Bamberg auf Augenhöhe mit großen Touristenstädten?

22.7.2015, 15:24 Uhr
Der neue rote Bus fährt auf Sightseeing-Tour durch die Innenstadt, die Wunderburg und das Gärtnerviertel.

© Benjamin Strüh Der neue rote Bus fährt auf Sightseeing-Tour durch die Innenstadt, die Wunderburg und das Gärtnerviertel.

Er erinnert an einen alten, amerikanischen Schulbus, wie sie in den USA einst zu Tausenden gebaut wurden. Tatsächlich ist das neue rote Gefährt mit offenem Schiebedach, das seit wenigen Tagen Touristen durch Bamberg befördert, ein solches Modell, das Hasler Reisen seit kurzem erworben, lackiert und hergerichtet hat.

Im "Hop on, hop off"-Modus ist das Zu- und Aussteigen an den Haltestellen der Route, die gar durch Hain und Wunderburg führt, möglich - was stark an das Funktionsprinzip der Bamberger Bahnen erinnert.

Auch im Rahmen der 6-Hügel-Tour beispielsweise werden in der alten San Francisco Tram bekannte Sehenswürdigkeiten vorgestellt. Die Fahrgäste sind jung und alt, aus Deutschland oder aus dem Ausland: "Kinder lieben das Fahrzeug, weil es so schön alt aussieht, die älteren, weil sie so nicht laufen müssen", scherzt Frau Römer von den Bamberger Bahnen GmbH & Co KG.

Bamberg scheint gut für den Tourismus gerüstet - zu gut?

Bambergs Besucher wollen schließlich beschäftigt werden: Rund 540.000 Übernachtungen zählte Bamberg im Jahr 2014, das sind 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Tendenz steigend, weshalb sich wohl gerade auch eine zweite "Tram-Bahn" im Bau befindet.

Die beiden Bahnen werden sehr gut genutzt, so die Betreiber, die positives Feedback der Touristen bekommen. Für diese gibt es übrigens auch geführte Stadttouren via Segway, Fahrrad, Gondel, Dampfschiff oder im Jogging-Tempo, dazu noch unzählige Themenführungen.

Schon 2013 diskutierte die Stadt Bamberg heftig, ob Reisebusse an der südlichen Promenade - am Rande des Zentralen Omnibusbahnhofs - halten dürfen oder nicht. Kleinere, wenn auch keine schwerwiegenden Verkehrsstörungen auf Grund touristischer Gefährte sind keine Seltenheit in der Domstadt.

In engen Straßen wie der "Sutte" beispielsweise, stecken des Öfteren Busse fest - obwohl solche in der Innenstadt eigentlich nicht fahren dürfen und an der Stelle trotzdem eine Gewichtsbeschränkung angebracht ist. Auch die Parkplatzsituation in der Innenstadt ist nach wie vor angespannt: Die Park&Ride-Angebote werden sowohl von Pendlern als auch Touristen, die mit dem Auto anreisen, zu wenig genutzt.

Welterbe-Erhaltung kostet Geld

Hinzu kommt, dass "einmal Welterbe" eben nicht "immer Welterbe" bedeutet. Die vielen historischen Gebäude der Altstadt müssen gepflegt werden, nicht wenige von ihnen, wie die "Obere Pfarre" kürzlich oder die Klosterkirche St. Michael renoviert. Die Kosten hierfür kann die Stadt Bamberg nicht alleine tragen, Freistaat und Bund müssen unterstützen.

Auf der anderen Seite fließen solche Gelder aber selten außerhalb des Stadtkerns: Die "Gärtnerstadt" etwa, die als dritter Grund für den Welterbestatus sorgte, führt touristisch ein Schattendasein und wird seltener gefördert. Dennoch sind viele stolz, dass die Domstadt auf Augenhöhe mit großen Touristenstädten zu stehen scheint?



"Viele Bamberger wollen es nicht wahrhaben, aber es ist so: Bamberg ist eine Touristenstadt - und das sehe ich positiv", erklärt Roland Hasler von Hasler reisen. "Wenn es nicht so wäre, wäre Bamberg eine tote Stadt, dann könnte man alles zusperren. Das Leben mit den Touristen geht auf und ab. Etwas Neues scheint anfangs oft erstmal schlecht. Natürlich denke auch ich mir oft 'Oh mein Gott', wenn ich wieder in die Sandstraße schaue, aber eine lebendige Stadt ist besser als eine tote Stadt."

Auch Frau Römer befindet: "Unser Angebot kann durchaus mit anderen Großstädten mithalten. Es ist aber auch alles entzerrt und nicht nur auf den Kern zentriert, sondern spielt sich auch außerhalb der Altstadt ab." Konkurrenz herrsche zwischen den verschiedenen Anbietern der Stadttouren nicht, "wir ergänzen uns gegenseitig".

Wirtschaftsprofit vor Lebensqualität?

Klar, von den Besucherströmen profitieren besonders Gaststätten, Einzelhandel und Gästeführer. Ein wichtiger Anlaufpunkt für Touristen sind wohl der Dom und die Gaststätte Schlenkerla. Vor der Tür der Letzteren tummeln sich jedoch an Wochenendabenden so viele Menschen, dass für Rollstühle oder Kinderwägen nahezu kein Durchkommen ist.

Sicherlich ist das auch in Teilen den Einheimischen geschuldet, aber Übernachtungsgäste und Junggesellenabschiede beispielsweise verstärken den Trend - von Großveranstaltungen, wie der Sandkerwa, gar nicht zu sprechen.

Denn auch außerhalb dieser müssen die Anwohner der Sandstraße mit großem Lärm und Beschmutzungen in der Kneipenmeile, leben - und das alles für den Tourismus?

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