Wiesen mit Drohnen abgesucht
Bayerns Jäger und Bauern retten 90.000 Rehkitze vor dem Tod im Mähwerk
5.7.2021, 17:29 UhrIn den Frühjahrsmonaten ist jede Wiese eine wilde Kinderstube. Rehkitze, Junghasen, Bodenbrüter, aber auch Igel, Frösche und viele andere Tierkinder suchen dort ihren Unterschlupf. Werden diese Grünflächen gemäht, sind durch die großen landwirtschaftlichen Maschinen jährlich zahlreiche Wildtiere gefährdet. Denn ihre Überlebensstrategie, sich im hohen Gras vor Fressfeinden schützen, hilft vor den scharfen Messern der Mähwerke nicht.
Von Rechts wegen ist der Landwirt selbst verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Jungwildrettung zu ergreifen. Viele Landwirte setzen sich hierzu in enormem Umfang ein, andere jedoch nicht.
Wie in Kirchfembach, einem Gemeindeteil von Langenzenn im Landkreis Fürth. Trotz der Warnung von Anwohnern, es befände sich ein Reh samt Kitzen in der Wiese, beschloss der Landwirt trotzdem zu mähen. Die traurige Bilanz: Ein Rehkitz starb sofort, ein anderes musste aufgrund der starken Verletzungen vom zuständigen Jäger getötet werden. Die Zeugen meldeten den Vorfall bei der Polizei, die gegen den Landwirt wurde ermittelte, nun liegt die Akte bei der Staatsanwaltschaft.
Kitz trotz Warnung totgemäht?
Und auch in Herrieden, im Landkreis Ansbach, kam es zu einem ähnlichen Vorfall. Spaziergänger bemerkten ein Rehkitz, das sich offensichtlich in einer Wiese abgelegt hatte. Als kurze Zeit später der Landwirt mit seinem Traktor auf die Wiese fuhr, um diese zu mähen, wiesen ihn die Spaziergänger allerdings auf das abgelegte Reh hin und baten ihn, ein paar Minuten zu warten, bis das Kitz geborgen sei.
Den Mann ließ dies allerdings unbeeindruckt, da er offensichtlich den dadurch entstehenden Zeitverlust nicht in Kauf nehmen wollte. Er setzte seine Arbeit fort und überfuhr das Kitz, das dabei getötet wurde. Gegen den Landwirt wurde deshalb eine Anzeige wegen Verstoß nach dem Tierschutzgesetz erstattet.
Rehkitz in Franken absichtlich mitgemäht: Das sagen die Bauern
Doch auch wenn Landwirte ordnungsgemäß vorgehen wollen, ist dies in Anbetracht der riesigen Flächen und oft auch kurzen Zeitfenstern eine nicht allein zu bewältigende Aufgabe. Denn Jungwildrettung ist aufwändig und anstrengend. Auch wenn die Technik schon sehr weit fortgeschritten ist, kann sie vielerorts nicht den Einsatz vieler freiwilliger Helfer ersetzen.
Jäger durchstreifen die Wiesen
Besonders den Jägern liegt die Jungwildrettung am Herzen, denn sie sind für das Wohlergehen der Wildtiere in ihren Revieren verantwortlich. Seit Jahrzehnten unterstützen die bayerischen Jäger immer mehr Landwirte, durchstreifen die Wiesen, stellen Scheuchen mit akustischen und optischen Signalen auf, um die Jungtiere zu vergrämen. Seit einigen Jahren werden zunehmend und sehr erfolgreich Drohnen mit Wärmebildkameras eingesetzt, um die Tiere aufzuspüren und aus den gefährlichen Mähflächen zu entfernen.
Lange Zeit gab es über die tatsächlich geretteten beziehungsweise zu Tode gekommenen Wildtiere nur spekulative Zahlen. Aus diesem Grund hat der Bayerische Jagdverband in diesem Frühjahr eine repräsentative Umfrage zu dem Thema durchgeführt. So retteten bayerische Jäger und Landwirte in diesem Jahr allen über 90.000 Kitze und unzählige weitere Wildtiere in Bayern vor dem Mähtod. Zum Vergleich: In Deutschland werden pro Jahr insgesamt etwa 90.000 Rehkitze verstümmelt oder getötet.
76,8 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Jägern und Landwirten bei der Jungwildrettung in den vergangenen Jahren deutlich verbessert habe. Etwa 65 Prozent der Jungwildretter setzen bei der Suche eine Drohne mit integrierter Wärmebildkamera ein, um die Wiesen nach Wildtieren abzusuchen. Über 58 Prozent der Teilnehmer nutzen auch optische oder akustische Scheuchen, damit die Wildtiere die zu mähende Wiese vor dem Mähen verlassen.
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