Bahn plant in Oberdachstetten Barrieren für Fahrgäste

22.2.2016, 09:06 Uhr
Bahn plant in Oberdachstetten Barrieren für Fahrgäste

© Katrin Müller

Eigentlich kann man nur den Kopf schütteln, hört man die Pläne der Deutschen Bahn zum barrierefreien Ausbau des Oberdachstetter Bahn­hofs. Bürgermeister Martin Assum fand diese sogar so unglaublich, dass er einen "umsetzbaren Alternativvor­schlag" angefertigt und diesen an Innenminister Joachim Herrmann geschickt hat.

Die Bahn sieht im Zuge des Baus eines elektronischen Stellwerks vor, den Bahnhof auszubauen. Ein Gleis würde wegfallen, der Ein- und Aus­stieg in Richtung der Staatsstraßen­brücke verlegt werden. Dort will die Bahn zum bereits bestehenden Trep­penturm einen zweiten bauen, über den das Gleis in Fahrtrichtung Würz­burg auf der nördlichen Seite erreich­bar wäre.

Beide Treppenaufgänge stellen jedoch ein unüberwindbares Hindernis für Rollstuhlfahrer dar. Die Behindertenbeauftragte der Gemeinde, Hannelore Reutter, sieht bezüglich dieser Pläne nur eine Lösung: Fahrstüh­le an beiden Tre­p­penaufgängen. Sonst müssten Rollstuhlfahrer oder auch Mütter mit Kinderwägen einen rund 1,2 Ki­lometer langen Dorfrundgang in Kauf nehmen, um von der einen Seite auf die andere zu gelangen, erläutert Assum das Vor­haben der Bahn.

"Das ist für uns so nicht tragbar. Wir haben einen barrierefreien Bahn­hof, der uns durch die Pläne der Bahn genommen wird", sagt der Bür­germeister, der seit 1. Mai 2014 im Amt ist. Nur sagen "das wollen wir nicht", würde die Bahn nicht akzep­tieren, ist sich Assum sicher, weshalb er selbst einen Plan gemacht und beim Innenministerium eingereicht hat. Dieser sieht eine "technisch rea­lisierbare" Unterführung der Gleise vor, über eine Rampe und Treppen wäre diese erreichbar. Beidseits der Brücke könnte sich Assum Stellplätze für Autos und Bushaltestellen vorstellen.

Durch ei­nen Ausbau, wie ihn Assums Pläne vorsehen, werde die Attraktivität des Bahnhofs für das Umland deutlich gesteigert. Busse aus Marktbergel und dem Zenngrund müssten nicht mehr durch das ganze Dorf fahren, um die Haltestellen zu erreichen. Ei­nen Anstieg der Fahrgastzahlen kön­ne sich Assum dadurch vorstellen. "Wir sind zerschnitten von der Bahn und wollen schon allein deshalb den Anschluss unbedingt halten. Das ist das Zukunftsprojekt überhaupt in Oberdachstetten", sagt Assum.

Unterstützung von Weiß

Er hat diesbezüglich um Unterstüt­zung der Landkreise Ansbach und Neustadt-Bad Windsheim gebeten, weiter hat er sämtliche Landtags­und Bundestagsabgeordnete sowie Bundesminister Christian Schmidt eingeschaltet. Der hiesige Landrat Helmut Weiß hat sich seinerseits be­reits in einem Schreiben an Herr­mann gewandt und Assums Wunsch Nachdruck verliehen. "Der Bahnhof Oberdachstetten ist für den Landkreis sehr wichtig", sagt Weiß auf WZ-Nachfrage.

Viele Pend­ler aus dem Zenngrund nutzen die­sen, zudem gibt es seit September 2015 die Zenn­grundbuslinie, die eine Verbindung von Oberdachstet­ten über Adelsdorf nach Fürth her­stellt. Finanziell würde sich die Gemeinde Oberdach­stetten mit staatlicher Unterstützung am Bau der Parkplätze beteiligen, stellt Assum in Aussicht. Leisten kann sich das die dank "so­lider Arbeit in den letzten Jahren" schuldenfreie Gemeinde. Investiert wurden vor zwei Jahren zwar rund 1,6 Millionen Euro in ein neues Feuer­wehrhaus mit integrierter Rettungs­wache des Bayerischen Roten Kreu­zes, dafür trat die Gemeinde 2015 bei Ausgaben eben etwas kürzer.

Knapp 400.000 Euro habe die Sanie­rung des alten Schulhauses zum Dorf­gemeinschaftshaus in Mitteldachstet­ten gekostet. Dieses sei unter tatkräfti­ger Mithilfe der Ortsteilbewohner um­gesetzt worden. Etwa 200.000 Euro da­von kamen aus dem Gemeindesäckel, der Rest aus staatlichen Mitteln. "Froh und dankbar" ist Bürger­meister Assum über die Grundschu­le, die derzeit 57 Kinder besuchen – davon 52 aus Oberdachstetten, zwei aus Marktbergel und drei aus dem Schulverband Lehrberg-Obersulz­bach. "Eine Schließung wäre für mich ein absolutes No-Go", sagt As­sum.

Zusage der Staatsregierung

Zuversichtlich ist er, da es eine Zusage der Staatsregierung gibt, die die Existenz der Grundschulen in den nächsten Jahren sichert. An der Grundschule saniert wurde im ver­gangenen Jahr die Heizung, zudem wurde ein Blockheizkraftwerk in­stalliert, von welchem die Schule Strom nutzen kann. Für 20.000 Euro wurden die Geräte am Hauptspiel­platz am Rathaus erneuert, etwa 40.000 Euro kostete die Errichtung ei­nes Brunnens mit Gedenktafel.

2016 wird die Sanierung der Rat­haus- und der Pfarrstraße angegan­gen. In Letzterer wurde der Kanal be­reits erneuert, sie wird zum verkehrs­beruhigten Bereich ausgebaut. Das Umfeld beider Straßen müsse neu ge­staltet, die Fahr­bahnoberfläche er­neuert werden. In der Rathausstraße reicht bezüglich des Kanals eine In­linersanierung aus. Rund 300.000 Euro schätzt Assum, werden diese Maßnahmen kosten. Zu den eher kleineren Anschaffun­gen zählt Assum den Kauf zweier Feuerwehrsirenen samt Masten für die Ortsteile Berglein und Mittel­dachstetten, "damit die Warnung der Bevölkerung gewährleistet ist", sagt Assum.

Zu hören sein werden diese auch in den Ortsteilen Dörflein, Ho­henau und Möckenau. Etwa 30.000 Euro investiert die Gemeinde. In Sachen Breitband hat der Bür­germeister gute Nachrichten für die Bewohner. Noch warte man zwar auf den Regierungsbescheid bezüglich der 80-prozentigen Förderung, die Telekom sei aber bereits beauftragt und führe den Ausbau noch in die­sem Jahr durch. Bewohner aller neun Ortsteile können dann mit ei­ner Geschwindigkeit von mindes­tens 30 bis 50 Megabit pro Sekunde im Internet surfen. 20 Prozent der Kosten muss die Gemeinde überneh­men, das sind laut Martin Assum rund 107.000 Euro.

Die Flüchtlingskrise ist auch in der 1576 Einwohner zählenden Gemeinde angekommen. In Oberdachstetten habe man keine Objekte, die dem Landkreis zur Unterbringung zur Verfügung gestellt werden konnten, deshalb sei ein privates Projekt in Mitteldachstetten der Gemeinde ent­gegengekommen. In vier Unterkünf­ten – drei davon neu gebaute Häuser – können bis zu 40 Flüchtlinge aufge­nommen und betreut werden.

Befürchtungen ernst nehmen

"Bei 123 Einwohnern ist das schon viel", sagt Assum. Man werde "ein Auge darauf" haben, da derzeit nur junge Männer dort untergebracht sind. "Befürchtungen von Bewohnern sind klar da und die nehmen wir auch ernst", bestätigt der Bürgermeister. Dennoch, bei der Wahl der Belegung habe man kein Mitspracherecht, "man kann sich nicht nur Familien wün­schen, das ist auch aus organisatori­schen Gründen gar nicht machbar".

Kostengünstige Bauplätze gibt es in Baugebieten in Mittel- und Ober­dachstetten. „Es ist aber nicht un­ser Ziel, die Bauge­biete vollzuklop­fen, auch die Innenentwicklung spielt eine große Rolle.“ Eine gesunde Mischung strebt Assum diesbezüglich an. Mehr Ge­werbe würde sich Assum wünschen, doch die größeren Firmen wollten eher in Autobahnnähe bauen. Ober­dachstetten, das 2015 Gewerbesteuer­einnahmen in Höhe von 230.000 Euro hatte, hält dafür Flächen an der Bundesstraße 13 und am alten Säge­werk im Nord-Westen frei.

In Ober­dachstetten setze man auf den Dienst­leistungssektor, der mit der Firma Schäfer & Partner – einer Unterneh­mensberatung für Friseure – und der Werbeagentur Iomicron schon einige Familien dazu bewegt habe, in der Gemeinde sesshaft zu werden. Für den Verwaltungshaushalt rech­net Assum heuer mit rund 2,5 Millio­nen Euro, in den Vermögenshaushalt könnten wie im Vorjahr rund zwei Millionen Euro eingestellt werden.
 

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