"Schwergewitterlage"
Blitze im Sekundentakt und zahlreiche Einsätze: Heftige Unwetter zogen über Franken
23.6.2023, 08:00 UhrErst drückende Hitze, dann schwere Gewitter und Starkregen: In vielen Teilen Deutschlands haben sich am Donnerstag Gewitterwolken mit samt Hagel, Sturm und heftigem Regen ergossen. Immer wieder gingen Blitze nieder. Der DWD sprach bereits in seiner Vorhersage von einer "Schwergewitterlage", die am Donnerstag über Deutschland ziehe. Sie stand in Verbindung mit schwül-warmer bis heißer subtropischer Luft.
Teils galt höchste Warnstufe für Franken und Oberpfalz
Ab dem späten Donnerstagnachmittag bildeten sich von Südwesten her in Bayern immer häufiger teils schwere Gewitter.
Ab 20 Uhr galt dann für zahlreiche Kreise und Städte in Franken und der Oberpfalz die höchste oder zweithöchste aller vier Warnstufen vor Unwetter. Hier rechnete der DWD noch bis in die Nacht auf Freitag mit schweren Gewittern, Starkregen und orkanartigen Böen von bis zu 110 Stundenkilometern.
Der Wetterdienst warnte eindringlich vor herabstürzenden Dachziegeln oder Ästen, außerdem könnten Bäume entwurzelt und Keller sowie Straßen überschwemmt werden. Der Aufenthalt im Freien sollte am Abend möglichst gemieden werden, hieß es.
Zahlreiche Einsätze in Oberfranken nach Unwetter
Den Feuerwehren in der Region brachte die Wetterlage viele Einsätze, vor allem in Oberfranken haben die Gewitter schwere Schäden hinterlassen. Laut dem Polizeipräsidium Oberfranken gab es hier rund 70 Einsätze. Ab 21 Uhr am Abend entlud sich die von Südwesten kommende Gewitterfront über die Landkreise Bayreuth und Kulmbach und zog dann weiter Richtung Nordosten. In Hollfeld im westlichen Landkreis Bayreuth wurden drei Zentimeter große Hagelkörner gemessen. Auch im Stadtgebiet von Bayreuth selbst fiel stellenweise Hagel vom Himmel.
Kurz vor 23 Uhr fing der Dachstuhl eines Mehrfamilienhauses in Wurlitz Feuer, nachdem ein Blitz in den Kamin eingeschlagen hat. Die eintreffenden Feuerwehrkräfte konnten das Feuer schnell unter Kontrolle bringen. Auch in der Regnitzlosauer Straße in Rehau brach gegen Mitternacht in der Laube eines Tierzuchtvereins ein Feuer aus. In beiden Fällen wurden weder Mensch noch Tier verletzt.
Auf der A9 im Bereich Himmelkron Richtung Marktschorgast (Lkr. Kulmbach) musste die Fahrbahn komplett gesperrt werden. Der Starkregen hatte zuvor Steine auf die Fahrbahn gespült. Die Autobahnmeisterei war mehrere Stunden im Einsatz.
In Eckershof bei Bindlach musste zeitweise die Staatsstraße zwischen Bindlach und Ramsenthal gesperrt werden, nachdem die ablaufenden Wassermassen von der A9 die dortige Autobahnunterführung fluteten.
Viel zu tun hatte auch die oberfränkische Polizei Stadtsteinach: Unter anderem in Wartenfels, Lanzendorf und Kieselhof blockierten mehrere Bäume die Fahrbahn. In Lanzendorf wurde das Dach eines Wohnhauses teilweise abgedeckt. In Marktschorgast waren Straßen aufgrund des heftigen Regens überflutet und ein Kuhstall stand unter Wasser. Die Tiere konnten laut Polizei allerdings rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. "Zum Glück kam es bei dem Unwetter nur zu Sachschäden im gesamten Bereich", bilanziert die Polizei in Stadtsteinach. Verletzte gebe es nicht.
Vollgelaufene Keller und Unfall nach Aquaplaning in Mittelfranken
In Mittelfranken dagegen verlief die Nacht weitaus ruhiger, dennoch mussten Polizei und Feuerwehr auch hier mehrmals wegen umgestürzter Bäume und vollgelaufener Keller ausrücken, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Mittelfranken am Freitagmorgen mitteilte. Die meisten Einsätze gab es im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Für die Region Nürnberg meldet die Integrierte Leitstelle Mittelfranken acht Unwettereinsätze. Glück im Unglück hatte der Fahrer eines Audi auf der B2 bei Roth. Vermutlich durch Aquaplaning infolge des Starkregens flog sein Audi geradezu von der Fahrbahn und blieb in einem Waldstück in einem Baum hängen. Der Fahrer kam mit mittelschweren Verletzungen davon.
Bahnstrecke in Oberpfalz gesperrt
Rund 30 unwetterbedingte Einsätze, meist wegen umgestürzter Bäume, meldet ein Polizeisprecher in der Oberpfalz. Wegen Unwetterschäden musste die Bahnstrecke zwischen Schwandorf und Cham gesperrt werden. Die Reparaturarbeiten dauerten auch am Freitagmorgen noch an. Bei Falkenstein im Landkreis Cham prallte ein Auto in einen Baum, der auf die Straße gestürzt war. Der Fahrer erlitt jedoch nur leichte Verletzungen.
Zahlreiche Flugzeuge in Bayern umgeleitet
Durch das Unwetter in der Nacht auf Freitag mussten zahlreiche Flugzeuge, die in München landen sollten, umgeleitet werden. Ein Flughafensprecher sprach am Freitagmorgen von etwa 20 Flügen, die zwischen Donnerstag 19.00 Uhr und Freitag 2.00 Uhr nicht landen konnten. Diese wurden auf umliegende Flughäfen verteilt. 60 Flüge wurden annulliert. Fünf Maschinen landeten daher stattdessen am Flughafen Nürnberg, wie Christian Albrecht, Sprecher des Dürer Airports am Freitagmittag mitteilte. Zu längeren Wartezeiten aufgrunddessen sei es allerdings nicht gekommen.
Feuerwehr muss Menschen aus Fahrzeugen retten
Mehrere Bundesländer im Westen, der Mitte und Nordosten waren von dem Unwetter am Donnerstag betroffen, das bis zum Freitag über Deutschland zog. In den sozialen Netzwerken wurden vielfach Videos und Bilder von überfluteten Straßen und umgestürzten Bäumen geteilt. Hunderte Einsätze zählte allein die Feuerwehr der niedersächsischen Stadt Braunschweig. Videos zeigten, wie Straßen unter Wasser standen und auch Geschäfte geflutet wurden. Straßenbahnen und Autos steckten fest. Ähnliche Aufnahmen gab es auch aus der hessischen Stadt Kassel.
In Duisburg rettete die Feuerwehr nach eigenen Angaben mehrere Menschen aus Fahrzeugen, die auf überschwemmten Straßen feststeckten. Allein hier gab es über 400 Einsätze, verletzt wurde laut der Feuerwehr niemand. Vielerorts wurden auch Veranstaltungen im Freien abgesagt - etwa der Abendmarkt in Radolfzell am Bodensee und die Warm-up-Party des Full-Force-Festival bei Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt. Die Sicherheit habe höchste Priorität, hieß es in einer Mitteilung.
Gebuchte Bahnreisen können verschoben werden
Das Unwetter wirkt sich weiter auf den Zugverkehr aus: Die Strecke zwischen Berlin und Hamburg war am Freitagmorgen weiterhin gesperrt, wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn sagte.
Wer für Freitag ein Bahnticket gebucht habe, könne die Fahrt auf einen späteren Termin verschieben, teilte die Bahn mit. "Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden."