Mini-Kur im Gradierwerk: Atemgymnastik in Bad Windsheim

10.4.2015, 09:59 Uhr
Mini-Kur im Gradierwerk: Atemgymnastik in Bad Windsheim

© Katrin Müller

Ein Gradierwerk dient eigentlich der Salzgewinnung. Ein Holzgerüst wird mit Reisig, meist wie in Bad Windsheim Schwarzdorn, verfüllt. Durch die dünnen Ästchen wird flüssi­ge Sole geleitet. Das Wasser verduns­tet, Salz setzt sich ab und kann geern­tet werden. Den therapeutischen Nut­zen der Gradierwerke habe man erst später entdeckt, erklärt Zeh, die Teamleiterin der Masseure.

In Bad Windsheim dient das Gra­dierwerk, in dem 32- bis 35-prozenti­ge Sole fließt, nur der Therapie. „Ein Gradierwerk gehört mittlerweile zum therapeutischen Bild eines Heil­bades“, sagt Zeh. Die zerstäubte Sole wird eingeatmet, sie erweitert die Bronchien, erklärt die 28-Jährige, Schleim werde gelöst. „Es ist wie eine Mini-Kur an der Nordsee.“ Acht Masseure bieten die 25-minü­tige Atemgymnastik im Wechsel zwei Mal die Woche an. „Jeder hat sich sein eigenes Programm überlegt“, sagt Zeh, so bekommen die Teilneh­mer Abwechslung. Zu den Atem­übungen kommt auch Gymnastik. Das sei wichtig, damit sich die Gäste nicht nur auf das Atmen konzentrie­ren, „sonst wird einem schnell schwindelig“. Zudem könne der Sau­erstoff im Blut dadurch schneller transportiert werden.

Stammgäste kommen von weit her

„Die Zehen bleiben auf dem Bo­den, die Fersen gehen auf und ab. Je­der in seinem Tempo“, sagt Matthias Keppner. „Jetzt strecken wir uns und stellen uns vor, wir pflücken richtig leckere Äpfel und Birnen.“ Der Mas­seur lässt die zehn Frauen und zwei Männer tief ein- und wieder aus­atmen. Dann sollen sie ihre Hände in den Rücken legen. Beim Einatmen kön­nen sie durch Bewegung das Eindrin­gen der Luft bis in die untersten Lun­genspitzen spüren. Durch das tiefe Einatmen werde die komplette Lun­ge durchlüftet, erklärt Zeh. Das sei besonders bei älteren Menschen för­derlich, um beispielsweise einer Bronchitis oder Lungenentzündung vorzubeugen. So könne man ein Ver­kleben der Lungenspitzen vermei­den.

Dicht nebeneinander stehen die Teilnehmer im Gradierwerk. Die An­zahl geht gerade noch, ansonsten müsste Keppner mit seiner Gruppe nach außen ausweichen. „Die meis­ten Stammgäste wollen aber drinnen bleiben. Dort ist die Konzentration der Sole am höchsten“, sagt Zeh. Vor­wiegend sei das Publikum, das an der Atemgymnastik teilnimmt, älter. Wenn sich mal jüngere Gäste auf die Kneipp-Insel verirren, dann, weil sie beruflich im Gesundheitswesen tätig sind, so Zeh. Viele Stammgäste habe sie aber auch, teilweise reisen die so­gar aus Kitzingen und Würzburg an, um bei den Übungen mitzumachen. „Mein Asthma ist zwar noch da, aber es ist besser geworden“, sagt Marilyn Tauras.

Immunsystem und Durchblutung fördern

Mindestens drei Mal die Woche mache sie eine halbe Stun­de Atemübungen im Gradierwerk. Das sei auch die empfohlene Dosis, die „nachweisbar einen positiven Ef­fekt hervorbringt“, erklärt Zeh. Tau­ras’ Freundin Ruth Horn stammt aus Kolumbien und lebt in der Kaserne in Illesheim, auch sie kommt regel­mäßig nach Bad Windsheim. Viele Übungen kennen die beiden Frauen schon auswendig und können sie selbst anwenden. In Gemeinschaft mache es Horn aber mehr Spaß, da sie die Gelegenheit nutzt, mit den an­deren ins Gespräch zu kommen und so Deutsch zu lernen.

Lungenfachärztin Dr. Borghild Grün findet das Gradierwerk positiv als unterstützende Maßnahme bei Atem­wegserkrankungen. Medikamente könne es jedoch nicht ersetzen, teilt die Praxis auf WZ-Nachfrage mit. Die gesamte Anlage sei eine super Einrichtung, sagt Zeh. „Man kann hier sehr viel für die Gesundheit tun.“ Die Kneipp-Becken für die Bei­ne und für die Arme dienen nicht nur der Stärkung des Immunsystems, auch gegen Krampfadern und für die Durchblutung seien sie gut. Man soll­te sich allerdings an die Anweisun­gen auf den Tafeln halten.

Der Barfußpfad sei ebenfalls zu empfehlen. „Durch das Tragen von Schuhen haben wir das Feingefühl verloren“, erklärt Zeh. Sensomotorik und Gleichgewichtssinn werden auf dem Pfad geschult. Wichtig sei es aber, überhaupt irgendetwas zu tun, denn: „Das Sprichwort, wer rastet, der rostet, stimmt leider wirklich.“

Die Kneipp-Insel hat von Anfang April bis Oktober täglich zwi­schen 8 und 21 Uhr geöffnet. Atemgymnastikkurse finden in dieser Zeit immer montags um 16 Uhr und dienstags um 10 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, eine Übungseinheit dauert etwa 25 Minuten.

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