Impfmüdigkeit

Bayern kommt beim Impfen weiter kaum voran - Intensivmediziner in Sorge

22.7.2021, 15:53 Uhr
Ein Zettel hängt in einem Ort auf der Insel Usedom an einem Baum, um auf eine Sonderimpfaktion aufmerksam zu machen. Die Impfmüdigkeit wird auch in Bayern zum Problem.

© Stefan Sauer, dpa Ein Zettel hängt in einem Ort auf der Insel Usedom an einem Baum, um auf eine Sonderimpfaktion aufmerksam zu machen. Die Impfmüdigkeit wird auch in Bayern zum Problem.

Die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) sprechen eine eindeutige Sprache: Der Impffortschritt in Bayern verläuft nur schleppend.

Während über lange Zeit nicht genügend Vakzine-Dosen vorhanden waren, fehlen jetzt die Impflinge, weshalb erste Impfzentren in Bayern geschlossen wurden.

So liegt die Erstimpfquote im Freistaat aktuell bei 58,1. Vor einer Woche hatten 57,2 Prozent der impffähigen bayerischen Bevölkerung zumindest eine erste Spritze bekommen.

Damit liegt der Freistaat auch im Ländervergleich nur im Mittelfeld. In sieben Bundesländern sind meist deutlich über 60 Prozent erstgeimpft. Die höchste Quote weist das RKI für Bremen mit 69,3 Prozent aus. Am niedrigsten liegt die Zahl in Sachsen (51,3).

Sinkendes Interesse

Dass das Interesse an dem Schutz vor einer schweren Covid-19-Erkrankung in Bayern gesunken ist, weshalb in vielen Städten und Landkreisen Sonderaktionen gestartet wurden, lässt sich auch an den in den Arztpraxen verabreichten Impfungen ablesen.

Rund 360 000 Spritzen wurden dort in der vergangenen Woche gesetzt, wie die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) mitteilte.

Das ist zwar etwas mehr als in der Vorwoche (rund 353 000). Anfang Juni waren es aber noch rund 524.000 pro Woche gewesen.

Genug Impfstoff

Auch in den Impfzentren werden die Kapazitäten heruntergefahren. Impfdosen sind dort laut bayerischem Gesundheitsministerium ausreichend vorhanden.

Bislang sei der Verfall von 1751 Impfdosen gemeldet worden. Mittlerweile sei es in den meisten Zentren möglich, auch ohne Termin eine Impfung zu erhalten, teilte das Ministerium mit.

Aufgrund der aktuell relativ geringen Auslastung seien auch die verbliebenen Zentren zum Teil nicht mehr im bisherigen Umfang geöffnet. Das Herunterfahren weiterer fester Standorte werde vorbereitet.

Wenn die Leute nicht zur Impfung kommen, kommt die Impfung eben zu den Leuten: Statt auf Impfzentren wird in Bayern auf dezentrale Angebote und mobile Impfteams gesetzt.

„Der Kampf um den Impfstoff ist zum Kampf um den Impfling geworden“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bereits vergangene Woche. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) liebäugelte in diesem Zusammenhang mit "Impfen to go" und brachte auch unkonventionelle Wege ins Spiel.

Auch andere Bundesländer setzen angesichts sinkender Nachfrage nach Corona-Impfungen auf mobile Lösungen oder Spritzen ohne Termin.

Der Intensivmediziner Uwe Janssens äußerte sich besorgt über die Entwicklung. „Wir wissen aus verschiedenen Berechnungen, dass, wenn wir es nicht schaffen, 85 Prozent der 59- bis 70-Jährigen zu impfen, dann haben wir im Herbst ähnliche Zustände auf den Intensivstationen wie Anfang des Jahres, bis zu 6000 Intensivpatienten“, sagte Janssens.

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