Der Wolf kehrt zurück ins Nürnberger Land
28.4.2016, 18:00 UhrVor zwei Wochen war Wolfsexperte Ulrich Wotschikowsky auf Einladung der Forstbetriebsgemeinschaft Nürnberger Land zu Besuch in der Region, um über Wölfe zu sprechen. "Dem Wolf würde es hier schon gefallen", sagt Wotschikowsky da – eine gute Woche später bestätigte das Landesamt für Umwelt (LfU) eine Wolfssichtung im Hersbrucker Umland.
"Mich überrascht keine Wolfssichtung mehr, nicht in Bayern, nicht in Deutschland", sagt Wotschikowsky nun auf NZ-Anfrage. Die Sichtungswahrscheinlichkeit nehme in Richtung des größeren deutschen Bestandes in Sachsen/Brandenburg zu, . Die Tiere legen dabei gewaltige Strecken zurück. Bei der Sichtung im Nürnberger Land handelt es sich wahrscheinlich um einen jungen Rüden auf Reviersuche, aber auch ein Weibchen schließt Wotschikowsky nicht aus.
mit Schwerpunkt in Brandenburg und Sachsen wird kurz vor der bevorstehenden Geburt der Welpen auf rund 350 Exemplare geschätzt. "", sagt Wotschikowsky. Jährliche Zuwachsraten um bis zu 30 Prozent sind keine Seltenheit: "Aus zehn Rudeln werden im Laufe eines Jahres 13."
Die scheuen Tiere weichen den Menschen aus
Für Rudelbildung gibt es im Freistaat laut Behörden zwar derzeit keine Belege, dennoch stellt Wotschikowsky seinen fränkischen Zuhörern grundsätzlich Offenheit gegenüber Isegrim aus: Es sei sehr sachlich diskutiert worden, lediglich ein oder zwei Wortmeldungen ließen tiefe Abscheu vermuten. "Ein unvernünftiger Mensch wird immer Angst haben – vor Flüchtlingen, oder eben vor Wölfen", sagt Wotschikowsky lakonisch – und warnt eindringlich vor Selbstjustiz: Der Wolf ist durch die EU geschützt, auf einen illegalen Abschuss stehen bis zu vier Jahre Haft. Die meisten Menschen seien von der Präsenz des Wolfes in ihrem Leben überhaupt nicht betroffen, da die scheuen Tiere etwa um Waldspaziergänger in der Regel einen großen Bogen machen. Auch die Verteidigung von Jungtieren, die etwa bei Wildschweinen zum Problem werden kann, gibt es in dieser Form beim Wolf nicht – er ziehe sich zurück.
: "Wölfe sind bekannt dafür, auch mal mehrere Schafe auf einmal zu reißen", räumt er ein. Die Tiere nutzten das Überangebot an Beute und die Tatsache, dass gerade bei Schafen der Fluchtreflex nur noch mäßig ausgebildet sei. Anders verhält es sich bei Wildtieren: "Ein Reh oder Hirsch ist sofort weg, wenn ein Wolf gewittert wird." Trotzdem sind drei von vier gerissenen Wildtieren Rehe. Denn: "Es gibt so viel Wild im Land wie selten zuvor." Die Bedenken der Jäger kann Wotschikowsky — selbst Waidmann — deshalb nur bedingt nachvollziehen.
Füttern strengstens verboten
Problematisch kann das Verhältnis zwischen Wolf und Mensch gerade dann werden, wenn es zu eng wird: "Es gibt einen einzelnen Fall in der sogenannten Munster-Population in Niedersachsen, wo sich ein Rüde mit der Bezeichnung MT-6, zu nahe an die Menschen wagt." Bis zu 15 Kontaktaufnahmen waren in den letzten Wochen zu verzeichnen – und ein Angriff auf einen Hund. "Wir vermuten, dass das Tier gefüttert wurde und nun die Nähe des Menschen gezielt sucht." Dieses Verhalten sei natürlich nicht zu tolerieren – und wird für MT-6 wahrscheinlich tödlich enden. "Das ganze Rudel hätte längst vergrämt werden müssen", übt sich Wotschikowsky in der Kritik der Behörden. Dennoch ist MT-6 gerade mal ein Individuum aus 350 Wölfen – Grund zur Sorge bestehe deswegen nicht.
Der Wolf MT-6, genannt "Kurti", ist am 27. April auf Grund seiner regelmäßigen Annäherungen an Menschen erschossen worden. Auch Naturschutzverbände zeigten dafür Verständnis.
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