Corona stellt Asylbewerber vor neue Herausforderungen
20.5.2021, 06:00 UhrWaren es damals vor allem Syrer, die nach Europa geflüchtet waren, dominieren heute andere Nationalitäten die Statistik. Die Probleme für die Neuankömmlinge sind die gleichen: sich in fremder Umgebung zurechtfinden, Fuß fassen. Dazu kommen neue Herausforderungen, auch der Pandemie wegen.
Derzeit kommen etwa zwei neue Asylbewerber pro Woche an. Laut Bastian Kallert, Pressesprecher am Landratsamt, seien dies oft keine "neuen" Asylbewerber, sondern solche die "umverteilt" werden. Der Großteil von ihnen lebt in Gemeinschaftsunterkünften der Regierung von Mittelfranken, wie es sie in Neustadt, Ipsheim, Uffenheim und Burghaslach gibt, oder in Wohnungen, die vom Landratsamt angemietet werden. 82 Asylbewerber haben eine Privatwohnung gefunden, jedoch gibt es auch rund 40 "Fehlbeleger", die bereits ausziehen sollten, aber noch keine private Wohnung finden konnten.
Ebenso rückläufig ist die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen: aktuell sieben. Dazu kommen drei, die gerade volljährig geworden sind und noch vom Jugendamt betreut werden. Acht von ihnen leben in einem Heim in Obernzenn, ein Jugendlicher in einem Heim in Marktbergel sowie eine weitere Person in einer Wohngruppe in Nürnberg. 2020 waren dem Kreis fünf Minderjährige zugewiesen worden, heuer nur einer.
Irak, Äthiopien, Russland
Die größte Gruppe der Asylbewerber kommt aktuell aus dem Irak (34 Prozent). Viele stammen aus Äthiopien (18), Russland (zwölf), Syrien (sieben) und Afghanistan (sechs), dazu kommen einzelne aus der Ukraine, Aserbaidschan, Iran, Armenien, Sambia, Tadschikistan oder Eritrea.
Sylvia Crane, die sich seit 2014 für Flüchtlinge engagiert, erinnert sich noch gut daran, wie es damals war, als in einer Wohnung in Obernzenn sehr viele Geflüchtete beengt untergebracht werden mussten. Die allermeisten, die damals ankamen, haben nun ihre eigene Wohnung und einen Job. "Ein Großteil hat sich gut integriert", sagt Crane.
Für manche der Ankömmlinge, beispielsweise aus Syrien, war es damals einfacher. Sie wurden als Flüchtlinge anerkannt. Den allermeisten der aktuell 330 Asylbewerber droht die Abschiebung. Sie klagen laut Kallert noch gegen die Ablehnung ihres Asylantrages. Crane erzählt von einem jungen Mann aus Guinea: Die Ausbildung laufe gut, doch er soll abgeschoben werden.
Hilfe benötigt
Selbst die, die länger hier leben, brauchen Hilfe: Formulare für Behörden ausfüllen und Homeschooling meistern sind schon für Deutsche eine Herausforderung, für nicht hier Geborene umso mehr. Dabei zu unterstützen, wird durch die Pandemie nicht leichter. "Ich geh in keine Wohnung", sagt Crane. Briefe vom Amt nimmt sie im Auto entgegen, desinfiziert diese und wirft sie ausgefüllt wieder ein. Deutschkurse, nur einzeln, gibt sie im heimischen Garten.
Diese Probleme treffen nicht nur die Ehrenamtlichen, sondern ebenso jene, die beruflich mit der Hilfe für Asylbewerber zu tun haben, wie die Integrationslotsin Kathrin Okafor von der Diakonie. Beratung hat seit Mai 2020 durchgehend stattgefunden, sagt sie – allerdings teilweise nur per Telefon oder E-Mail. Mit Corona haben sich Probleme verschärft. Jobs, etwa bei Zeitarbeitsfirmen, wurden gekündigt.
Die Isolation führe bei manchen angesichts der in den Heimatländern erlittenen Traumata zu Depressionen. Unterstützung wäre umso nötiger, Corona erschwert dies. Das Interesse an Sprachkursen und Ausbildung ist laut Okafor derzeit groß. Gerade da manche ihren Job verloren haben. Die Kontaktbeschränkungen erschweren auch das. Im April waren kurz wieder Kurse möglich, dann nicht mehr, bald soll es wieder losgehen. Ein wichtiges Thema für die Integrationslotsinnen ist natürlich Corona, in verschiedenen Sprachen aufzuklären über den Virus und zum Beispiel gegen die verbreitete Impfskepsis vorzugehen.
Viel erreicht
Trotz der Einschränkungen haben viele ihrer Klienten viel erreicht, zeigt sich Okafor beeindruckt. Haben recht gut Deutsch gelernt, auch ohne Hilfe, denn schon vor Corona war es beispielsweise von Uffenheim aus schwierig, einen der Kurse zu erreichen. Sie wünscht sich, dass sich der Blick auf die Neuankömmlinge verändert.
Weg von der pauschalen Forderung, die Flüchtlinge sollten sich integrieren, zu einem interkulturellen Dialog. Schulen und Arbeitgeber haben nicht immer im Blick, dass es eben mehr Unterstützung braucht, dass kulturelle Unterschiede das Verstehen erschweren. Für den Herbst ist laut Okafor ein Pilotprojekt geplant, mit Kursen, zum Beispiel für Vereine, die das erleichtern sollen.
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