"Signal der Nato an Russland"
B-52 über der Region: Experte erklärt, was es mit dem Manöver auf sich hat
9.3.2022, 12:20 UhrDie B-52 ist ein Dinosaurier der Lüfte. Sie war an den tödlichen Flächenbombardements in Vietnam beteiligt, brach in Afghanistan Bunker - und war im Kalten Krieg eines der Symbole der nuklearen Abschreckung. Kaum ein Jet ist derart lange im Dienst. Am Freitag tauchten zwei Bomber über dem US-Stützpunkt in Grafenwöhr auf. Ausgerechnet jetzt, während in der Ukraine ein Krieg tobt.
Der Zeitpunkt ist kein Zufall, sagt Johannes Peters. "Das ist ein Signal der Nato an Russland, dass auch sie die ganze Klaviatur an militärischen Optionen bedienen kann", erklärt der Experte vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK). "Es geht aber auch darum, die eigene Bevölkerung aufmerksam zu machen, dass so das scharfe Ende des Schwertes aussieht." Die Aufmerksamkeit auf die B-52 ist also kalkuliert.
"Bomber Task Force Europe" markiert eine Zeitenwende
Mit Kriegstreiberei und Aggressionen hat die Übung mit den Bombern nichts zu tun. "Militärische Abschreckung hat erst einmal nichts eskalierendes, sie soll eher den Krieg verhindern", sagt Peters. "Man möchte dem Gegner zeigen, dass man in der Lage ist, sich zu wehren - und dass ein Angriff mit extrem hohen Kosten verbunden wäre."
Für lange Zeit verschwand die B-52, ein Urgestein der Militärgeschichte, aus Mitteleuropa. Nach dem Ende des Kalten Krieges zog die Air Force die Bomber ab, das geteilte Deutschland war nicht mehr länger die Frontline zweier Supermächte. Spätestens mit der Annexion der Krim hat sich die Sicherheitslage auf dem Kontinent aber verändert.
Erst vor wenigen Jahren stationierte die Air Force wieder vier Maschinen in Großbritannien. Die sogenannte "Bomber Task Force Europe", die auch die Übungsflüge über Grafenwöhr durchführte, markiert eine Zeitenwende. Der "Big Ugly Fat Fucker", wie die B-52 im Pilotenjargon auch genannt wird, ist zurück.
Russische Bomber verletzten immer wieder Luftraum
"Die Stationierung der B-52 war sicherlich ein Signal an Russland, das ganz ähnlich agiert", erklärt Peters. Seit der Krim-Krise, so der Experte, haben die Flüge russischer Bomber über Europa extrem zugenommen. Die TU-95, das sowjetische Pendant zur B-52, wird häufiger gesichtet. "Seit 2014 beobachten wir immer wieder mehrstündige, unangekündigte Patrouillenflüge an den Grenzen des Nato-Luftraumes, welche zum Aufsteigen von Abfangjägern führen"
Der Sicherheitsexperte ist überzeugt: Der Krieg in der Ukraine hat auch mit der Schwäche des Westens zu tun. "Die Nato hat es in den letzten Jahren nicht geschafft, eine glaubwürdige Abschreckungskulisse gegenüber Russland aufzubauen", sagt Peters. Deutschland sei da kein rühmliches Gegenbeispiel gewesen. "Das war Teil von Putins Machtkalkulation."
"Flüge haben nichts mit Kriegsvorbereitung zu tun"
Lange Zeit dachte man in Europa, man brauche keine strategischen Bomber mehr. Und in der Tat: Sie sind langsam, brauchen Schutz und sind allenfalls für großangelegte Bombardements geeignet. "Das ist aber nicht der Grund, warum sie hierher verlagert wurden", ist Peters überzeugt. "Die Flüge haben nichts mit konkreter Kriegsvorbereitung zu tun."
Im Gegenteil. Die B-52 über Grafenwöhr sind Ausdruck einer neuen Sprache mit Putin. "Strategische Bomber sind etwas, das wir in Deutschland nicht haben, das auch andere europäische Streitkräfte nicht wirklich haben", erklärt der Sicherheitsexperte. "Und wenn man als Allianz militärisch agieren will, muss das Zusammenspiel solcher Einheiten geübt werden."