Bahn-Chaos in Erlangen: Fahrgäste aus Zügen evakuiert
15.9.2016, 16:31 UhrEin einigermaßen gespenstisches Bild bot sich den zum Bahnhof hastenden Menschen am Donnerstag in den Mittagsstunden. Im südlichen Gleisvorfeld standen sich ein aus Berlin kommender IC und eine aus Nürnberg kommende S-Bahn gegenüber – beide Züge waren ohne Strom und damit im Stillstand. Nach eineinhalbstündigem Ausharren in den Zügen, in denen mangels Strom auch die Klimaanlage ausgefallen war, entschloss sich die Transportleitung, erst die S-Bahn, schließlich auch den als ICE verkehrenden Zugtyp IC evakuieren zu lassen.
Dies geschah aber nicht – wie üblich – mit der Unterstützung der örtlichen Feuerwehr, sondern durch Bahn-Mitarbeiter – offenbar Bauarbeiter. Diese hoben gehbehinderte Bahnreisende mit ihren Wägelchen auf die Schiene und geleiteten sie zum nahen Bahnsteig, sportlichere Naturen hüpften aus dem Zug und eilten zum Bahnhof.
Verwunderung bei Berufsfeuerwehr
Vorher hatte es in der S-Bahn nach Auskunft der Reisenden einigen Aufruhr gegeben, mit der Folge, dass der Lokführer durch den Zug ging und per Hand die Oberlichter der sonst verschlossenen Scheiben öffnete. Schließlich kam die erlösende Nachricht, dass ein Notfallmanager die Evakuierung der Züge angekündigt habe. Bei der Erlanger Berufsfeuerwehr herrschte Verwunderung darüber, dass weder sie noch andere Rettungskräfte informiert worden waren – "wir hätten – wie in anderen Fällen auch – schon helfen können", sagte Feuerwehrchef Friedhelm Weidinger.
Bei der Rettungsleitstelle hätten zudem Helfer für dehydrierte Kinder und Ältere angefordert werden können – was aber nicht geschah. Die Bahn erklärte später, dass die Alarmierung der Rettungskärfte keinen Zeitgewinn gebracht hätte.
Auf dem Bahnhof selbst herrschte völliges Durcheinander. Ständig aktualisierte Durchsagen brachten immer neue Verspätungsmeldungen, die schließlich in kompletten Zugausfällen mündeten. Fernreisende nach Berlin belagerten eine völlig überforderte Auskunft im IC-Kurier-Büro, die Bahn-Mitarbeiterin war aber auch nicht schlauer als der für Smartphones abonnierbare Streckenagent der Bahn. Insgesamt waren 32 Züge im Regional- und Fernverkehr sowie der S-Bahn betroffen.
Schienenersatzverkehr lief nur zäh an
Zum Schluss war nur noch der Streckenabschnitt zwischen Erlangen-Bruck und dem Burgberg ohne Strom, Züge, die auf den restlichen Strecken liegen geblieben waren, konnten aus eigener Kraft in die rückwärtigen Bahnhöfe zurückfahren.
Fernreisende mit Anschlüssen in Nürnberg und Bamberg nahmen entnervt ein Taxi, der Schienenersatzverkehr lief nur zäh an. Bis 14.15 Uhr waren gerade mal zwei Busse – jeweils einer in jede Richtung – vorgefahren, Hunderte warteten auf weitere Busse. Zwei Informations-Mitarbeiter der Bahn sowie die Mitarbeiterin im örtlichen Info-Büro versuchten die aufgebrachten Reisenden zu beruhigen – ohne Busse wies sich dies aber als heikle Aufgabe. Auch am Forchheimer Bahnhof sorgte der Oberleitungsschaden für Chaos.
Gegen 14.30 Uhr hatte die Bahn zwei Diesellokomotiven an den havarierten IC gebracht, die den Zug in einen Bereich abschleppten, in dem die Oberleitung Strom führte und er wieder anfahren konnte.
Um 15.04 Uhr stellte die Bahn den Regionalverkehr zwischen Nürnberg und Forchheim bis auf weiteres ein. Gegen 16.15 Uhr teilte das Unternehmen dann mit, dass die Störung behoben und die Strecke wieder freigegeben wurde. Mehr Informationen finden Sie hier.
Der Artikel wurde um 16.31Uhr aktualisiert.
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