Bundesligareif! Zwei HCE-Girls leben ihren Handballtraum
28.3.2019, 10:34 UhrEs ist nicht einfach nur ein Vereinswechsel. Es ist für Anika Bissel der Schritt in ein neues Leben. Bislang lebte die 18-Jährige im Elternhaus in Spardorf, schloss ihr Abitur am Gymnasium Fridericianum ab und spielte seit der E-Jugend, seit dem zehnten Lebensjahr, beim HC Erlangen Handball. Die Pferde, eine weitere Leidenschaft, standen nicht weit entfernt. "Jetzt", sagt Anika Bissel, "muss ich bald für mich kochen und meine Wäsche selber waschen." Auch beim Handball kommt eine große Aufgabe auf die Rechtshänderin zu.
Herrenberg hält viel von Bissel
"Es ist ein großer Schritt, aber es ist nicht unlösbar für sie", sagt Mike Leibssle. Der trainiert den Zweitligisten SG H2Ku Herrenberg, die Spielgemeinschaft aus dem TV Haslach, dem HSV Oberjesingen-Kuppingen und dem VfL Herrenberg. Aus der vierten Liga geht es für Bissel hinauf in die zweithöchste. Dort plant man augenscheinlich mit ihr als Nummer eins auf der Position.
Talent bringt die Außenspielerin genug mit, vor nicht allzu langer Zeit hatte sie in einem Probetraining auch Herbert Müller beim Deutschen Meister Thüringer HC von sich überzeugt. Müller, aus großen Frauenhandballtagen beim 1. FC Nürnberg bekannt, bot einen Perspektivvertrag zunächst in der zweiten Mannschaft an. "Sie waren alle sehr nett – aber die Gegend war nicht meins", sagt Anika Bissel. Auch war es nicht möglich, das Studienfach Mode-Management in der Nähe anzugehen. Sie sagte ab.
Über die HCE-Mitspielerin Barbara Nübel, die Leibssle von früher kennt, kam der Kontakt nach Herrenberg zustande, wo nach dieser Saison beide Linksaußen-Spielerinnen den Verein verlassen. Drei Abende lang schnitt Anika Bissel ein am Ende sechsminütiges Video mit Spielausschnitten von sich zusammen. Dann fuhr sie in die Nähe von Stuttgart zum Probetraining. "Zweifelsohne ein großes Talent, mit dem die Zuschauer sicherlich viel Freude haben werden. Wobei ihr noch die Körperlichkeit für die 2. Bundesliga fehlt, aber Anika ist sehr ehrgeizig und wird daran arbeiten", sagt der Sportliche Leiter in Herrenberg, Hagen Gunzenhauser.
Tipps vom Bruder
Anika Bissel will bis Juli, wenn die Saisonvorbereitung beginnt, vor allem ihr Wurfrepertoir erweitern: "In der zweiten Liga sind die Torhüterinnen viel besser", sagt sie, "die stellen sich auf jede Werferin ein." Tipps und Hilfe erhält Bissel von ihrem Bruder Christopher, der auf derselben Position für die Bundesliga-Herren des HC Erlangen spielt. Auch von Kevin Schmidt, dem Sportlichen Leiter des HCE, der es als Linksaußen bis in die Nationalmannschaft schaffte, will sie sich noch Techniken abschauen – "aber leider ist die Hallensituation schwierig. Wir haben in Erlangen noch keinen Zeitpunkt gefunden". Und mit dem eigenen Bruder, sagt Anika Bissel und grinst, ist es eh nicht ganz so leicht: "Wir haben dann schnell mal andere Ansichten und kriegen uns in die Haare."
Den Sprung zwei Ligen nach oben traut Elmar Ehrich, der Trainer des HC Erlangen, dem großen Talent, das er seit über vier Jahren trainiert, zu: "Ani hat sich glänzend entwickelt und zählt technisch zu unseren besten Spielerinnen. Dazu besitzt sie einen guten Wurf. An der Athletik muss sie noch arbeiten – das ist der größte Unterschied zur Bayernliga."
Auch Reuthal sagt Ade
Mit Cara Reuthal verlieren die HCE-Damen obendrein eine weitere Leistungsträgerin Richtung Kurpfalz Bären Ketsch, die als Tabellenzweiter noch Hoffnungen auf den Bundesliga-Aufstieg haben. Dort wird die eben 18 Jahre jung gewordene Rückraumspielerin aber vorrangig in der A-Jugend-Bundesligamannschaft eingesetzt. "Die Wechsel zeigen uns, dass der Schritt vor drei Jahren hin zum leistungsorientierten Frauenhandball beim HCE Früchte trägt", freut sich Ehrich. "Man kann durch die Ausbildung beim HCE nun sogar von dem Beruf Handballerin träumen."
Bis es soweit ist, wird Anika Bissel die Zeit beim HC Erlangen genießen, sagt sie. Vor dem letzten Spiel im Mai ist ihr schon ein wenig mulmig: "Ich glaube, da werden Tränen fließen."
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