere Fleischermesser" waren laut Fertinger die Tatwaffen. Der Angreifer, den der Polizeipräsident als "hochaggressiv" bezeichnete, kniete auf dem 17-Jährigen, als der 20 Jahre alte Passant diesem zu Hilfe kam. Der junge Mann habe "sein Leben dem couragierten 20-Jährigen zu verdanken", sagte Fertinger. Weil sich auch andere Passanten einmischten, ließ der 30 Jahre alte Angreifer von seinem Opfer ab und flüchtete. Der 17- und der 20-Jährige wurden leicht verletzt und ärztlich versorgt.
Wenige Hundert Meter von dem Treppenaufgang entfernt wurde der Mann von Polizisten nur Minuten später gestellt, er flüchtete Richtung Welserstraße. Auf einem Parkplatz holten die Polizisten den mutmaßlichen Täter ein. Als dieser mit den Messern auf die Beamten losging, trafen ihn drei Kugeln am Körper, wie der Polizeipräsident ausführte. Versuche, den 30-Jährigen zu reanimieren, scheiterten.
Body-Cams waren eingeschaltet
Die Tat könne dank zugesandten Fotos und Handyvideos von Passanten sowie der Body-Cams der Polizisten und Zeugenaussagen relativ gut rekonstruiert werden. Bisher gibt es keine Hinweise auf Mittäter oder Hintermänner. "Stand heute gehen wir von einem Einzeltäter aus", sagte der Leiter der Ansbacher Kriminalpolizei, Dieter Hegwein,
Der Kripo-Chef erklärte, dass der Tatverdächtige 2015 nach Deutschland gekommen sei. Er lebte in einer Ansbacher Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowie vorher im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim. Sein Asylantrag sei abgelehnt worden, seine Duldung wäre in den nächsten Wochen abgelaufen. Ob dies mit der Tat in Zusammenhang stehe, sei "Spekulation".
Fingerabdrücke im System
Zwischen 2017 und 2021 hatte er aufgrund von sieben Straftaten mit der Polizei zu tun, die Delikte gingen von Körperverletzung über Betäubungsmittel bis zu sexueller Belästigung. Da seine Fingerabdrücke gespeichert waren, konnte der Mann direkt nach der Tat identifiziert werden.
Bei der Durchsuchung seines Zimmers in der Unterkunft wurde neben Antidepressiva auch ein Mobiltelefon sichergestellt. Die Auswertung der Daten dauert allerdings noch an. "Bisher ergaben sich dabei keine Hinweise auf die Tat oder ein Tatmotiv." Viele Texte müssten aber erst noch übersetzt werden. So ist laut Dieter Hegwein die Motivlage insgesamt "noch nicht eindeutig geklärt".
Schüsse auf den Mann "gerechtfertigt"
Die Staatsanwaltschaft geht nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass der Schusswaffengebrauch der 25 und 22 Jahre alten Polizisten "gerechtfertigt war", wie Gabriele Hofmeier, die Leiterin der Ansbacher Staatsanwaltschaft, sagte. Sie bestätigte noch einmal, was Polizei-Pressesprecher Michael Konrad schon am Vormittag erklärt hatte: "Wir gehen derzeit von einem versuchten Tötungsdelikt aus."
Die Pressekonferenz können Sie hier nachlesen: