Keine Hoffnung, Sicherheit oder Hygiene

Dramatische Situation in Nordfrankreich: Fränkischer Verein hilft - und schlägt Alarm

Benjamin Jungblut

Redakteur

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6.7.2024, 05:00 Uhr
Schon seit einigen Jahren ist Susanne Seulberger für den "Frankenkonvoi e.V." aus Fürth in den Krisengebieten unterwegs. Die Lage der Geflüchteten rund um Calais ist dramatisch.

© Privat Schon seit einigen Jahren ist Susanne Seulberger für den "Frankenkonvoi e.V." aus Fürth in den Krisengebieten unterwegs. Die Lage der Geflüchteten rund um Calais ist dramatisch.

Keine Sicherheit, keine Hygiene, keine Hoffnung. Als Susanne Seulberger ihre erste Reise an die nordfranzösische Küste antrat, war sie fassungslos über: „die Situation der Menschen, die zur damaligen Zeit in eingestürzten Fabrikgebäuden lebten, mit unendlich vielen Kindern in dieser lebensgefährlichen Umgebung ohne jegliche sanitäre Versorgung.“

Die 54-Jährige ist als ehrenamtliche Helferin für den Verein Frankenkonvoi e.V. regelmäßig in der Region rund um Calais unterwegs. Von den Zuständen rund um die Hafenstadt las sie erstmals 2016. Damals geisterte der Begriff „Dschungel von Calais“ durch die Medien, eine Zeltstadt mit provisorischen Unterkünften, in der mehr als 9000 Geflüchtete kampierten und auf eine Möglichkeit zur Weiterreise nach Großbritannien warteten.

Die Überfahrt über den Ärmelkanal ist gefährlich, Szenen wie im Mittelmeer zwischen Italien und Tunesien sind hier keine Seltenheit – mit all ihren Dramen und Tragödien: Immer wieder kommen Migranten bei den von Schleusern organisierten Überfahrten ums Leben. Die britische Regierung zahlt Frankreich hunderte Millionen Pfund, um die unerwünschte Migration nach England zu unterbinden. Für Seulberger perfide: „Die EU zahlt Millionen an Länder wie Tunesien, um die Leute fernzuhalten. Gleichzeitig nimmt Europa Geld an, um die Menschen nicht wieder herauszulassen.“

Für die Geflüchteten vor Ort, ist die Lage dramatisch, schildert Seulberger, die erst vor wenigen Tagen in dem Gebiet unterwegs war. Auch wenn sie die Region seit Jahren besucht - so zugespitzt wie momentan sei die Lage noch nie gewesen. Für den Frankenkonvoi verteilt sie Hilfslieferungen vor Ort, Schlafsäcke, Zelte, Kleidung, Schuhe, Wärmflaschen, Nahrung und Medikamente. Zudem unterstützen die ehrenamtlichen Helfer regelmäßig ein paar Tage in der Großküche einer Hilfsorganisation vor Ort. „Das Wichtigste für mich ist der Kontakt zu den Menschen und der Versuch durch einige freundliche Worte oder einer Umarmung ein wenig Hoffnung zu geben“, erklärt Seulberger – doch das wird zunehmend schwerer.

Die Menschen verstecken sich in Wäldern vor der Polizei, die sich mehrmals pro Woche auf die Suche nach illegalen Zeltplätzen macht.

Die Menschen verstecken sich in Wäldern vor der Polizei, die sich mehrmals pro Woche auf die Suche nach illegalen Zeltplätzen macht. © Privat

Die Geflüchteten in Calais verstecken sich – vor der Polizei. Um die ungewünschte Migration zu unterbinden, greift die französische Regierung zu drastischen Mitteln. Inzwischen mehrmals pro Woche machen sich Truppen von hunderten Polizisten auf die Suche nach illegalen Zeltplätzen. Die Helferin berichtet von den Schikanen vor Ort: „Zelte, Schlafsäcke, Handys, etc. werden zerstört. Die Menschen auf die Polizeiwachen mitgenommen.“ Je nach Herkunftsland gäbe es Geldangebote für die sofortige Ausreise. Hin und wieder auch Transfers zu weit entfernten Flüchtlingslagern. Je nach Zustand der Kinder soll es manchmal auch ein Hotelzimmer für 2- 3 Tage geben. Alle anderen werden zurück auf die Straße gesetzt. „Das Spiel um einen illegalen Schlafplatz oder eine eventuelle Überfahrt beginnt von vorn.“

Zustände, die den Alltag der Menschen vor Ort prägen. Die ständige Suche nach sanitären Anlagen, etwas zu Essen, nach Strom für das Handy, nach Informationen über die Situation in der Heimat, England und eine mögliche Ausreise. „Oftmals sind die Leute so von Krätze befallen, dass das permanente Jucken schon einen Tag bestimmt.“, so Seulberger.

Keine Besserung in Sicht

Eine Verbesserung der Lage vor Ort scheint unwahrscheinlich. Kein anderes Land möchte die Geflüchteten aufnehmen, die politische Lage in Frankreich ist zunehmend angespannt. Zudem kam es im Norden Frankreichs immer wieder zu Stürmen, Überschwemmungen, Kälteeinbrüchen und Schneefällen, denen die Menschen oft schutzlos ausgeliefert sind.

„Wir können wegsehen oder unsere Komfortzone verlassen und zukünftig damit leben zu wissen, dass es ganz beschissene Lebensumstände auf unserer Welt gibt. Ich habe mich für das Zweite entschieden und bin dankbar, dass ich meine Berufung mit dem Frankenkonvoi teilen kann.“, erklärt Seulberger, die bereits die nächsten Hilfslieferungen plant.

Wer Seulberger und den Frankenkonvoi unterstützen will, den Menschen vor Ort zu helfen, kann das am besten per Geldspende tun:

Konto-Inhaber: Frankenkonvoi e.V.
IBAN: DE 36 7625 0000 0040 8462 89
BIC: BYLADEM1SFU
Sparkasse Fürth

oder:
paypal.me/frankenkonvoi.

Mehr Informationen zu dem Verein und den verschiedenen Hilfsprojekten finden Sie hier.