Außergewöhnlich: Archäologen finden keltischen Rundtempel aus Latènezeit
11.4.2021, 06:00 UhrDer Ort, an dem künftig Windstrom produziert wird, diente so wohl früher eher kultischen Zwecken. Somit steckt nicht nur der Bullenheimer Berg voller Geheimnisse, sondern auch sein Umland. Neben der 1989 von einem Luftbildarchäologen entdeckte Kreisgrabenanlage bei Ippesheim ist die Region nun um eine weitere Besonderheit reicher.
Im Vorfeld der Errichtung des dritten Windrades bei Herrnberchtheim hatten David Förster und Konstantin Teichmann mit ihrem Team ab Mitte Februar den Fundamentbereich des Windrads, die Kranstellfläche und die Kabeltrasse untersucht. Entdeckt haben sie insgesamt knapp 100 archäologische Strukturen. Hiervon entfallen laut David Förster lediglich zehn Befunde auf den sich über etwa 650 Meter langen Kabelgraben, die Vielzahl dagegen befindet sich im Bereich des etwa einen Kilometer nordwestlich der Ortsgrenze von Herrnberchtheim gelegenen Standortes des Windrads, angrenzend an die Gemarkung der Martinsheimer Ortsteile Unterickelsheim und Gnötzheim im Landkreis Kitzingen.
Sichtbar durch Pfostenlöcher
Ein Befund hat die Archäologen elektrisiert. Ein Halbkreis, sichtbar durch Pfostenlöcher: ein Rundtempel. Der Rest liegt noch geschützt unter dem Ackerboden außerhalb des Grabungsbereichs. In seiner Nähe legten die Archäologen die Überreste eines großen quadratischen Neun-Pfostenbaus mit massiven Pfostensetzungen frei. Laut David Förster handelt es sich vermutlich um eine spätlatènezeitliche Kultanlage, wobei die Latènezeit in etwa von 450 vor Christus bis um die Zeit um Christi Geburt reicht.
Eine solche Anlage kennt Förster nur noch einmal in Bayern: Rundtempel und Neun-Pfostenbau lassen sich nämlich gut mit den Befunden aus dem bekannten keltischen Oppidum von Manching vergleichen, in welchem ebenfalls ein Rundtempel neben einem quadratischen Tempelbau angetroffen wurde. Die Rekonstruktionen aus Manching können ein gutes Bild der Anlage bei Herrnberchtheim vermitteln.
Beim Rundtempel sind die Pfostensetzungen deutlich und gut erhalten. Sie bilden eine kreisrunde Anlage mit knapp 18 Metern Durchmesser. Die einzelnen Pfosten sind laut Förster regelmäßig im Abstand von zwei bis 2,20 Meter gesetzt. Im Norden, in Richtung Bullenheimer Berg, gibt es eine Lücke. "Das war wohl der Eingangsbereich", vermutet Förster. Zeitlich ordnet er den Tempel um 300 vor Christus ein.
Der quadratische Neun-Pfostenbau wird durch massive Pfostengruben mit einem Durchmesser von einen bis 1,20 Meter gebildet. Die außergewöhnliche Größe der Pfosten bis 40 Zentimeter wie auch die direkte Nachbarschaft zum Rundbau lässt nach Annahmen des Grabungsbüros auf eine besondere, sakrale Anlage schließen. Das Gebäude könnte durchaus zweistöckig gewesen sein.
Zwei Segmente einer Kreisgrabenanlage
Direkt neben dem Wirtschaftsweg und von diesem durchstoßen fanden die Archäologen zwei Segmente einer Kreisgrabenanlage, welche einen knapp acht Meter breiten Tordurchlass aufweist. Sie ist deutlich jünger als die große Ippesheimer Anlage, die vor etwa 7000 Jahren entstanden war. Im Inneren der Anlage gibt es einen kleineren Grubenofen, aus dem sekundär gebranntes keramisches Fundgut der mittleren Bronzezeit geborgen werden konnte. Die spärlichen Funde deuten laut Förster auf eine Anlage der Hallstattzeit und somit der älteren keltischen Phase etwa 800 vor Christus hin.
Des Weiteren legten David Förster und das Grabungsteam zwei sich überlagernde Vier-Pfostenbauten, Pfostensetzungen ohne erkennbaren Grundrisszusammenhang und eine größere Vorratsgrube frei. Wenige Keramikscherben und kleine Bronzeteilchen sowie Tierknochen bargen die Archäologen. Die werden nun genauso untersucht wie entnommene Bodenproben mit Holzkohleresten, schon allein deshalb, um eine genauere zeitliche Zuordnung zu bekommen.
Vom Landesamt für Denkmalpflege schaute sich Dr. Christoph Lobinger, der Nachfolger von Martin Nadler, der in den Ruhestand verabschiedet worden ist, an der Grabungsstelle um. "Unscheinbar, aber von höchster wissenschaftlicher Bedeutung" schätzt Christoph Lobinger die Befunde ein. Er könnte sich vorstellen, nach Abschluss der wissenschaftlichen Bearbeitung eine Informationstafel am Fundort aufzustellen. Sachgebietsleiter Hermann Popp vom Landratsamt regte eine verbindende Darstellung mit der Anlage in Ippesheim an.
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