Berufsschulen: Wie Corona den Berufseinstieg beeinflusst

Kathrin Walther

Kinder- und Jugendredaktion

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4.2.2021, 05:50 Uhr
Der VLB-Vorsitzende Pankraz Männlein.

© privat, NN Der VLB-Vorsitzende Pankraz Männlein.

Acht der insgesamt 22 Schularten zählen zu den beruflichen Schulen, dazu zählen Berufsschulen, Berufsfachschulen, Wirtschaftsschulen, Fach- und Berufsoberschulen und Fachschulen mit 400.000 Schülern und rund 33.000 Lehrkräften. Über 40 Prozent der Hochschulzugangsberechtigungen werden an einer beruflichen Schule erworben. Pankraz Männlein (61) leitet die staatliche Berufsschule III Bamberg Business School und ist Landesvorsitzender des Verbands der Lehrer an beruflichen Schulen (VLB).

Der Unterricht

Die Lehrkräfte bilden den Stundenplan von 8 bis 15.45 Uhr eins zu eins ab. "Und es funktioniert. Darauf sind wir stolz." Der Umgang mit digitaler Technik gehöre zum Tagesgeschäft, die Schulen arbeiten eng mit der Wirtschaft zusammen. Programme wie das Office-Paket 365 sind Industriestandard und Bestandteil der Ausbildung. Datenschutzrechtlich offenen Fragen müssten schnellstens geklärt werden. Aber: "Wir können den jungen Menschen nicht nach zwei, drei Jahren Ausbildung raten, einen Teams-Kurs an der Volkshochschule zu absolvieren, damit sie erfolgreich im Unternehmen mitarbeiten können."

Die Technik der Schulen

Die beruflichen Schulen seien zwar auf einem "relativ hohen Niveau". Trotzdem sei die Mängelliste groß. Beispiel Endgeräte: Auch wenn aufgeholt wurde, der Bedarf sei noch nicht gedeckt. Manche Schüler würden von ihrem Betrieb versorgt. "Der Distanzunterricht funktioniert nur, weil die private Infrastruktur von Lehrkräften und Familien zur Verfügung gestellt wird."


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Fehlende Praxis

Wie sollen Schüler nach der Mittelschule den Anschluss finden ohne Berufsinformationsveranstaltungen, Praktika oder Ausbildungsmessen? Zwar werde an Online-Formaten gearbeitet. Aber der persönliche Austausch fehle. "Schüler aus den von der Pandemie stärker betroffenen Wirtschaftsbereichen, also etwa Veranstaltungskaufleute oder Restaurantfachkräfte, machen sich bestimmt gerade Sorgen um ihre Zukunft." Hinzu komme, dass vor allem Jugendliche und junge Erwachsene unter der Isolation leiden. Um sie zu unterstützen, brauchen Schulen laut Männlein dringend verstärkt psychosoziale Unterstützung in Form von multiprofessionellen Teams mit Schulpsychologen und Sozialarbeitern.

Die Betriebe benötigen Nachwuchs

Sie brauchen Nachwuchskräfte. Doch auch hier fehlt es an digitalen Strukturen. Und: Insolvenzen nehmen zu. Betriebe überlegen, ob sie jemanden einstellen. "Sie wissen ja selbst nicht, ob sie im nächsten Monat noch am Markt sind." Das werde einen Nachhall haben, der sich an den Schülerzahlen der beruflichen Schulen ablesen lasse.


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Prüfungen: Das momentan größte Problem

"Das ist die Prüfungssituation." Es müsse dringend eine Lösung für Leistungserhebungen gefunden werden, um die Gefahr der Staubildung zu vermeiden. "Wir brauchen verlässliche Zeugnisse und Abschlüsse für die Bildungsbiografien der jungen Menschen. Auch Schüler interessiert das mehr, als wir glauben. Wie geht es sonst weiter mit der Generation?"

Kritisches Schlusswort

"Bei allem Verständnis für die Politik, in der Pandemie schwerwiegende Entscheidungen treffen zu müssen – wenn wir diese Entscheidungen unten vernünftig umsetzen sollen, brauchen Schulen gesicherte Informationen in einem angemessenen Zeitraum", sagt Männlein. "Speziell für unsere Schularten müssen nicht nur Schulen, sondern auch Betriebe planen. Ein Beispiel: Wir wissen erst seit Mittwoch, dass die Abschlussklassen in den Wechselunterricht kommen. Das ist zu kurzfristig. Wir müssen die Hygienevorschriften umsetzen und den Wechselunterricht organisieren. Wir brauchen mehr Vorlauf!"

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