Aus fürs Bier nach der Bergkirchweih auf den Straßen von Erlangen
16.9.2020, 18:30 UhrDie Opfer waren zufällig ausgewählt, einen Streit hatte es nicht gegeben. Doch die 22 und 21 Jahre jungen Männer, die zuvor einen fröhlichen Abend auf der Bergkirchweih und anschließend beim "After-Berg" in der Innenstadt erlebt hatten, bezahlten diese zufällige Begegnung um ein Haar mit dem Leben: Um drei Uhr Nachts wurden sie von zwei jungen Männern plötzlich auf dem Besiktas-Platz mit Faustschlägen attackiert, ein Angreifer trat, als ein Opfer bereits bewusstlos zu Boden gegangen war, mit Wucht gegen dessen Kopf.
Der 21-Jährige überlebte nur mit viel Glück – und weil Passanten sofort Erste Hilfe leisteten. Der Täter, ein zum Tatzeitpunkt 24-Jähriger aus Weisendorf, wurde am 4. März 2020 wegen versuchten Totschlags zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft mit anschließender Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt, so die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth auf Anfrage unseres Medienhauses.
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Der versuchte Tötungsdelikt vom Besiktasplatz war gemeinsam mit vier Vergewaltigungen die schwerwiegendste Straftat, mit der die Polizei rund um die Bergkirchweih 2019 beschäftigt war. Ein Berg, wie Erlangens Polizeichef Peter Kreisel sagt, "bei dem die Anzahl an Straftaten deutlich anstieg" und der aus Sicht der Polizei "schwieriger als in den Vorjahren" gewesen ist.
Neue Einsatzschwerpunkte
So gab es durch die Menschenansammlungen am Bürgermeistersteg, wo sich zwölf Tage lang bis zu 3000 junge Menschen täglich aufhielten, einen neuen, in der Dämmerung zunehmend unübersichtlichen Einsatzschwerpunkt. Vor allem am Wochenende kam es hier zu zwei größeren Schlägereien mit Verletzten.
Aber auch die Innenstadt wurde wieder nach 23 Uhr zur Feiermeile bis in die frühen Morgenstunden. Die Hauptstraße – gleichzeitig zentraler Rettungsweg – bevölkerten täglich je rund 4000 Menschen. "Wir hatten auch immer wieder Hilfseinsätze, weil massiv betrunkene Personen noch um fünf Uhr morgens aufgegriffen wurden", so der Polizeichef.
Das Problem: Während das Festgelände für die Beamten mit der Bergwache gut zu kontrollieren ist, tun sich die Beamten schwer, all die Bereiche in der Innenstadt nach Schankschluss abzudecken. Mehr Einsatzkräfte sind nur schwer zu bekommen: Rock im Park oder andere Großveranstaltungen binden zeitgleich Unterstützungseinheiten.
Daher hat Peter Kreisel in die "Arbeitsgruppe Bergsicherheit", die die Kirchweihen analysiert und nachbespricht, verschiedene Überlegungen eingebracht, wie aus Sicht der Polizei die Bergkirchweih und vor allem das anschließende Feiern in der Stadt sicherer werden kann.
Konkrete Vorschläge
Zum einen schlägt er vor, die Beleuchtung am Bürgermeistersteg zu verbessern – durch mobile Scheinwerfer oder aber durch eine Aufrüstung der vorhandenen Lampen. Zum anderen will Kreisel erreichen, dass der Alkoholausschank im Anschluss an die Bergkirchweih in der Innenstadt nicht mehr auf der Straße möglich ist. "Wir wollen die Gaststätten nicht schließen", betont Kreisel, "aber wir wollen den Straßenverkauf unterbinden."
Sicherheitsdienste der Gaststätten sollen die Mitnahme von alkoholischen Getränken nach außen verhindern. Feiern könnte man dann nur noch in den Gaststätten und Bars – wie übrigens auch beim Bardentreffen in Nürnberg oder beim Annafest in Forchheim. Des Weiteren will die Polizei intern ihre Strategie nachbessern, um im Stadtgebiet sichtbarer zu werden.
Thomas Ternes, bei der Stadt Erlangen zuständig für Recht, Personal und Digitalisierung, bestätigt den Eingang der Vorschläge Kreisels in die AG Bergsicherheit: "Es gibt dazu aber noch keine abgestimmte Meinung, da müssen wir uns gemeinsam noch Gedanken machen."
Der nächste Termin der Arbeitsgruppe steht allerdings noch nicht fest – auch weil durch Corona die Bergkirchweih 2020 nicht stattfinden konnte. Peter Kreisel drängt: "Im Herbst sollten wir eine Lösung haben."
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