Bars und Clubs: Grüne fordern Perspektiven für das Nachtleben

3.9.2020, 18:23 Uhr
Die Grünen warnen: Wenn man den rund 400.000 Menschen, die in Bayern in der Kultur- und Kreativwirtschaft arbeiten, nicht bald eine Perspektive bietet, dann wird es die Clubkultur in Zukunft nicht mehr geben.

© Foto: Michael Matejka Die Grünen warnen: Wenn man den rund 400.000 Menschen, die in Bayern in der Kultur- und Kreativwirtschaft arbeiten, nicht bald eine Perspektive bietet, dann wird es die Clubkultur in Zukunft nicht mehr geben.

"Seit Jahrhunderten finanzieren wir die Hochkultur", sagt Sanne Kurz. "Aber auch bei Clubkultur gibt es einen Bedarf", so die Sprecherin für Kulturpolitik und Film der Grünen im Landtag. Denn: Man müsse sich Städte wie London oder New York nur einmal ohne Clubs vorstellen. Das einzige, das dann bliebe: ein Gerüst. Überhaupt: "In Bayern dürfen Messen wieder durchgeführt werden, aber man schafft es nicht, auf Club-Betreiber zuzugehen und mit ihnen darüber zu reden, wie ein coronakonformer Restart gelingen kann" – Sanne Kurz ist empört. Zumal es schließlich durchaus Konzepte gibt, wie man künftig so feiern kann, dass es eben keine Masseninfektionen gibt. Kurz verweist etwa auf ein Modell aus Stuttgart. Das sieht ein strenges Online-Ticketing vor, man kann Infektionsketten im Ernstfall nachvollziehen und es gibt auch kein Partyhopping von Club zu Club.

Bereits vor der Sommerpause haben die Landtagsgrünen daher einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Die Forderung: Der Begriff der Großveranstaltung soll endlich auch in Bayern klar definiert werden – so hätten die Betreiber von Clubs und Konzertveranstalter wenigstens klare juristische Leitplanken. Kurz befürchtet: Wenn man den rund 400.000 Menschen, die in Bayern in der Kultur- und Kreativwirtschaft arbeiten, nicht bald eine Perspektive bietet, dann wird es die Clubkultur, wie man sie bis vor einem halben Jahr erleben konnte, in Zukunft nicht mehr geben. "Wenn Licht- oder Tontechniker erst einmal im Supermarkt an der Kasse sitzen, dann wird der Neustart in der Clubkultur schwierig, wenn die Menschen Angst vor einem zweiten Lockdown haben", sagt Kurz. Und überhaupt: Die Tourismus-Branche darf doch auch durchstarten - auch wenn die Reisenden dafür dicht an dicht im Flugzeug sitzen. "Man muss doch nur mit der Nachtszene reden", sagt Kurz.

Hilfe kommt nur langsam an

Und noch etwas anderes befürchtet sie: Wenn junge Leute nicht offiziell feiern dürfen, dann tun sie das am Ende heimlich: "Irgendwo auf der grünen Wiese ohne Regeln und es entstehen Hotspots." Um all das zu verhindern, haben Sanne Kurz, Verena Osgyan, die Nürnberger Grünen-Abgeordnete im Landtag und Natalie Keller, die kulturpolitishe Sprecherin der Grünen im Stadtrat, am Donnerstag zu einem Gespräch mit Nürnberger Club-Betreibern und Veranstaltern eingeladen.


+++ Corona in Nürnberg und der Region: Das ist der aktuelle Stand +++


Dass die im Moment kaum Unterstützung erhalten, macht Peter Harasim (Concertbüro Franken und Hirsch) deutlich: Sowohl für das Concertbüro als auch für den Hirsch habe er Soforthilfe bekommen. "Aber das reicht gerade einmal, um einen Monat zu überstehen", sagt er. Plakatierer, Barpersonal, Büromitarbeiter – mehr als 50 Jobs hängen in seinem Fall dran. Im Moment sei man damit beschäftigt, Hilfsprogramme zu beantragen. Das einzige Geld aber, das bislang tatsächlich geflossen ist, seien 2500 Euro von der Stadt Nürnberg für den Hirsch-Garten, wo Nürnberger Künstler auftreten. Finanziell bleibt nichts hängen, sagt Harasim. Schließlich könnten die Auftritte nicht wie üblich 600, sondern nur 130 Menschen verfolgen. "Das ist nichts, wovon man leben könnte", sagt er, "aber wir machen es gern."

Was passiert mit der Kultur?

David Lodhi vom Club Stereo fühlt sich ebenfalls im Stich gelassen. "Für Club-Betreiber gibt es überhaupt keine Unterstützung", sagt er, "wir sollen von unserem Ersparten leben." Er macht sich aber nicht nur um die finanziellen Folgen der Pandemie Sorgen. Er befürchtet auch, dass die Art, wie die Menschen derzeit leben, einen langfristigen Einfluss auf den Kulturbegriff haben, wie man ihn aus der Zeit vor Corona kennt. "Wollen die Menschen das, was verloren gegangen ist, überhaupt wieder zurück", fragt er sich. Oder geht man auch in der Zeit nach Corona lieber ins Autokino und genießt Konzerte mit Abstand auf einer Picknick-Decke. "Wir müssen Kultur sichtbar machen", sagt er und ist froh darüber, dass er wenigstens das Nürnberg Pop Festival heuer auf die Beine stellen kann – wenn auch in anderer Form als gehabt. "Das ist ein Strohhalm, an den wir uns klammern", sagt er.

Verena Osgyan fordert, dass endlich gehandelt werden muss. "Noch immer gibt es keine verlässlichen Öffnungsszenarien", bemängelt sie. Das muss sich ändern. Natalie Keller sieht auch vor dem Hintergrund der Kulturhauptstadt-Bewerbung dringenden Handlungsbedarf – für die regionale Club-Kultur müsse dringend Klarheit geschaffen werden.

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