Studenten wollen Geflüchteten eine Stimme geben
13.12.2017, 21:53 UhrDen Kontakt zu den Geflüchteten stellte Kristine Stefes von der Asylsozialarbeit der Diakonie her und ein Vorabbesuch der Studierenden bereits zehn Tage vor dem Aufenthalt konnte Vertrauen für die offenen Gespräche schaffen. Nach intensiver theoretischer und praktischer Vorbereitung zu Partizipation in interkulturellen Kontexten begannen die ersten Gespräche im "Kleinen Treff" der Diakonie und wurden tags darauf im "Haus der Kirche" des Dekanats fortgesetzt.
Oftmals wurden die Erlanger Studierenden auch mit großer Gastfreundschaft in den Privatwohnungen empfangen und nahmen sich bis zu drei Stunden Zeit für die Gespräche. Zunächst sollten alle Wohnungen in Deutschland, also Erstaufnahmeeinrichtungen, Unterkünfte und Privatwohnungen auf einer Zeitleiste aufgezeichnet und hinsichtlich verschiedener Aspekte bewertet werden, wie beispielsweise Privatsphäre, Sicherheit oder Sauberkeit. Es zeigte sich, dass Geflüchtete bis zu ihrer Ankunft meistens in schon sehr vielen Orten gelebt haben, häufig aber nur für sehr kurze Zeit.
"Einmal nach Nürnberg gehen"
Auf einer weiteren Karte sollten die Geflüchteten Orte einzeichnen, die für ihren Lebensalltag wichtig sind, zum Beispiel Orte, wo sie einkaufen, Freunde treffen, in die Schule gehen. Aber auch Orte, an die man gerne gehen möchte, sie aber aus unterschiedlichen Gründen nicht erreichen kann, wurden abgefragt. Eine Befragte sagte: "Mein Wunsch ist es einmal nach Nürnberg zu gehen. Ich habe aber vier Kinder und weiß nicht wie man an den Automaten eine Fahrkarte kauft. Wie soll ich das machen?"
Zuletzt wurden soziale Netzwerke der Geflüchteten erfasst. Dabei zeigte sich, dass sowohl Kontakte zu eigenen ethnischen Gemeinschaft, und hier vor allem zur engen Familie wichtig, aber auch Personen in Behörden und Beratungsstellen im Alltag relevant sind.
"Das Besondere in ländlichen Räumen ist, dass Geflüchtete die jeweiligen Ansprechpartner beim Namen kennen und sie unkompliziert erreichen können.", so der Migrationsforscher Dr. Stefan Kordel.
Willkommene Abwechslung
Außerdem nannten viele Geflüchtete ihren Wunsch nach mehr Kontakten zur deutschen Wohnbevölkerung. Ein Befragter sagte: "Ich bin erst neu hier angekommen und habe keine Freunde. Deshalb ist es schwer für mich, Deutsch zu üben".
Bei den Gesprächen waren die Erlanger Studierenden mit der Herausforderung der Realität konfrontiert: sie waren gezwungen, alltäglich verwendete Begriffe wie "Wohlbefinden" oder "Privatsphäre" in einfache, verständliche Sprache zu übersetzen, durften aber auch mit Kindern Papierflieger basteln und Bilder malen. "Für die Geflüchteten jedenfalls waren die Treffen eine willkommene Abwechslung in entspannter und humorvoller Atmosphäre", so das Resümee des Seminars.
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