Wirbel um Nawratil: Klinikspitze räumt Fehler ein

5.7.2018, 05:16 Uhr
Wirbel um Nawratil: Klinikspitze räumt Fehler ein

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In dem konkreten Fall geht es um fragwürdige Umstände der Entlassung eines Chefarztes und wahrheitsgemäße Auskünfte von Manager Helmut Nawratil gegenüber den Bezirksräten, die ihn kontrollieren. Die Personalentscheidung gehört zu den umstrittensten, die Klinikvorstand Nawratil zu verantworten hat. Sie betrifft Dr. Detlef Kohl, den früheren Chefarzt des Zentrums für Neurologie und Neurologische Rehabilitation (ZNR) in Erlangen.

Nach etwa einem Vierteljahrhundert in Diensten der Bezirks musste Kohl vor zwei Jahren auf Druck des Vorstands gehen. Kohl hatte zuvor immer wieder Kritik an dem stetig wachsenden Spardruck Nawratils geübt, weil er die Versorgung der Patienten und die Qualität der Klinik bedroht sah. Tatsächlich waren massive Beschwerden von Kranken und deren Angehörige laut geworden. Nawratil hat den Ruf, solchen Widerstand unerbittlich zu brechen. Kohl sei "zum Abschuss" freigegeben worden, hieß es damals. Über Monate häuften sich Vorwürfe, Verdächtigungen und Angriffe gegen ihn.

Pro Jahr ein Minus von einer Million Euro? 

Am Ende erhob Nawratil gegen den Mediziner sogar den schweren Vorwurf des Abrechnungsbetrugs. Eine bezirksinterne Kommission, die den Fall aufklären sollte, fand seinerzeit allerdings nichts Belastendes. Der Verwaltungsrat, das elfköpfige mit Bezirksräten besetzte Kontrollgremium, sah deshalb zunächst keinen Grund, der Entlassung Detlef Kohls zuzustimmen. Aber Nawratil ließ nicht locker.


Kommentar zu den Bezirkskliniken: Das Versagen der Kontrollinstanz


Er berief beim ZNR eine Mitgliederversammlung ein, und mahnte dort nach Schilderung von Teilnehmern mehr Umsatz an. Die Wirtschaftlichkeit verschlechtere sich zunehmend. Pro Jahr würde mittlerweile ein Minus von einer Million Euro auflaufen. Wie dieses Defizit zustande gekommen sein soll, wurde bis heute nicht im Detail erklärt.

Noch in der fraglichen Versammlung stand Kohl dann auf und nannte die Darstellung Nawratils offen eine "Lüge". Zwei Wochen später war Detelf Kohl dann doch entlassen, und zwar mit der erforderlichen Zustimmung des Verwaltungsrates. Nawratil konnte die Mehrheit der Bezirksräte am Ende überzeugen, weil er ihnen gegenüber behauptete, der Chefarzt habe sich trotz seiner, Nawratils, Aufforderung, geweigert, sich schriftlich zu dem unerfreulichen Vorfall zu äußern. In Wirklichkeit bedauerte Kohl damals rechtzeitig und schriftlich gegenüber dem Vorstand, nicht nur den Gebrauch des Wortes "Lüge" in einer "sehr emotionalen Situation", sondern verwies auf günstige Wirtschaftsdaten des ZNR. Die Politiker in dem Kontrollgremium erfuhren davon allerdings nichts.

Bemerkenswertes Eingeständnis

Die Nürnberger Nachrichten hatten darüber bereits vor einem Jahr berichtet. In der Folge, bis in die vergangenen Wochen hinein, gab es seitens der Grünen, aber auch der SPD, mit sehr konkreten Anfragen Versuche, diesen Vorfall aufzuklären. Es geht dabei nicht mehr um die Person des früheren Chefarztes, wohl aber um den Umgang Nawratils mit der Wahrheit gegenüber dem Kontrollgremium, das Bezirkstagspräsident Bartsch (CSU) leitet. Geschehen ist bisher nichts. Bartsch und der CSU, die fest zu Nawratil steht, gelingt es relative leicht, im Verwaltungsrat eine Mehrheit zu organisieren, weil Karin Knorr von den Freien Wähler (FW) bei Abstimmungen eine sicher Bank für die CSU ist, anders als ihr FW-Kollege Armin Kroder, der Laufer Landrat. Knorr hat sich von ihrer Fraktion im Bezirkstag seit langem tief entfremdet. 

Jetzt gab es dann nach übereinstimmender Schilderung von Insidern im Verwaltungsrat ein bemerkenswertes Eingeständnis. Ein Mitglied des Klinikvorstands - Helmut Nawratil selbst war nicht anwesend - gab Fehler bei der damaligen Darstellung der ZNR-Wirtschaftsdaten zu. Der Einrichtung, die Dr. Detlef Kohl damals leitete, seien tatsächlich zu unrecht hohe Summen zu Buche geschlagen worden. Die Rede ist von einer Million Euro in jenem Jahr, nach dem Kohl dann gehen musste. Er bekam damit zwei Jahre nach seinem erzwungenen Weggang quasi recht.

Nachfragen zu Details

Wie es zu den Falschbuchungen kommen konnte, wer das veranlasst und wieder geändert hat, ist bis heute offen. Zu solchen Details habe es, so heißt es in informierten Kreisen, zwar Nachfragen gegeben. Diese seien aber unter der Sitzungsleitung von Bartsch erneut abgebügelt worden. Weder der Bezirkstagspräsident noch die Bezirkskliniken wollten sich gegenüber unserer Zeitung zu dieser Entwicklung äußern. Der Verwaltungsrat tagt stets nichtöffentlich.

Ob dieses späte Eingeständnis, das neue Fragen aufwirft, etwas mit der laufenden Sonderprüfung zu tun hat, ist offen. Jedenfalls spielt auch der Fall Kohl neben anderen Feldern von Nawratils Amtsführung in dieser Untersuchung eine Rolle. Bekannt ist aber, dass Nawratil von der hohen Summe, die ihm bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Amt zusteht, schon große Abstriche machte - unter einer Bedingung: keine Sonderprüfung. Dann sei er bereit, für 500.000 Euro Abschied zu nehmen, wird berichtet.


Gegendarstellung

In den Nürnberger Nachrichten vom 05.07.2018 und den abgeschlossenen Lokalblättern wurde über mich folgende Behauptung veröffentlicht: "Bekannt ist aber, dass Nawratil von der hohen Summe , die ihm bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Amt zusteht, schon große Abstriche machte - unter einer Bedingung: keine Sonderprüfung. Dann sei er bereit, für 500.000 Euro Abschied zu nehmen." Die Behauptung, ich habe die Bedingung gestellt, meinen Abschied zu nehmen, wenn keine Sonderprüfung durchgeführt wird, ist falsch. Richtig ist, dass ich eine solche Bedingung niemals gestellt habe.

5. Juli 2018, Helmut Nawratil

Die Redaktion ist nach dem Bayerischen Pressegesetz zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung unabhängig vom Wahrheitsgehalt verpflichtet. Sie bleibt bei ihrer Darstellung.

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