Bestätigt: Neues Wolfsrudel bei Weiden in der Oberpfalz

8.6.2020, 14:01 Uhr
Bestätigt: Neues Wolfsrudel bei Weiden in der Oberpfalz

© Archivfoto: Patrick Pleul,dpa

"Nachweis der Reproduktion (Gesäuge sichtbar)" heißt es knapp und wenig charmant auf der Internetseite, auf der das LfU die aktuellen Wolfsnachweise bayernweit auflistet. Das bedeutet nichts weniger, als dass das aus Sachsen stammende Wolfsweibchen, das sich bereits seit Jahresbeginn im Manteler Forst aufhält, vermutlich irgendwo in diesem waldreichen Landstrich im Kreis Neustadt/Waldnaab seine Jungtiere säugt. Ein Foto einer automatischen Wildtierkamera hat den entscheidenden Hinweis geliefert, wie eine Sprecherin des LfU der NZ bestätigt.

Bestätigt: Neues Wolfsrudel bei Weiden in der Oberpfalz

© Foto: Bayerische Staatsforsten/AöR

"Wir sprechen deshalb von einem standorttreuen Paar mit Nachwuchs", erklärt die Sprecherin. Das ist nichts anderes als ein neues Wolfsrudel. Als Kriterium für die Standorttreue gilt üblicherweise, dass es von einem oder mehreren Tieren über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinweg wiederholt genetische Nachweise gibt. Das sei zwar im Manteler Forst nicht gegeben. Doch auch die erfolgreiche Reproduktion gelte als Beleg für Standorttreue, so die Sprecherin weiter.

Wirklich überraschend ist der Umstand nicht, dass sich in der Oberpfalz, in unmittelbarer Nähe zu den Revieren im Truppenübungsplatz Grafenwöhr und dem Veldensteiner Forst, ein neues Rudel gebildet hat. Die NZ berichtete bereits Anfang Mai, dass sich hier offensichtlich ein Wolfspärchen gefunden hat. Das mutmaßliche Vatertier ist ein zwei Jahre alter "Ableger" des Rudels aus dem Veldensteiner Forst mit der Identifikationskennung GW1343m und wurde ebenfalls am 30. Januar erstmals in dem Gebiet bei Weiden nachgewiesen – gemeinsam mit dem Weibchen.

"Wir gehen davon aus – ohne es ganz sicher zu wissen – dass es sich bei den bereits hier nachgewiesenen Tieren um die Elterntiere handelt", bestätigt die Sprecherin. Keinerlei Hinweise hat man bisher laut LfU über die Anzahl der Jungtiere in dem neuen Revier. Auch über das exakte Alter der Welpen will die Sprecherin nicht spekulieren. Wolfsnachwuchs im April oder Mai "passe aber in die Zeit". Die Behörden und die Nutztierhalter in der Region sowie die Öffentlichkeit würden nun gemäß Aktionsplan Wolf informiert.

Auch die Bevölkerung der nur rund zehn Kilometer vom Manteler Forst entfernten Stadt Weiden müsse sich laut LfU keine Sorgen machen: "Es sind keine außergewöhnlichen Vorsichtsmaßnahmen geboten", erklärt die Sprecherin. Wölfe seien von Natur aus scheu und meiden in aller Regel von Menschen stärker frequentierte Bereiche. Wichtig sei es laut LfU, bei Ausflügen in dem fraglichen Gebiet Hunde anzuleinen und in der Natur keine Abfälle und Essensreste zurückzulassen.

Wieder Jungtiere im Veldensteiner Forst

Der Manteler Forst, der sich auf rund 36 Quadratkilometern zwischen Weiden und Grafenwöhr ausdehnt und zum Forstbetrieb Schnaittenbach gehört, wird auf der Internetpräsenz der bayerischen Staatsforsten als eines der artenreichsten Gebiete in Bayern bezeichnet: "Seine große Bedeutung für den Naturschutz gründet sich vor allem auf das enge Nebeneinander von trockenen Sandlebensräumen, naturnahen Gewässern und Mooren", heißt es dort.

Doch auch im Stammgebiet des mutmaßlichen Vatertieres gibt es Neuigkeiten: So wurde dort bereits am 5. Mai ebenfalls ein weiblicher Wolf mit "Gesäuge" von einer Wildtierkamera gefilmt. Für das LfU ist das nicht nur der klare Nachweis dafür, dass es auch hier erneut Nachwuchs gibt. Sondern auch der Beleg für die Vermutung, dass das verbliebene Vatertier sich mit einem neuen Weibchen verpaart hat, nachdem das Muttertier vergangenen Herbst südlich von Pegnitz überfahren worden war. Weiterhin keine Erkenntnisse gibt es laut LfU, ob es sich bei dem aktuellen Muttertier um ein Jungtier aus dem ersten Veldensteiner Wurf handelt oder ob das Weibchen zugewandert ist.

Auch Sebastian Bäumler, der Revierleiter im Revier Hufeisen und Wolfsfachmann des Forstbetriebs Pegnitz, mag nicht spekulieren: "Wir haben über den Winter immer wieder Proben eingesammelt und es war nie eine uns nicht bekannte Fähe dabei, was für die Theorie mit dem Jungtier spricht. Aber ganz sicher sein kann man erst, wenn wir Genetik von den aktuellen Jungtieren vorliegen haben, denn daraus können wir die Elterntiere ableiten."

Außer Frage steht, dass das Vatertier am Standort verblieben ist. Das Alter der Jungtiere schätzt Bäumler auf sechs bis sieben Wochen. "Kann gut sein, dass die bald erste Ausflüge machen und dann auch auf unseren Wildtierkameras auftauchen", hofft Bäumler. Die beiden vergangenen Würfe erwiesen sich als durchaus kamerascheu und ließen sich nicht vor August filmen.

Aufgrund von mangelndem Filmmaterial ist auch die exakte Zahl der insgesamt derzeit im Veldensteiner Forst lebenden Wölfe schwer zu beziffern, da die Tiere bekanntermaßen immer wieder wandern. Bis zu acht Tiere hält Bäumler für möglich, wie er auch im Gespräch mit den "Nordbayerischen Nachrichten" bestätigt. Doch die hohe Mobilität der Tiere mache es unmöglich, eine genaue Anzahl pro Revier und Stichtag zu nennen.

So sei mittlerweile durch genetische Nachweise belegt, dass das junge Weibchen, das Mitte April bei Neu-Ulm überfahren wurde, aus dem Veldensteiner Forst abwanderte, wie auch die Datenbank der Dokumentations- und Beratungsstelle zum Thema Wolf (DDBW) belegt. Das Tier erhielt die genetische Kennung GW1596f, es stammte aus dem letztjährigen Wurf. Weiterhin unklar ist, wo der am 13. Mai bei Pressath im Kreis Neustadt/ Waldnaab überfahrene Jährling herstammt.

Fest steht hingegen bereits, dass das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Veldensteiner Forst ein Forschungsprojekt plant, um herauszufinden, wie sich die Wolfspräsenz auf die jagdlichen Belange auswirkt. "Wir möchten besser verstehen, wie sich die Anwesenheit des Wolfs auf das Verhalten und die Lebensraumnutzung von Hirsch, Reh und Wildschwein auswirkt", erklärte Staatsministerin Michaela Kaniber (CSU) laut Mitteilung in München. Das Ministerium beabsichtige, mit Hilfe von Wildkameras die Bewegungen der Wölfe und des Schalenwilds systematisch zu erfassen und zu untersuchen. Der Startschuss soll noch in diesem Jahr fallen.

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