Bürgermeister erklärt
Alarmierende finanzielle Lage: Fortbestand des E-Werks in Erlangen in Gefahr?
16.11.2024, 05:00 UhrLive-Konzerte, Party-Veranstaltungen, Lesungen, Theatervorstellungen, Tagungen, Initiativen, Selbsthilfewerkstätte, Beratungsangebote und kulturelle Nachwuchsförderung - das und mehr bietet das E-Werk Erlangen seit Jahrzehnten. Das Kulturzentrum beschreibt sich selbst als "wichtigen regionalen und überregionalen Taktgeber" in der Kulturszene.
Jedoch waren "die letzten Wochen aufreibend für das gesamte Team des E-Werks", heißt es in einer Pressemeldung. Denn: aufgrund des Haushaltslochs der Stadt Erlangen stehe das Kulturzentrum "womöglich vor nie dagewesenen Herausforderungen." Eine Besserung der Lage sei derzeit unwahrscheinlich.
"Die finanzielle Situation des E-Werks ist äußerst angespannt. Ohne ausreichende Finanzierung droht ein erheblicher Verlust für die gesamte Stadtgesellschaft", erklärt Jan-Peter Dinger, Geschäftsführer des E-Werks.
Was konkret bedeutet das für die Kulturszene in Erlangen? Muss das E-Werk vielleicht sogar schließen? Und welche möglichen Lösungen gibt es?
Haushaltsloch in Erlangen führt zu Einschränkungen beim E-Werk
Seit 1982 gehört das E-Werk zur Erlanger Kulturszene. Jährlich empfängt es rund 250.000 Besucher. Entstanden ist es aus dem Jugendclub Sesam und dem Jazzclub Pupille und zog damals in die Räumlichkeiten des ehemaligen Elektrizitätswerks in Erlangen. Der jährliche Haushalt beträgt nach Informationen auf der Website rund vier Millionen Euro und beschäftigt 85 festangestellte Mitarbeiter sowie etwa 60 Aushilfen.
Wie auch viele andere soziokulturellen Organisationen wird das E-Werk teilweise mit Zuschüssen der Stadt finanziert. Nun fehlen der Stadt Erlangen aber statt der erwarteten 50 Millionen Euro rund 40 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen. Das derzeitige Haushaltsloch bezeichnet die Stadt selbst als größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Vielzählige Sparmaßnahmen stehen an, die ebenfalls die Kultur betreffen. So auch das E-Werk.
Drei mögliche Lösungen
Das E-Werk erklärt in seinem Schreiben, dass es nun drei mögliche Lösungen geben würde.
Bei der ersten Variante würde es eine Zuschussmehrung von 300.000 Euro geben. Zusätzlich kämen hier aber Sparmaßnehmen der Stadt in Bezug auf Einmietungen und Veranstaltungen hinzu, aus denen weitere finanzielle Löcher entstehen würden.
Eine andere Möglichkeit wäre eine Zuschussmehrung von 150.000 Euro. Wie und ob man diesen Plan ohne Stellenabbau und Verringerung des Angebots realisieren könnte, sei fraglich. Grundsätzlich wäre aber das niedrigschwellige Angebot betroffen.
Abschließend gebe es die Möglichkeit, gar keine Zuschüsse zu bekommen und ein völlig neues Konzept für das E-Werk zu entwickeln, um den Betrieb zu sichern. Ob das überhaupt möglich wäre, sie fraglich. Daher möge man gar nicht erst über solch eine Lösung nachdenken, heißt es in dem Schreiben.
Bürgermeister erklärt die Lage
Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik nimmt in einem Gespräch mit der Redaktion Stellung zur Situation rund um das E-Werk: Diese bereite niemandem Freude.
Generell sei das E-Werk einer der größten Zuschussempfänger der Stadt. Zurecht, wie er findet, da dafür ein tolles Angebot entsteht.
Grundsätzlich gehe es beim E-Werk aber nicht um eine Mittelkürzung im engeren Sinne. Im Herbst letzten Jahres wurde eine nötige Tariferhöhung für die Beschäftigten in der Kultureinrichtung beschlossen, für die ein erhöhter Zuschuss nötig wäre. Nachdem sich aber nun die Haushaltslage der Stadt verschlechtert hat, gehe es jetzt darum, wie viel von diesem Zuschuss sich die Stadt noch leisten kann und an welchen Stellen das E-Werk auf das Geld verzichten könnte. Daher müsse ein Kompromiss gefunden werden.
"Wünschen würde ich mir, dass wir die vollständige Erhöhung leisten können. Aber das halte ich nicht für realistisch", erklärt Oberbürgermeister Janik im Gespräch. Unter den drei Varianten gäbe es einen Vorschlag der Stadtverwaltung. Das wäre die Mittelvariante, bei der das E-Werk einen Zuschuss von 150.000 Euro bekommen würde.
Wenn es zu der Lösung kommen sollte, würde das bedeuten, dass das E-Werk mehr Zuschuss bekommt, als in der Vergangenheit, aber weniger, als ursprünglich vereinbart gewesen ist.
Seiner persönlichen Meinung nach wäre das unter den gegebenen Voraussetzungen die beste Variante. Auch wenn er sie nicht für gut befinde, da dies mit Angebotsverschlechterung einhergehen würde.
Zwar sei das bedauernswert, jedoch müssten in der aktuellen Situation alle Bereiche ihren Konsolidierungsbeitrag leisten. Eine einzige kulturelle Einrichtung, wenn auch eine so wichtige, wie das E-Werk, könne man dafür nicht einfach herausnehmen. Das übergeordnete Ziel in der aktuellen wirtschaftlichen Lage sei es, keine Institution aufzugeben oder zu zerstören.
Ursache des Problems liegt nicht nur bei der Stadt - Weshalb Aufrechterhaltung gerade jetzt wichtig ist
Der Erlanger Haushalt sei aber nicht allein der Kern des entstandenen Problems, erklären die Verantwortlichen im E-Werk. Vielmehr wird kritisiert, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern in Bayern soziokulturelle Projekte meist nur von den Kommunen unterstützt werden. Die bayerische Landesregierung stelle aber kein Budget zur Verfügung.
Gerade in politisch instabilen Zeiten sei die Rolle eines starken soziokulturellen Zentrums gesamtgesellschaftlich nicht zu unterschätzen, betonen die Verantwortlichen. Georg Halupczok, Bundesvorsitzender des Bundesverbandes Soziokultur Berlin, ist hier derselben Meinung: "Das Kulturzentrum E-Werk in Erlangen ist ein leuchtendes Beispiel für die Bedeutung soziokultureller Arbeit, die Räume für Begegnung, Austausch und Kreativität schafft, die in rein kommerziell orientierten Veranstaltungsorten fehlen. Soziokultur trägt ganz besonders in heutigen Zeiten zu einer Stärkung der Demokratie bei und ohne diese wertvolle Arbeit geht ein essenzieller Teil unserer kulturellen Vielfalt und Gemeinschaft verloren."
Darin, dass das E-Werk weiterhin existieren soll, sind sich wohl alle Beteiligten einig. Dafür muss nun ein Kompromiss gefunden werden. Der Stadtrat soll sich bis Januar für eine der drei vorgestellten Varianten entscheiden, dann wird klar, wie es mit der Kultureinrichtung weitergehen wird.
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