Aufgewachsen im Tennis-Mekka: ATP in Eckental

Katharina Tontsch

Sportredakteurin in Erlangen

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28.10.2018, 18:00 Uhr
Lokal Hero: Im Jahr 2017 hat Maximilian Marterer aus Stein das Turnier gewonnen. Dieses Jahr ist er nicht dabei.

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter Lokal Hero: Im Jahr 2017 hat Maximilian Marterer aus Stein das Turnier gewonnen. Dieses Jahr ist er nicht dabei.

Frau Gietl, was ist Ihre erste Erinnerung an das Challenger-Turnier?

Puh (überlegt). Meine erste Erinnerung? Wahrscheinlich wie Alexander Waske (ehemaliger deutscher Tennis-Profi, d. Red.) und ich die großen Gymnastikbälle hin und her schubsen.

Da waren Sie wohl noch sehr jung!

Ja. Das erste Mal war ich dort, als ich noch kleiner war. Meine Mama hat früher die Players Lounge geleitet, schon seit dem ersten Turnier. Mittlerweile hat sie es abgegeben. Ich war damals als Kind dabei. Das Turnier ist ja immer in den Herbstferien, also hatten immer ATP-Ferien. Wir haben mit den Spielern gespielt, sind dort herumgerannt. Das erste Mal Ballkind war ich vor zehn Jahren.

Irgendwann aber ist man dann zu alt, um Ballkind zu sein . . .

Es gibt keine Altersbeschränkung. Doch die Ballkinder schauen immer zu den Linienrichtern auf und wollen, wenn sie alt genug sind, mit 15 oder 16, auch diesen Job übernehmen. Ich hätte Linienrichter machen können, doch das wollte ich nie, weil ich Angst hatte, Fehler zu machen. Jetzt arbeite ich in der Players Lounge. Dort betreue ich die Spieler, damit sie ihren Trainingsplan haben, ihr Busshuttle bekommen oder wenn es Sprachbarrieren gibt.

Verstehen Sie denn alle? Die Sportler kommen ja aus ganz Europa.

Ja. In der Schule habe ich Englisch und Französisch gelernt, ein bisschen Spanisch kam dazu.

Woher kommt die Verbindung Ihrer Familie zum Turnier?

Erlebnisse im Tennis-Zirkus: Leonie Gietl (rechts) beim Turnier in Wien...

Erlebnisse im Tennis-Zirkus: Leonie Gietl (rechts) beim Turnier in Wien...

Wir wohnen in Brand. Durch das House of Sports sind wir mit dem Turnier aufgewachsen. Bei mir steigt schon das ganze Jahr über die Vorfreude auf das Turnier, mir hat es immer super Spaß gemacht. Es fühlt sich dort schon fast an wie eine Familie. Man sieht sich zwar nur einmal im Jahr, aber diese eine Woche ist immer so, als wäre man nie weg gewesen.

Kommen auch andere Helfer wieder?

Absolut. Es sind immer dieselben. Manchmal kommen Neue hinzu, die aber im nächsten Jahr wieder dabei sind, weil es so viel Spaß gemacht hat. Das bereitet auch den Spielern viel Freude. Eckental ist an sich kein Ort, an dem man als Spieler gerne hin will. Doch viele kommen immer wieder, weil es so familiär ist und alle locker drauf sind.

Ist das wirklich so? Sie haben jetzt ja einen aktuellen Vergleich: Gerade noch waren Sie in Wien auf einem Turnier.

... und beim Turnier in Hamburg...

... und beim Turnier in Hamburg... © Alle Fotos: Gietl

Genau. Im Juli war ich zudem für eine Woche in Hamburg am Rothenbaum, das ist das größte Tennisturnier in Deutschland. Ich habe jetzt sowieso Zeit und wollte andere Turniere kennen lernen, sehen, wie die alles organisieren. In Hamburg war ich Volontär, in Wien war ich im VIP-Bereich.

Und war es anders?

Es ist tatsächlich gar nicht so anders, wie ich immer gedacht habe. Wir sprechen in Eckental ja immer von unserem kleinen Turnier. Doch ich finde, dass wir ziemlich gut mithalten können, weil die anderen Turniere in der Organisation auch im Chaos versinken, alles drunter und drüber geht. Das gehört irgendwie dazu. Natürlich sind Hamburg oder Wien größere Städte, dadurch sind auch mehr Menschen dort.

Ein entscheidender Unterschied ist wahrscheinlich die Location.

Das ist der größte Unterschied, ja. Das Areal, auf dem das Turnier stattfindet, ist woanders viel größer. Dadurch sind mehr Helfer und Angestellte dabei. Man darf auch nicht vergessen: Es ist einfach ein größeres Turnier. Wir sind ja bloß ein Challenger, das ist die kleinste Ebene auf der ATP-Tour. Hamburg und Wien sind beide 500er-Turniere, bei denen die Spieler auch mehr Punkte gewinnen können.

Spielen Sie Tennis?

Ja. Ich habe bei Marcus Slany (der Turnierdirektor in Eckental, d. Red.) in der Tennisschule angefangen, spiele auch selbst auf den Plätzen im House of Sports. Da war ich fünf Jahre alt. Man wächst so einfach mit rein.

Sind die Tennisprofis, die nach Eckental kommen, Ihre Vorbilder?

Ich finde, genau das sollte man nicht machen. Die Spieler wollen auch gar nicht, dass man sie so auf ein Podest stellt. Ihnen ist es viel lieber, dass wir in der Players Lounge ganz normal mit ihnen umgehen, und dass es keine Ballkinder gibt, die sie permanent umrennen und ein Autogramm haben wollen. Die Spieler meinen auch: Sie sind nur Menschen. Natürlich schauen wir, dass wir sie gut behandeln, aber nicht wie Stars.

Leonie Gietl als Baby im Jahr 2000.

Leonie Gietl als Baby im Jahr 2000. © Gietl

Wer war denn der größte Tennisspieler, den Sie auf diesen Turnieren jemals betreut haben?

(überlegt) Wer mich beeindruckt ist Alex De Minaur. Er ist ziemlich jung, war im Alter von 17 Jahren das erste Mal bei uns, das war vor zwei Jahren. Letztes Jahr war er die Nummer 208 der Welt, jetzt ist er 38., er hat sich in einem Jahr so runter gespielt. Wenn man ihn kennt, dachte man, dass er es schaffen kann. Doch dass er es so schnell schafft, das ist irre!

Stört es Sie, dass in Eckental immer nur Männer dabei sind?

(lacht) Als Kind habe ich tatsächlich auch gefragt, warum wir nicht auch noch ein Damen-Turnier ausrichten können. Dann haben mich alle angeschaut und gefragt: "Ein zweites Mal dieses Chaos im Jahr?" Das schaffen wir gar nicht. Mittlerweile verstehe ich das auch. Alle konzentrieren sich auf das eine Turnier, geben dafür alles. Und ich glaube, dass ich ein Damen-Turnier gar nicht mehr wollen würde, das ist immer schwierig, wenn viele charakterstarke Mädels auf einem Haufen sind.

Wenn man sich die Players Lounge bei einem WTA-Turnier vorstellt, wäre dort eine andere Stimmung durch die Frauen?

Jein. Natürlich kommen alle miteinander klar. Aber im Umgang zum Beispiel nach einer Niederlage oder einer unglücklichen Situation am Platz wird eher mal gezickt als das bei den Männern der Fall ist. Die regeln das untereinander ganz anders.

Finden Sie Tennis zu elitär?

Mittlerweile gar nicht mehr. Früher war es tatsächlich so. Mittlerweile kann es sich aber jeder leisten Tennis zu spielen. Es ist ein toller Sport, auch junge Leute sollten ihn spielen.

Wissen Sie, worauf Sie sich in der Woche einlassen? Ich kenne das nur von Turnierdirektor Marcus Slany, der geht während des Turniers gefühlt ja gar nicht mehr nach Hause.

In der Woche bin ich auch von früh bis abends in der Halle. Das machen alle so. (lacht)

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Auf die Atmosphäre insgesamt. Man sieht Freunde wieder, trifft coole Spieler. Auch Stolz ist dabei, weil wir so ein kleines Turnier sind. Wenn man zum House of Sports kommt, denkt man nicht, dass dort so ein Turnier stattfinden kann. Man ist glücklich, wenn man es geschafft hat, so etwas auszurichten, wenn alle Spieler zufrieden sind. Man ist das kleinste Turnier, also hat man immer das Gefühl, man will allen beweisen, dass auch Eckental so etwas hinbekommt.

Gibt es einen besonders schönen Moment?

Dieses Bild zeigt die Helferin im Jahr 2008 mit ihrer Schwester Luisa und Tennisprofi Dustin Brown.

Dieses Bild zeigt die Helferin im Jahr 2008 mit ihrer Schwester Luisa und Tennisprofi Dustin Brown.

Eigentlich ist es das Aufbauen. Deshalb finde ich es auch schade, dass ich dieses Jahr nicht dabei war, weil ich ja noch in Wien war. Dabei spürt man die Vorfreude ganz stark. Ein anderer Moment: Wenn die Spieler einlaufen, dazu die Musik. Da haben wir immer alle Gänsehaut. Man denkt sich: "Krass, jetzt geht es wieder los."

Gibt es einen Spieler, auf den Sie sich sehr freuen?

Es ist natürlich cool, dass wir vier Top-100-Spieler dabei haben. Hinzu kommen zwei ehemalige Top-20-Spieler. Ruben Bemelmans ist auch gut, kommt jedes Jahr wieder, ist momentan in einer guten Verfassung. Und er ist auch neben dem Platz ein total Lustiger.

Wollen Sie in der Tennis-Szene bleiben? Jetzt nach dem Abi stehen Ihnen ja alle Wege offen.

Ich weiß noch nicht, ob es Tennis sein wird. Doch ich würde sehr gerne Sportökonomie in Bayreuth studieren, das ist ja genau diese Mischung aus Sport und Wirtschaft, Organisation und Management im Sportbereich.

Dann könnten Sie Turnierdirektorin des ATP-Challengers in Eckental werden . . .

Vielleicht bin ich zu jung dafür, das jetzt zu sagen. Ich bin ja gerade mal 18 Jahre alt. (lacht) Aber Marcus (Slany, d. Red.) fragt auch manchmal, ob ich es nicht in zehn Jahren übernehmen will. Aber nur aus Spaß!

Eine sportliche Vorschau auf das Tennisturnier in Eckental finden Sie hier. Am Montag ab 17 Uhr beschäftigt sich auch der Lokalsportcast auf nordbayern.de mit dem Turnier.

 

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