Hitler-Clip wurde im Bad Windsheimer Museum gedreht

28.8.2013, 15:03 Uhr
Der umstrittene Kurzfilm wurde im Freilandmuseum Bad Windsheim gedreht.

© Screenshot Vimeo.com Der umstrittene Kurzfilm wurde im Freilandmuseum Bad Windsheim gedreht.

Es ist der Abschlussfilm von Tobias Haase an der Filmakademie Baden­-Württemberg. Der 32-Jährige stellt in seinem zirka einminütigen Filmpro­jekt die Frage, wie ein neuartiges elektronisches Bremssystem reagiert hätte, wenn es ein Kind bemerkt, das später zum Verbrecher wird. Die Häu­ser im Museum werden im Spot zu Adolf Hitlers Geburtsort Braunau am Inn (Österreich).

Das Auto bremst automatisch, als zwei kleine Mädchen vor diesem über die Straße laufen. Als der junge Adolf Hitler die Fahrbahn quert, überfährt ihn das Auto. Museumsleiter Herbert May hat das Drehbuch gelesen, bevor er die Einwilligung gab, dass die Studenten das Gelände des Freilandmuseums als Filmkulisse nutzen dürfen, sagte er auf Nachfrage der Windsheimer Zeitung.

Er findet den Ansatz, den technischen Fortschritt mit dem poli­tischen Gedanken zu verbinden, „ge­nial“. Er selbst hätte die Idee jedoch anders umgesetzt: „Ich finde es grenz­wertig und nicht lustig, dass ein Kind überfahren wird.“

Ähnlich sieht das auch Dietmar Kuboth. Der Ottenhöfer spielt als Komparse im Clip mit, hat den Film aber noch nicht gesehen. Von der Handlung habe er vorher nichts gewusst, sagte er: „Ich habe nur meine Szene mitbe­kommen.“ Einmal musste er einen Ochsenkarren halten und dann Tisch­lerarbeiten erledigen.

Meinungen sind gespalten

Zwiegespalten sind viele, wenn sie das Video sehen, das weiß Tobias Haase. „Das war auch unsere Absicht. Wir wussten, dass der Film seine Auf­merksamkeit bekommen wird“, sag­te Haase. Mit soviel Aufsehen habe er aber nicht gerechnet. Der 32-Jährige habe sich gefreut, dass der Werbefilm allein in den ersten zwei Tagen nach seiner Veröffentlichung im Internet knapp 3000 Mal angesehen wurde.

Monatelang habe Haase überlegt, wie er die Idee von Gün Aydemir um­setzten kann und ob er diese Thema­tik überhaupt aufgreifen soll ge­schweige denn darf. Er habe viele Absagen bekommen, als er bei mög­lichen Drehorten nach einer Geneh­migung fragte. Im Freilandmuseum in Bad Windsheim sei er auf offene Ohren gestoßen.

 

Herbert May begründet die Zusage mit dem Recht auf „künstlerische Freiheit“. Außerdem spiele die Film­akademie Baden-Württemberg in ei­ner „sehr hohen Liga“ und „steht für Qualität“, man habe schon oft zu­sammengearbeitet. Von „eifrigen Mu­seumsgängern“ habe er bereits Rück­meldung bekommen, „es war weder großer Beifall noch heftige Kritik“ dabei. Für Kenner des Museums sind die Häuser im Clip zu erkennen, an­sonsten wird das Freilandmuseum nicht erwähnt.

Film ist nominiert - Preis wird von Mercedes gesponsert

Die Daimler AG wird die­sen Spot nicht verwenden. "Wir distanzieren uns von dem Inhalt", sagt Tobias Müller, Pressesprecher für Markenfragen. Mercedes halte es für völlig unangemessen, dass in dem Clip ein Kind überfahren werde. Der Werbefilm ist jedoch für einen der bedeutends­ten deutschen Nachwuchspreise no­miniert. Die First Steps Awards wer­den am 16. September im Berliner Stage Theater verliehen.

Ausgerechnet der Autobauer aus Stuttgart ist Gründungsmitglied und Sponsor der Veranstaltung. In der Jury sitze jedoch kein Mitglied von Mercedes, betont Müller. "Es wäre nicht richtig, den Spot aus der Nominierungsliste zu streichen, nur, weil er uns nicht passt." Um die Markenrechte zu wahren, musste Haase jedoch einen Hinweis zu Beginn des Films einbauen, dass es sich um einen unautorisierten Spot handele und dieser in keinerlei Verbindung zu dem Konzern stehe.

Großen Unmut bekundet der ehemalige NPD-Parteivorsitzende Udo Voigt auf Facebook über den Videoclip: "So eine Hetze gehört in der Tat verboten! Man stelle sich vor die kleine Angie oder der kleine Helmut oder Schimon Peres wären hier Hauptdarsteller. Aber mit Adolf kann man ja alles machen. Sowas zeigt einmal mehr, wie verkommen unsere Gesellschaft ist!"

Dass die derzeitige Aufregung um den Film negativen Einfluss auf die Bewertung seiner Diplomarbeit haben könnte, glaubt Haase nicht. „Das einzig Negative daran ist, dass mein Handy die ganze Zeit klingelt und ich eigentlich im Urlaub bin.“ Im Frühjahr 2014 erwartet er die Benotung seiner Arbeit und ist zu­versichtlich, dass diese gut ausfallen wird.

Hier können Sie über den umstrittenen Clip abstimmen.

Der Artikel wurde zuletzt am 28. August um 15.00 Uhr ergänzt.

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