OP-Roboter: Bestnoten für die "intelligente Säge"

12.10.2020, 18:00 Uhr
OP-Roboter: Bestnoten für die

© Christine Berger

Sie habe einfach wieder normal laufen wollen. Vier Schmerztabletten musste Brigitte Sauerbrey am Ende einnehmen, um ohne Knieschmerzen ihren Alltag bestreiten zu können, die Treppen zu ihrem Friseurgeschäft zu gehen oder mit ihrem Hund unterwegs zu sein. Dann entschied sich die 64-Jährige aus Gollhofen für eine Knieoperation in der Klinik Bad Windsheim und konnte das Krankenhaus sieben Tage nach dem Eingriff ohne Gehstützen verlassen. Nach drei Monaten und gut 50 Operationen mit Unterstützung durch den neuen Operations-Roboter wurde in der Klinik über die bisherigen Erfahrungen informiert.

Ein Wundermittel sei der Roboter nicht, Chefarzt Dr. Mathias Bender nennt ihn eine "intelligente Säge", ein Hilfsmittel, das ihm hilft, die Präzision bei der Operation weiter zu erhöhen, "noch mal einen Tick‘n zuzulegen". Bender lässt aber auch keinen Zweifel daran, dass der Faktor Mensch weiterhin das große Plus der Klinik ist. Ein "absoluter Vorzug" des kleinen Krankenhauses sei die persönliche Note bei der Pflege der Patienten, die Freude der Mitarbeiter an ihrer Arbeit sei spürbar, betonte der Leiter des Endoprothetikzentrums. So gab er das an ihn gerichtete Lob von Klinik-Vorstand Stefan Schilling, Landrat Helmut Weiß und Landtagsabgeordneten Hans Herold, die ihm unter anderem hervorragendes Engagement und hohe Fachkompetenz bescheinigten, weiter.

Und Bender spielte den Ball zurück. "Diese Investition bedeutet Mut zu haben, etwas zu machen, was wir noch nie gemacht haben." Wie berichtet wandte der Landkreis eine Million Euro für die Anschaffung des OP-Roboters auf. Seit der ersten Roboter-Operation Anfang Juli wurden zwischen zwei und sechs Patienten pro Woche von Bender beziehungsweise Dr. Nikolaj Vasak, Facharzt für spezielle orthopädische Chirurgie, operiert. Die weiteste Anreise nahm ein Patient aus Slowenien für einen Eingriff mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz auf sich, insgesamt verzeichne die Klinik eine wachsende Zahl von Anfragen.

15 Prozent mehr Hüftgelenke

Dabei sorgte die Corona-Pandemie zunächst für ein außergewöhnliches und bis heute nicht recht erklärbares Phänomen, erzählt Bender. In der Regel werden in der Kurstadt mehr Knie- als Hüftoperationen durchgeführt. Als nach Lockdown und Absage von rund 160 geplanten Operationen wieder Eingriffe durchgeführt werden konnten, kehrten zunächst nur die Patienten mit Hüftproblemen zurück. In die Klinikstatistik gingen so zehn bis 15 Prozent mehr Hüfteingriffe als im Jahr zuvor ein. "Jetzt kommen die Knieoperationen wieder."

OP-Roboter: Bestnoten für die

© Foto: cs

Noch sind nicht alle der verschobenen Eingriffe durchgeführt, informierte Bender, er hofft, dass die Zahl von zuletzt 900 eingesetzten Knie- und Hüftprothesen pro Jahr heuer erreicht werden kann. Allein mit dem OP-Roboter sollten es 2020 ursprünglich 200 Eingriffe werden, durch den verspäteten Start werden es bis Jahresende zirka 80 bis 100.

"Es ist frustrierend gut", fällt das Fazit des Chefarzts nach rund 50 Eingriffen durch und durch positiv aus. Ein Eindruck, den neben Brigitte Sauerbrey auch Petra Rauch bestätigte. Die Uffenheimerin hatte vor rund drei Jahren in einer anderen Klinik schon einmal roboterunterstützt eine Teilprothese erhalten, allerdings noch mit Begleiterscheinungen wie einer Drainage, auf die in Bad Windsheim verzichtet werden kann. "Ich merke einen großen Unterschied", stellte sie dem Team um Bender ein positives Zeugnis aus, "man ist wesentlich schneller auf den Beinen".

Am dritten Tag ohne Krücken

Der Bad Windsheimer Chefarzt führt dies auf die Kombination aus OP-Roboter, das angewandte Rapid Recovery Programm zu einer schnelleren Genesung und die Auszeichnung als Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung zurück. Am dritten Tag nach der Operation waren die Patientinnen, die sich ein Zimmer geteilt hatten, ohne Krücken unterwegs. Brigitte Sauerbrey nahm sieben Wochen später ihre überwiegend stehende Tätigkeit in ihrem Friseurgeschäft wieder auf. Dass die "dämlichen Stützstrümpfe", die Drainage und der Schmerzkatheter wegfielen, hat für die 64-Jährige einen großen Vorteil bedeutet. Man fühle sich nicht wie im Krankenhaus.

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