Tiere gequält

Gewürgt, geschlagen, getreten: Staatsanwaltschaft ermittelt in mittelfränkischem Schlachthof

29.04.2025, 14:27 Uhr
In Mittelfranken sollen Schlachthennen gequält worden sein. (Foto Illustration)

© Jan Woitas/zb/dpa In Mittelfranken sollen Schlachthennen gequält worden sein. (Foto Illustration)

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der möglichen Tierschutzverstöße in einem der größten deutschen Legehennen-Schlachthöfe in Mittelfranken. Zuvor hatte eine Tierrechtsgruppe Videoaufnahmen aus dem Betrieb in Wassertrüdingen veröffentlicht, die Mitarbeitende dabei zeigen sollen, wie sie Hühner misshandeln.

Die Ermittlungen richteten sich zunächst gegen die Verantwortlichen des Unternehmens, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Ansbach, Jonas Heinzlmeier. Welche Personen mögliche Tierschutzverstöße begangen haben könnten, müsse sich noch zeigen. Dazu müssten die Ermittler jetzt das Videomaterial sichten, das laut der Tierrechtsorganisation Aninova im März und April 2025 in dem Betrieb entstanden ist.

Bei dem Schlachthof handelt es sich nach Angaben der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) um den größten Althennen-Schlachthof in Bayern und um einen der größten bundesweit. Es gebe nur einen vergleichbar großen Schlachthof für Legehennen - und der liege in Norddeutschland, teilte ein KBLV-Sprecher mit. Die Staatsanwaltschaft Ansbach wurde am Freitag von der KBLV über den Fall informiert - wegen des dringenden Verdachts auf Straftaten nach dem Tierschutzgesetz.

Unternehmensleitung überrascht, Mitarbeiter freigestellt

„Wir sind von diesen Dingen vollkommen überrascht“, sagte ein Sprecher des Schlachtunternehmens der Deutschen Presse-Agentur. Die Unternehmensleitung sei sehr erstaunt gewesen, als sie die Aufnahmen gesehen habe. Vier Mitarbeiter seien umgehend freigestellt worden, teilte der Anwalt mit. In der Schlachtabteilung seien insgesamt 16 Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen unterstütze Staatsanwaltschaft und KBLV bei der Aufklärung.

Nach Angaben der KBLV ist man noch dabei, die im Verdacht stehenden Personen zweifelsfrei zu identifizieren. „Wir gehen von mehreren Personen aus, die teils schwerste Tiermisshandlungen begangen haben oder im Verdacht stehen, dies geduldet zu haben“, erläuterte ein Sprecher.

Der Anwalt des betroffenen Unternehmens teilte mit: „Unsere Mandantin, die Buckl-Geflügel GmbH & Co. KG, distanziert sich mit allem Nachdruck von einem derartigen Umgang mit Tieren, wie er auf den Videoaufnahmen zu sehen ist, die aktuell von einer Tierrechtsgruppe verbreitet werden.“ Die Tiere und der Tierschutz lägen der Firma „sehr am Herzen“. Die KBLV und die Staatsanwaltschaft würden umfassend bei der Aufklärung der Vorwürfe unterstützt. „Auch über arbeitsrechtliche und weitere Schritte wird kurzfristig entschieden werden.“

Behördliche Kontrollen ohne Alarmzeichen

Nach Angaben der KBLV wurde der Betrieb regelmäßig kontrolliert, zuletzt am vergangenen Donnerstag. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate habe die Behörde insgesamt fünf Vor-Ort-Kontrollen durchgeführt. Zudem seien an Schlachttagen für das Veterinäramt Ansbach tätige amtliche Tierärzte vor Ort gewesen, auch um den Betrieb auf einen tierschutzgerechten Schlachtprozess zu kontrollieren.

Auf dem Schlachthof werden laut KBLV pro Jahr etwa elf Millionen Legehennen und rund eine Million Mastelterntiere geschlachtet. Pro Tag stürben dort maximal 60.000 Legehennen, die zu Suppenhühnern weiterverarbeitet würden.

Schockvideos aus dem Inneren des Betriebs

Die Tierrechtsorganisation Aninova habe die Aufnahmen am Donnerstagabend an die KBLV übermittelt. Diese sollen im März und April 2025 entstanden sein. „Die Aufnahmen sind in höchstem Maße schockierend und das darauf zu erkennende Verhalten verschiedener Mitarbeiter ist absolut inakzeptabel, sodass ein unmittelbares und konsequentes Vorgehen unsererseits angezeigt und alternativlos war“, teilte der KBLV-Sprecher mit. „Die KBLV konnte bei ihren Vor-Ort-Kontrollen keine Verstöße dieser Art oder mit strafrechtlicher Relevanz feststellen.“

Am vergangenen Donnerstag seien bei der Kontrolle lediglich Tierschutzverstöße bei der Anlieferung von Tieren und beim Abladen registriert worden. Darunter seien aber keine schweren Tiermisshandlungen gewesen, wie die dann am Donnerstagabend zugespielten Videos zeigten. Daraufhin sei der Firma am Freitag mit sofortiger Wirkung die Schlachtung untersagt worden.

Konsequenzen für das Personal

Zudem habe die Kontrollbehörde die Weiterbeschäftigung aller erkennbar tierschutzwidrig handelnden Menschen im Lebendtierbereich dauerhaft untersagt. „Auch alle Personen, die passiv Zeuge tierschutzwidriger Handlungen waren, dürfen nicht mehr in diesen Bereichen weiterbeschäftigt werden. Denn sie haben nicht eingegriffen und diese Verstöße gestoppt, obwohl sie ebenfalls sachkundig geschult waren“, teilte der Behördensprecher mit.

Der Betrieb sei verpflichtet worden, die Tierschutzbeauftragten von ihren Pflichten zu entbinden und neue, fachkundige Mitarbeitende zu benennen. Zudem muss das Unternehmen vor einer möglichen Wiederaufnahme des Schlachtens ein neues, tragfähiges Eigenkontrollkonzept vorlegen.

Videos heimlich gedreht

Aninova ist das Filmmaterial nach eigenen Angaben zugespielt worden. Es sei mit versteckten Kameras heimlich angefertigt worden. Zu sehen sind unter anderem Mitarbeiter, die Hühner würgen, in Transportboxen einklemmen, schlagen und treten.

Nach Angaben des betroffenen Unternehmens sind in der Schlachtabteilung 16 Mitarbeiter beschäftigt. Alle seien geschult und hätten die vorgeschriebenen Sachkundeausweise, wie der Unternehmenssprecher mitteilte. Er bestätigte, dass die Filmaufnahmen in dem Betrieb in Wassertrüdingen gemacht wurden.